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Die Saat

Die Saat

Titel: Die Saat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guillermo Del Toro
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Wasser durch ein Schiffswrack.
    Er hörte Noras Stimme. »Ich bin im hinteren Teil der Maschine. Dasselbe Bild. Komme jetzt zurück.«
    »Okay.« Eph schob den Vorhang zu den breiten Sitzreihen der Ersten Klasse beiseite. Dort fand er den deutschen Diplomaten, Hubermann. Seine pummeligen Hände lagen gefaltet auf seinem Schoß, und eine Locke graublondes Haar war ihm über die geöffneten Augen gefallen.
    Das Diplomatengepäck, von dem Jim gesprochen hatte, befand sich in einem Aktenkoffer unter Hubermanns Sitz. Es war blau, aus Vinyl, mit einem Reißverschluss am oberen Ende.
    »Eph, du darfst das nicht öffnen«, sagte Nora, die den Gang herunterkam.
    Er zog am Reißverschluss. Zum Vorschein kamen ein halb aufgegessener Toblerone-Riegel und ein Plastikbehälter voller blauer Pillen.
    »Was ist das?«, fragte Nora.
    »Viagra, vermute ich mal.« Eph packte den Inhalt wieder in den Beutel und den Beutel wieder in den Aktenkoffer.
    Er richtete sich auf und ging eine Reihe weiter. Dort saß eine Mutter mit ihrer kleinen Tochter. Die Hand des Mädchens lag reglos in der ihrer Mutter. Beide wirkten ganz entspannt.
    »Keine Panik, absolut nichts«, murmelte Eph. »Es ergibt keinen Sinn«, erwiderte Nora.
    Viren erfordern Übertragung, und Übertragung braucht Zeit. Passagiere, die krank geworden oder in Ohnmacht gefallen wären, hätten für einige Aufregung gesorgt, egal, ob das FASTEN-SEAT-BELTS-Schild geleuchtet hätte oder nicht. Falls es sich hier um einen Virus handelte, war er anders als jeder Krankheitserreger, dem Eph in seinen Jahren als Epidemiologe je begegnet war. Vielmehr deutete alles auf einen hochtoxischen Wirkstoff, der in die hermetisch abgedichtete Umgebung der Flugzeugkabine eingeschleust worden war.
    »Jim, ich will, dass noch einmal auf Gas getestet wird«, sagte er.
    »Sie haben Luftproben genommen und auf Millionstel Teilchen untersucht«, kam es aus dem Funkgerät. »Da war nichts.«
    »Ich weiß, aber ... es sieht aus, als wären die Menschen hier ohne jegliche Vorwarnung von irgendetwas überwältigt worden. Vielleicht hat sich die Substanz verflüchtigt, als die Tür geöffnet wurde. Wir müssen den Bodenbelag und andere poröse Oberflächen untersuchen. Und das Lungengewebe gründlich unter die Lupe nehmen, wenn wir diese Leute in der Autopsie haben.«
    »Alles klar, Eph.«
    Eph ging an den ledernen Sitzen der Ersten Klasse vorbei und näherte sich der Cockpittür. Sie war an jeder Ecke stahlverstärkt, über ihr eine Überwachungskamera. Zögerlich streckte er die Hand nach dem Türgriff aus.
    Wieder Jims Stimme in seinem Helm. »Eph, sie sagen mir gerade, dass die Tür mit einem Zahlencode gesichert ist. Also wirst du gar nicht in der Lage sein ... «
    Unter der leichten Berührung von Ephs Handschuh ging die Tür auf.
    Er stand still in der Türöffnung. Die Lichter der Rollbahn fielen durch die Scheibe des Cockpits, beleuchteten den Pilotenstand. Sämtliche Displays und Anzeigen waren dunkel. »Eph«, sagte Jim, »sie sagen, du sollst äußerst vorsichtig seIn.«
    »Bedank dich in meinem Namen für die wertvollen praktischen Ratschläge«, flüsterte Eph. Dann betrat er das Cockpit.
    Gleich rechts von ihm saß ein Mann in Pilotenuniform zusammengesackt auf einem Notsitz. Zwei weitere - der Flugkapitän und sein Erster Offizier - saßen vorne vor den Bildschirmanzeigen. Die Hand des Ersten Offiziers lag eingerollt auf seinem Schoß, der Kopf war nach links gekippt, die Mütze noch aufgesetzt. Der Kapitän hielt mit einer Hand einen Kontrollhebel, während der rechte Arm über die Lehne hing, die Fingerknöchel den Teppichboden berührten. Der Kopf war nach vorn gebeugt, die Mütze lag auf seinem Schoß.
    Eph beugte sich über die Konsole zwischen den bei den Sitzen und hob den Kopf des Kapitäns an. Er leuchtete in die offenen Augen, die Pupillen blieben starr und geweitet. Dann senkte er den Kopf vorsichtig wieder auf die Brust.
    Und hielt inne.
    Er spürte etwas. Eine
Präsenz.
    Er trat von der Konsole zurück und kontrollierte das gesamte Cockpit, indem er sich einmal komplett im Kreis drehte.
    »Was ist los, Eph?«, fragte Jim.
    Eph hatte genug mit Leichen zu tun gehabt, um nicht schreckhaft zu sein. Doch irgendetwas war hier ... irgendwo. Hier oder ganz in der Nähe.
    Die seltsame Empfindung verschwand, wie ein kurzes Schwindelgefühl. Er blinzelte ins Licht. »Nichts. Vielleicht nur Klaustrophobie.«
    Er wandte sich dem dritten Mann im Cockpit zu, dessen rechte Schulter an der

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