Die Sache mit Callie und Kayden
schmerzhaften Stich.
»Okay, ich werde jetzt völlig ehrlich zu dir sein.« Ich hole tief Luft, denn was ich sagen will, ist wahr und ehrlicher, als ich es jemals gewesen bin. »Ich will nicht so lange von dir getrennt sein.«
Unsicher nagt sie an ihrer Unterlippe. »Du wirst es sicher überstehen.« Sie streckt ihre Hand nach dem Schloss aus und tippt ihren Code ein. Als sie den Türknauf drehen will, umfasse ich sanft ihr Handgelenk.
»Nein, werde ich nicht«, erkläre ich ihr mit unsicherer Stimme. »Ich hänge an unseren Gesprächen und … und du bist die Einzige, die so gut wie alles über mich weiß.«
Ihre Schultern sacken ein, als sie mich mitleidig anblickt. »Zuerst muss ich mit meiner Mom reden und sie ein paar Sachen fragen. Ich sage dir morgen Bescheid.«
Ich lasse sie los und trete zurück. Jetzt geht es mir ein bisschen besser. »Versprich mir, dass du es dir gut überlegst.«
Sie nickt und dreht den Türknauf. »Versprochen.«
Dann macht sie einen Schritt nach drinnen, doch ich kann sie noch nicht loslassen. Meine Finger greifen nach ihrem Ärmel, und ich ziehe sie auf den Flur zurück.
»Was machst …«
Schon presse ich meine Lippen auf ihre, sodass uns beiden der Atem stockt. Meine Handfläche ist an ihre Wange geschmiegt, meine andere Hand liegt auf ihrem Rücken und drückt sie an mich. Ich tauche meine Zunge in ihren Mund. Es ist nur ein kurzer Kuss, der dennoch alles über mein Verlangen verrät. Unsere Knie drohen nachzugeben, und ich muss mich an der Wand abstützen, damit wir nicht umkippen. Als Callie leise stöhnt, löse ich den Kuss. Würde ich es nicht, wäre es noch viel schwerer, sie gehen zu lassen.
Sie blinzelt hektisch, als ich grinsend rückwärts den Flur hinuntergehe. »Und vergiss nicht, du hast es versprochen.«
Callie wirkt ein wenig benommen, geht in ihr Zimmer und wirft das Tagebuch auf ihr Bett, ehe sie die Tür schließt.
»Hast du dein altes Jahrbuch hier?«, frage ich Luke, als ich ins Zimmer komme.
»Ich glaube ja«, sagt er und sieht für einen Moment vom Fernseher zu mir. Er sitzt vor einem Autorennspiel und ist total weggetreten, während seine Finger auf die Knöpfe des Controllers einhacken. »Wieso?«
»Kann ich mal kurz reinsehen?« Ich nehme mir eine Cola aus dem Minikühlschrank.
Er zeigt zum Wandschrank und sieht wieder zum Bildschirm. »Es muss da in meinem Koffer sein.«
Ich stelle die Dose unten an meinem Bett ab und gehe in den Wandschrank. Dort öffne ich den Koffer und wühle mich durch die Bücher, bis ich das Jahrbuch in der Seitentasche finde. Ich blättere die Seiten zum Buchstaben »L« durch, und da ist »Callie Lawrence«.
Das Mädchen auf dem Foto ist nicht die Callie, die ich kenne. Ihr Haar ist nur kinnlang und fransig, als hätte sie es selbst geschnitten. Sie trägt eine weite Jacke, die ihre schmalen Schultern verbirgt, und so viel Eyeliner, dass er ihre schönen blauen Augen praktisch verschluckt. Allerdings ist dieselbe Traurigkeit in ihrem Ausdruck. Die verfolgt sie überallhin.
Ich blättere noch einige Seiten nach ihr durch, doch es ist, als hätte sie kaum existiert. Schließlich stehe ich wieder auf, lege das Buch zurück und mache den Koffer zu. Ich frage mich, wie es gewesen wäre, schon auf der Schule mit ihr befreundet zu sein. Aus irgendeinem Grund denke ich, dass vielleicht alles ein bisschen einfacher gewesen wäre und der Druck auf meinen Schultern ein wenig erträglicher.
Callie
Seth weckt mich am nächsten Morgen, indem er mich unzählige Male in die Rippen boxt. Er hat Iced Lattes in den Händen. Sein blondes Haar ist leicht zerzaust, und er sieht sehr streng aus.
»Ich hatte diesen Traum«, beginnt er und setzt sich auf meine Bettkante. »Dass du vielleicht mit mir reden musst. Genau genommen habe ich dieses richtig scheußliche Gefühl, dass du mir etwas verheimlichst.«
Er hat recht. Ich habe ihm nicht erzählt, wie ich vor Kayden einen Weinkrampf bekam. Seth war in letzter Zeit so glücklich, hatte einige Dates mit Greyson, und ich wollte ihm die Stimmung nicht mit meinem düsteren Mist verderben.
Ich setze mich auf, nehme den Eiskaffee und stürze ihn beinahe auf ex herunter. »Wolltest du nicht heute Morgen nach Hause fahren?«
Er nickt und nippt an seinem Strohhalm. »Will ich auch, aber ich nehme Greyson mit, also muss ich noch ein bisschen warten.«
Ich ziehe die Beine an und lehne das Kinn auf mein Knie. »Fährt er mit dir nach Hause?«
Entgeistert schüttelt er den Kopf. »Nie im
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