Die Saat
zurückzukommen?«
»Ich versuche, alle Eventualitäten zu berücksichtigen, und treffe jede nur erdenkliche Vorsichtsmaßnahme. « Setrakian sah sich um, als wollte er sichergehen, dass sie auch allein waren. »Bitte verstehen Sie das. Der Meister verfügt über eine Kraft und Geschwindigkeit, die weit über das hinausgeht, wozu diese eher unbeholfenen, erst kürzlich verwandelten Vampire in der Lage sind. Er ist mächtiger, als wir es uns vorstellen können. Er weilt schon seit Jahrhunderten auf dieser Erde. Und dennoch ... «
»Und dennoch ist er nur ein Vampir.«
»Ja. Und Vampire können vernichtet werden. Das heißt, wenn es uns gelingt, ihn aufzuscheuchen. Ihn irgendwie in die Sonne zu treiben. Weshalb wir auf die Morgendämmerung warten müssen.«
»Wir sollten sofort losschlagen.« »Darauf wartet er nur.«
»Er hat meine Frau. Kelly ist nur aus einem einzigen Grund in Gefahr: meinetwegen.«
»Für Sie persönlich steht viel auf dem Spiel, das ist ein durchaus verständlicher Beweggrund. Aber Ihnen muss bewusst sein, dass er sie längst infiziert hat, wenn sie sich wirklich in seiner Gewalt befindet.«
Eph schüttelte den Kopf. »Niemals.«
»Ich sage das nicht, um Sie zu verärgern ... «
»Niemals!«
Setrakian nickte bedächtig. Er wartete, bis Eph sich wieder beruhigt hatte.
»Wissen Sie, die Anonymen Alkoholiker haben viel für mich getan«, sagte Eph. »Aber trotzdem habe ich nie die Gelassenheit gefunden, die Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann.«
»Das geht mir genauso. Vielleicht hat uns dieser gemeinsame Charakterzug zusammengeführt. Unsere Ziele sind die gleichen. «
»Aber nur einer von uns beiden kann diesen Mistkerl erledigen. Und das werde ich sein.«
Ungeduldig hatte Nora darauf gewartet, endlich mit Eph sprechen zu können. Sie nahm ihn beiseite, nachdem er sich von Setrakian abgewandt hatte, und schob ihn in das gekachelte Badezimmer. »Tu's nicht«, sagte sie.
»Was soll ich nicht tun?«
»Mich das fragen, was du mich fragen willst.« Sie hatte einen flehenden Blick in den Augen. »Tu's nicht.«
»Aber ich ... «
»Ich habe eine gottverdammte Scheißangst, Eph. Aber ich habe es auch verdient, an deiner Seite zu kämpfen. Du
brauchst
mich.«
»Ja, das stimmt. Und zwar
hier.
Jemand muss auf Zack aufpassen. Weitermachen, falls ... « Eph ließ den Satz unvollendet. »Das ist ziemlich viel verlangt, ich weiß.«
»Zuviel«
Eph konnte seinen Blick nicht von dem ihren lösen. »Ich muss sie finden.« »Ich weiß.«
»Ich möchte nur, dass du weißt, dass ....... «
»Da gibt's nichts zu erklären. Aber ......... ich bin froh, dass du es versuchst.«
Er zog sie in eine feste Umarmung. Noras Hände glitten über seinen Rücken, streichelten sein Haar. Sie löste sich von ihm, als wollte sie noch etwas sagen - doch stattdessen küsste sie ihn. Es war ein Abschiedskuss, mit dem sie gleichzeitig unmissverständlich auf seiner Rückkehr bestand.
Dann lösten sie sich voneinander. Er nickte ihr zu, um ihr zu zeigen, dass er sie verstanden hatte.
Da erst bemerkte er, dass Zack sie vom Flur aus schweigend beobachtete.
Bei dem Gedanken, seinen Jungen hierzu lassen, die vermeintliche Sicherheit der Welt an der Oberfläche aufzugeben, um sich einem Dämon entgegenzustellen, kam sich Eph wie ein Rabenvater vor. »Du bleibst bei Nora, okay? Wir reden über alles, wenn ich wieder da bin.«
»Wieder da von wo?«
Er drückte seinen Sohn an sich, umschlang ihn mit seinen Armen, als würde der Junge sonst in tausend Stücke zerspringen. In diesem Moment fasste Eph den Entschluss, den Kampf zu gewinnen. Er hatte zu viel zu verlieren.
Plötzlich hörten sie von draußen Schreie und wildes Gehupe. Sie stürzten zu den Fenstern. Vier oder fünf Blocks entfernt verstopften Autos die Kreuzung, und die Menschen auf der Straße fielen übereinander her. Ein Gebäude stand in Flammen, doch weit und breit war keine Feuerwehr in Sicht.
»Der Anfang vom Ende«, sagte Setrakian.
Morningside Heigths
Gus befand sich seit der vorherigen Nacht auf der Flucht. Wegen der Handschellen war es ziemlich problematisch, sich frei auf den Straßen zu bewegen. Das alte Hemd, das er gefunden und sich um die Unterarme gewickelt hatte, war keine wirklich überzeugende Tarnung. Er schlich sich durch den Hinterausgang in ein Kino und schlief im Dunkeln des Vorführraums. Später fiel ihm eine Werkstatt drüben auf der West Side ein, in der gestohlene Fahrzeuge ausgeschlachtet
Weitere Kostenlose Bücher