Die Sache mit Callie und Kayden: Callie und Kayden 1 - Roman (German Edition)
etwas erzählen, und ich weiß nicht, wie du darauf reagieren wirst.« Er lässt meinen Arm los, geht zur Fahrertür, und ich laufe um den Wagen herum zur Beifahrertür.
Sobald wir beide drinnen sitzen, lässt Seth den Motor an und scrollt durch die Playlist auf seinem iPod. »Kayden hat sich Lukes Truck geliehen.« Der erste Song erklingt, als Seth den iPod auf den Ständer im Armaturenbrett stellt. »Um für einige Tage nach Hause zu fahren.«
Ich ziehe den Gurt über meine Schulter. »Okay, und wieso benimmst du dich so komisch?«
Er legt den Rückwärtsgang ein, guckt nach hinten und fährt aus der Parklücke. »Na, weil er dir nichts davon gesagt hat.« Er kurbelt das Lenkrad herum und biegt auf die Straße ein. »Warte mal. Hat er es dir gesagt?«
»Nein, und warum sollte er auch? Wir kennen uns ja kaum.«
»Callie, du hast gestern Abend mit ihm geknutscht und ihn deine Titten befühlen lassen.«
»Hey, das habe ich dir im Vertrauen gesagt!«
Er nimmt eine Hand vom Steuer. »Schon gut, ich meine lediglich, dass es für dich ein Riesenschritt war – ein wichtiger Schritt. Das würdest du nicht irgendeinem erlauben.«
»Ich mag Kayden«, gebe ich zu. »Doch das heißt nicht, dass er mir alles erzählen muss, was er tut. Ich bin nicht seine Freundin.«
»Na und?« Seth stellt die Musik leiser. »Er hätte dir etwas sagen müssen, statt einfach zu verschwinden. Er wusste, dass du ihn wahrscheinlich sehen willst. Du kennst sein dunkelstes Geheimnis, Callie, was der schwierigste Teil beim Kennenlernen ist.«
Er kommt mir mit seinem Psychologiegrundkurs, also verschränke ich die Arme, starre aus dem Fenster und gucke den Blättern zu, wie sie über die Straße und den Rinnstein entlanggeblasen werden.
Als ich später in mein Zimmer zurückkomme, schreibe ich, bis mir die Hand wehtut. Ich muss alles loswerden, traue mich jedoch nicht, es einer Person zu erzählen. Da ist mir ein leeres Blatt Papier lieber. Beim Schreiben gibt es keine Vorwürfe, keine Urteile, keine Scham. Freiheit, sonst nichts. Wenn ich mit dem Stift das Papier berühre, fühle ich mich für einen Moment lebendig.
Der Tag, an dem ich mich veränderte, ist wie eine Narbe. Er ist eine bleibende Erinnerung in meinem Kopf, die ich niemals auslöschen kann. Es war die Woche nach meiner Geburtstagsparty. Ich hatte mich im Badezimmer eingeschlossen und starrte ewig in den Spiegel. Früher gefiel mir, wie ich aussah, ebenso wie mein langes Haar, das ideal zum Zöpfeflechten war. Immer schon war ich winzig für mein Alter gewesen, aber plötzlich wollte ich noch kleiner sein … unsichtbar. Ich wollte überhaupt nicht mehr existieren.
Ich nahm eine Schere aus der Schublade, und ohne nachzudenken begann ich, mein langes braunes Haar abzuschneiden. Mir war völlig egal, wie es aussah, ich schnitt einfach, teils mit geschlossenen Augen. Sollte doch das Schicksal entscheiden, so wie es bei meinem Leben auch schon entschieden hatte.
»Je hässlicher, desto besser«, flüsterte ich bei jedem Schnitt.
Hinterher sah ich gar nicht mehr wie ich aus. Die letzten Nächte hatte ich schlecht geschlafen, und dunkle Ringe lagen um meine blauen Augen. Meine Lippen waren vom vielen Kotzen ausgedörrt und rissig. Ich fühlte mich hässlich, und dieser Gedanke brachte ein kleines Lächeln auf mein Gesicht, weil ich wusste, dass mir jetzt keiner mehr zu nahe kommen würde.
Als ich in der Jacke meines Bruders und der weitesten Jeans, die ich finden konnte, in die Küche kam, wurde meine Mom kreidebleich. Mein Vater saß am Tisch und aß sein Frühstück. Er blickte auf und sah mich völlig entsetzt an. Mein Bruder und Caleb starrten ebenfalls; sie verzogen angewidert die Gesichter.
»Scheiße, was ist denn mit dir passiert?«, fragte mein Bruder mit großen Augen.
Ich antwortete nicht, stand bloß da, blinzelte in seine Richtung und wünschte, ich könnte kleiner sei.
»Oh mein Gott, Callie«, hauchte meine Mom, deren Augen wie große Murmeln aussahen. »Was hast du gemacht?«
Ich zuckte nur mit den Schultern und nahm meine Tasche vom Türknauf. »Ich habe mir das Haar geschnitten.«
»Du … du …« Sie holte tief Luft. »Du siehst furchtbar aus, Callie. Ich will dich nicht anlügen. Du hast dich ruiniert.«
Ich bin ruinierter, als du denkst, wollte ich ihr sagen. Aber sie sah mich so angeekelt an, als wünschte sie für eine Sekunde, es würde mich nicht geben. Und ich empfand genauso. Ich verschloss alles in mir, denn ich könnte es nie erzählen. Mir
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