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Die Saat

Die Saat

Titel: Die Saat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guillermo Del Toro
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eingelassene Metalltür. Die Vorhängeschlösser, die einst in den schweren Ösen gesteckt hatten, waren verschwunden.
    Vasiliy zog beide Flügel der Tür auf. Stufen führten in die Dunkelheit. »Ein Notausgang. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Station dort unten aufgegeben. Die Gleise waren für die neuen Züge zu eng und die Bahnsteige zu schmal obwohl ich glaube, dass die Linie Sechs immer noch hier wendet.« Er sah sich um. »Sie müssen den alten Notausgang abgerissen und diesen Kiosk draufgesetzt haben.«
    »Also gut«, sagte Setrakian. »Gehen wir.«
    Eph bildete die Nachhut. Er ließ die Tür offen stehen, damit sie im Notfall schnell an die Oberfläche flüchten konnten. Die Ränder der Treppe waren mit Dreck überzogen, die Stufen selbst jedoch blitzsauber.
    Die Treppe endete an einer Tür, die zum alten Zwischengeschoss führte. Sie standen nun in einer gekachelten Kuppel mit Bögen an allen vier Seiten, die sich bis zu einem Oberlicht aus kunstvoll verziertem Glas wölbten. An einem hölzernen Fahrscheinstand lehnten Leitern und alte Gerüste. In den Eingangsbögen waren keine Drehkreuze angebracht; damals hatte es noch keine Token - die typischen New Yorker U-Bahn-Wertmarken - gegeben.
    Der am weitesten entfernte Bogen führte über eine Treppe zu einem schmalen verlassenen Bahnsteig. Sie lauschten, hörten aber nur das entfernte Quietschen von U-Bahn-Bremsen. Dann betraten sie die Station.
    Eph kam sich vor wie im Flüstergewölbe einer Kathedrale. Alte Messingleuchter mit nackten dunklen Glühbirnen hingen von der gewölbten Decke, und das ineinandergreifende Muster der grün und beige glasierten Ziegel am Rande der Bögen erinnerte an gigantische Reißverschlüsse. Durch zwei Oberlichter aus Amethystglas fiel Licht in den Raum, die anderen Deckenfenster waren während des Zweiten Weltkriegs aus Angst vor Luftangriffen abgedunkelt worden. Weiter hinten schimmerte nur mehr schwaches Licht durch Gitterroste an der Decke, doch es reichte aus, um sich vorstellen zu können, wie weit die elegant geschwungenen Kurven noch reichten. Nirgendwo in der ganzen Station schien es auch nur einen einzigen rechten Winkel zu geben. Die Kacheln des golden und grün umrandeten Terracottaschildes an der Wand waren beschädigt, auf den weißen Fliesen war in blauen Buchstaben CITY HALL zu lesen.
    Und in der dünnen Staub schicht auf dem Bahnsteig waren die Fußabdrücke der Vampire zu erkennen, die ins Dunkle führten.
    Sie folgten den Fußspuren bis ans Ende des Bahnsteigs und sprangen dann auf die immer noch befahrenen Gleise hinunter - der Gleisbogen beschrieb unter der Erde einen vollständigen Kreis, auf dem die U-Bahnen wenden konnten. Sie schalteten ihre Taschenlampen aus, und sofort enthüllte Ephs Luma vielfarbig schimmernde Urinspritzer, die etwas weiter jedoch schon wieder nachließen. Setrakian wollte gerade nach seiner Wärmebildkamera greifen, als sie hinter sich Geräusche hörten: Nachzügler, die aus dem Zwischengeschoss herunter auf den Bahnsteig kamen. Eph schaltete den Leuchtstab aus. Sie überquerten die Schienen bis zur gegenüberliegenden Seite und drückten sich gegen die Wand.
    Die Vampire schlurften über die staubigen Steine des Gleisbetts. Durch die Kamera beobachtete Setrakian zwei orangefarbenleuchtende Gestalten. Eine davon verschwand, und es dauerte einen Augenblick, bis Setrakian begriff, dass sie durch einen Spalt in der Wand geschlüpft war, eine kleine Öffnung, die sie irgendwie übersehen hatten. Die zweite Gestalt blieb an derselben Stelle stehen, doch anstatt ebenfalls zu verschwinden, drehte sie sich zu ihnen um. Setrakian bewegte sich nicht, er wusste, dass die Nachtsicht der Kreatur noch nicht voll ausgeprägt war. Die Kamera registrierte den Rachen des Vampirs als seine wärmste Region. Ein orangefarbener Sturzbach ergoss sich über sein Bein, der sofort abkühlte, als er sich in einer Pfütze auf dem Boden sammelte - das Wesen entleerte seine Blase. Dann hob der Vampir den Kopf wie ein Tier, das Beute wittert, zog ihn jedoch wieder ein und schlüpfte durch die Wand.
    Sie gingen zu den Schienen zurück, wo nun der faulige Geruch frischen Vampirurins den gewölbten Raum erfüllte. Als er den verbrannten Ammoniak roch, stiegen dunkle Erinnerungen in Setrakian auf. Die anderen gaben acht, dass sie auf ihrem Weg zum Durchgang nicht in die Pfütze traten.
    Eph, der voranging, zog sein Schwert aus der Scheide.
    Der Durchgang weitete sich zu einer stickigheißen, von Dampf

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