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Die Saat

Die Saat

Titel: Die Saat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guillermo Del Toro
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in schwarzen Kapuzenshirts, schwarzen Kampfhosen und schwarzen Stiefeln. Sie feuerten aus kleinen Armbrüsten, die Pistolengriffe hatten, und größeren mit hölzernen Gewehrkolben. Gus sah, wie einer der Kerle einen Vampir ins Visier nahm und einen Bolzen in dessen Hals versenkte. Noch bevor der Vampir Zeit hatte, die Hände hochzureißen, explodierte das Geschoss, zerfetzte seine Kehle und riss ihm den Kopf ab.
    Die Bolzen besaßen Silberspitzen und enthielten eine Sprengladung.
    Vampirjäger!
    Gus starrte die Typen entgeistert an. Weitere Vampire kamen aus den Hauseingängen gestürmt, aber die Kerle trafen ihre Ziele selbst auf fünfundzwanzig bis dreißig Meter haargenau.
    Dann ging einer der Jäger auf den am Boden kauernden Gus zu. Offenbar verwechselte er ihn mit einem Vampir, aber ehe Gus etwas sagen konnte, hatte der Jäger schon einen Fuß auf seinen Arm gestellt. Er lud die Armbrust und zielte auf das Verbindungsglied der Handschellen. Ein Silberbolzen sprengte den Stahl und grub sich in den Asphalt. Gus zuckte zusammen, doch dieser Bolzen enthielt keine Sprengladung. Er war frei. Der Jäger zog ihn mit erstaunlicher Kraft auf die Beine.
    »Scheiße, Mann!« Gus war überglücklich. »Kann ich bei euch mitmachen?«
    Sein Retter hielt inne, irgendetwas schien ihn abzulenken.
    Gus spähte in den Schatten unter der Kapuze. Das Gesicht des Kerls war so weiß wie Eierschale, die Augen schwarzrot, von den Ohren fehlte jede Spur.
    Der Jäger starrte auf die blutigen Schnitte in Gus' Handflächen.
    Gus kannte diesen Blick. Er hatte ihn gerade erst in den Augen seines Bruders und seiner Mutter gesehen.
    Verzweifelt versuchte er, sich zu befreien, aber der Griff um seinen Arm war stahlhart. Die Kreatur öffnete den Mund und ließ den Stachel hervorzucken.
    In diesem Moment kam ein anderer Jäger und hielt dem ersten die Armbrust an den Hals. Der Vampir fauchte die Waffe seines Bruders an und zog sich zurück. Gus wurde
    Baustelle World Trade Center
    hochgehoben, zum schwarzen Geländewagen getragen und auf die hintere Sitzreihe geworfen.
    Der Rest der vermummten Vampire stieg ebenfalls in den Wagen, der sofort losfuhr und mitten auf der Straße wendete. Gus war der einzige Mensch in diesem Fahrzeug. Was hatten sie nur mit ihm vor?
    Ein Hieb gegen die Schläfe setzte ihn außer Gefecht.
    Der Ge1ändewagen raste die Straße hinunter, durchbrach den Rauch des Feuers wie ein Flugzeug die Wolken, schoss mit kreischenden Reifen an dem entstehenden Aufruhr vorbei, bog um die nächste Ecke und fuhr weiter Richtung Norden.
    Das sieben Stockwerke tiefe Fundament des eingestürzten World Trade Center war noch wenige Minuten vor Sonnenaufgang taghell erleuchtet. Dennoch lag Stille über der Baustelle, die großen Maschinen schwiegen. Die Arbeiten, die seit Einsturz der Zwillingstürme rund um die Uhr und ohne größere Unterbrechung angedauert hatten, waren völlig zum Erliegen gekommen.
    » Warum gerade hier?«, fragte Eph.
    »Er hat diesen Ort instinktiv gewählt«, erklärte Setrakian. »So wie ein Maulwurf seinen Bau in die toten Wurzeln eines gefällten Baumes gräbt. Wundbrand bildet sich nur in einer Wunde. Er wird von Elend und Schmerz förmlich angezogen.«
    Eph, Setrakian und Vasiliy saßen auf der Rückbank von Vasiliys Lieferwagen, der Churchland Ecke Cortland parkte. Setrakian hatte das Nachtsichtgerät am Fenster der hinteren Tür in Stellung gebracht. Bis auf vereinzelte Lastwagen oder gelegentliche Taxis herrschte kaum Verkehr. Keine Fußgänger, keine streunenden Hunde. Sie hielten nach Vampiren Ausschau. Nichts.
    »Es ist zu hell«, sagte Setrakian, ohne die Augen von dem Nachtsichtgerät zu nehmen. »Sie wollen nicht gesehen werden.«
    Eph runzelte die Stirn. »Wir können die Baustelle doch nicht ständig im Auge behalten.«
    »Wenn es so viele sind, wie wir vermuten, müssen sie ganz in der Nähe sein. Damit sie rechtzeitig vor Morgengrauen in ihr Versteck zurückkehren können.«
    »Wissen Sie«, sagte Vasiliy, »ich habe noch nie eine Ratte durch den Haupteingang kommen sehen.« Darüber dachte er eine Weile nach, dann schob er sich an Eph vorbei auf den Fahrersitz. »Ich hab da 'ne Idee.«
    Vasiliy fuhr auf der Church Street in Richtung Rathaus, das nur einen Block von der WTC-Baustelle entfernt und von einem großen Park umgeben war. In der Park Row hielt er und schaltete den Motor ab.
    »Diese Grünanlage ist eines der größten Rattennester der Stadt. Wir haben den Efeu rausgerissen, weil er den

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