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Die Saat

Die Saat

Titel: Die Saat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guillermo Del Toro
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kleine Kringel, was der Schrift ein kindliches Aussehen verlieh. »>An meinen geliebten Benjamin und meine geliebte Haily<«, las Eph vor.
    »Nicht«, unterbrach ihn Nora. »Das ist nicht für uns bestimmt.«
    Sie hatte Recht. Eph überflog den Brief dennoch auf der Suche nach irgendwelchen Hinweisen - »>Die Kinder sind bei der Schwester ihres Vaters in Jersey«< -, er übersprang den Rest bis zum letzten Absatz: »>Es tut mir so leid, Ansel. Diesen Schlüssel, den ich hier in meiner Hand halte, kann ich nicht benutzen. Ich weiß, dass Gott dich dazu verdammt hat, mich zu strafen. Wenn deine Seele durch meinen Tod geheilt werden kann, dann soll Er sie haben ... <«
    Nora nahm den Schnürsenkel aus Ann-Maries leblosen Fingern. »Also ... wo ist er?«
    In diesem Moment hörten sie ein Knurren. Es war bestialisch, jene Art von Kehllaut, der nur von einer Kreatur stammen kann, die über keine menschliche Stimme mehr verfügt. Es kam von draußen, aus dem Garten.
    Eph sah aus dem Fenster. Auf den Schuppen.
    Schweigend gingen sie hinaus und stellten sich vor die mit einer Kette gesicherte Schuppentür. Sie lauschten.
    Von drinnen ertönte ein Scharren. Und leise, gurgelnde Laute.
    Dann
hämmerte
etwas gegen die Tür. Drückte dagegen.
    Spannte die Kette.
    Nora hielt den Schlüssel in der Hand. Sie sah fragend zu den Männern - ob sich vielleicht einer freiwillig meldete -, trat dann vor, steckte den Schlüssel in das Vorhängeschloss und drehte ihn behutsam um. Das Schloss klickte, der Stahlbügel sprang auf.
    Im Schuppen herrschte Stille. Setrakian und Eph gingen in Stellung, der alte Mann hatte das Silberschwert aus dem hölzernen Schaft gezogen. Nora löste die schwere Kette von dem Griff - und rechnete damit, dass die Tür in der nächsten Sekunde mit Wucht aufgestoßen würde.
    Doch nichts dergleichen geschah. Nora zog das letzte Stück der Kette heraus und trat zurück. Sie und Eph schalteten ihre UV-C-Lampen an. Setrakian musste das Schwert mit beiden Händen halten, also holte Eph tief Luft und ... streckte die Hand aus, zog die Tür auf.
    Im Inneren war es dunkel. Das einzige Fenster war verhängt, und die Tür öffnete sich nach außen, so dass nur wenig Licht von der Veranda des Hauses in den Schuppen drang.
    Es dauerte einen atemlosen Moment, bis sie eine kauernde Gestalt ausmachten.
    Setrakian trat einige Schritte vor und blieb kurz vor der geöffneten Tür stehen. Es sah aus, als wollte er dem Bewohner des Schuppens sein Silberschwert zeigen.
    Das Wesen nahm Anlauf, sprang ... und wurde im letzten Moment von einer Kette zurückgerissen, die an seinem Hals befestigt war.
    Jetzt konnten sie sein höhnisch grinsendes Gesicht sehen. Das Zahnfleisch war so weiß, dass es schien, als würden die Zähne bis zum Kiefer reichen. Die Lippen waren bleich vor Durst, und was von den Haaren noch übrig war, hatte sich an den Wurzeln weiß verfärbt. Die Kreatur kroch auf allen vieren auf dem Erdboden herum. Sie trug ein Würgehalsband, das sich tief ins Fleisch gegraben hatte.
    »Ist das hier der Mann aus dem Flugzeug?«, fragte Setrakian.
    Eph stand da und starrte den Dämon an, der Ansel Barbour verschlungen und zum Teil seine Gestalt angenommen hatte. »Er
war
es.«
    »Jemand hat ihn eingefangen«, sagte Nora, »hier angekettet und eingesperrt.«
    »Nein«, erwiderte Setrakian. »Er hat sich selbst in Fesseln gelegt.«
    Da begriff Eph, warum die Ehefrau und die Kinder verschont geblieben waren.
    »Zurück«, rief Setrakian. Genau in diesem Moment öffnete der Vampir seinen Mund, und der Stachel schoss heraus. Ohne mit der Wimper zu zucken, wich der alte Mann zur Seite und hob das Schwert. Der ekelhafte Auswuchs zog sich wieder zurück und hing dem Vampir über das Kinn wie der blinde, fleischfarbene Fühler einer Tiefseekreatur.
    »Mein Gott«, stöhnte Eph.
    Der Vampir war nun wie von Sinnen. Er richtete sich auf und zischte sie an. Bei diesem Anblick erinnerte sich Eph an Zacks Videokamera in seiner Tasche. Er reichte Nora die Nagelpistole.
    »Was hast du vor?«, fragte sie.
    Eph schaltete die Kamera ein und richtete das Objektiv auf die Kreatur. Dann nahm er die Luma-Lampe und bedrohte damit den Vampir. Das Wesen, das einmal Ansel Barbour gewesen war, wich zurück, der Stachel peitschte wütend aus seinem Mund. Eph ging näher heran und versetzte ihm einen leichten Hieb mit der Lampe. Das Licht fraß sich in die kranken Muskeln des Vampirs, der ein Schmerzensgeheul ausstieß und vornüberstolperte. Eph filmte

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