Die Sache mit Callie und Kayden
Nacken bläst. »Die ist ja gar nicht neugierig!«
»Sie ist es nicht gewöhnt, dass ich Freunde habe.« Ich stelle das Handy auf »Vibrieren« und lege es weg. »Wahrscheinlich ahnt sie, dass es jemand von zu Hause ist.«
Ein vielsagendes Grinsen breitet sich auf Seths Gesicht aus. »Was denkst du, wie sie reagiert, wenn sie erfährt, wer es ist?«
Ich zucke mit den Schultern und ziehe eine Tasche unter dem Bett hervor, ehe ich übertrieben meine Arme schwenke. »Sie flippt aus, springt auf und ab und ruft ›Oh mein Gott! Oh mein Gott!‹«
Er kichert. »Aber du fährst?«
Ich nicke, auch wenn sich mein Herz in meiner Brust verkrampft. »Ja, ich fahre. Vorausgesetzt Kayden kann mich noch mitnehmen.«
Seth schlägt eine Hand vor den Mund, um ein Lachen zu unterdrücken. »Ich wette, er nimmt dich sehr gerne mit.«
Ich kneife die Lippen zusammen, um nicht zu lächeln. Egal was ich mir einrede, bei dem Gedanken überkommt mich ein Kribbeln. Ich fange an, Sachen in die Tasche zu stopfen, und ignoriere Seths Bemerkung.
»Tu mir einen Gefallen.« Er tritt vor mich und sieht mich sehr streng an. »Lass ihn an dich heran, wenn er es will, okay? Wir wollen hinterher Nummer vierunddreißig auf der Liste streichen, einverstanden?«
Ich falte meine Jacke zusammen und lege sie in die Tasche. »Die lautet, lass jemanden an dich heran, und das habe ich schon – dich.«
»Tja, ich streiche das jemand und ersetze es durch Kayden .« Er geht zur Tür, bleibt aber nochmal stehen. »Ruf mich jeden Tag an, damit ich mir keine Sorgen machen muss.«
»Ja, Sir«, sage ich salutierend, und Seth lacht. »Und du mich.«
Nachdem er weg ist, packe ich fertig und sinke auf mein Bett, um Kaydens Nummer zu wählen.
»Hey«, meldet er sich, und irgendwas fällt im Hintergrund.
»Hey, machst du dich abreisebereit?«
»Ja, wir schleppen gerade unsere Sachen zum Truck. Ich wollte übrigens gleich zu dir rüberkommen.«
»Warum?«
Er lacht leise ins Telefon. »Um sicherzugehen, dass du für die Reise packst.«
Ich zupfe an meinem Daumennagel. »Wer sagt, dass ich fahre?«
»Ich habe Seth heute Morgen getroffen, und er hat mir versprochen, dass er dich überredet«, antwortet er. »Ich war sicher, dass er es schafft.«
»Seth entwickelt sich allmählich zum Verräter«, entgegne ich, lege mich auf dem Bett zurück und blicke zu dem Poster an der Wand gegenüber.
»Callie, wenn du nicht willst, musst du nicht fahren.« Er verstummt. »Aber ich wünsche es mir wirklich sehr.«
Ich bin nach wie vor unsicher, ob ich es will. »Okay, ich bin in ein paar Minuten fertig.«
Ich lege auf und blicke durchs Fenster zu dem Laub, dem Schmutz und dem Regen, der vom Wind auf den Rasen geweht wird. Wie konnte mein Leben so schnell die Richtung wechseln? Ich tue Dinge, die ich normalerweise nie tun würde, vertraue anderen, empfinde etwas, lebe. Ich frage mich, wie lange das anhält.
15
#21 Erlaube dir, gelangweilt zu sein
Callie
Zwei Tage sind vergangen, seit Kayden und Luke mich bei meinen Eltern abgesetzt haben. Zum Glück war es abends, sodass ich unauffällig ins Haus schlüpfen und meine Mom die Situation nicht peinlich machen konnte. Kayden hat mir ziemlich oft SMS geschickt, aber wir haben noch nichts zusammen unternommen.
Auf der gesamten Fahrt her war ich total neben mir. Ich fuhr mit Kayden und Luke in dem Truck, und es war bizarr, als würde ich zusehen, wie es mir passiert, statt es tatsächlich zu erleben. Ähnliche Momente hatte ich schon früher, nur waren sie nie gut wie dieser. Sie waren schlimm und voller Bilder, von denen ich wünschte, sie nicht sehen zu müssen.
Es ist ein paar Tage vor Thanksgiving, und meine Mom und ich sind in der Küche. Auf den Schränken stapelt sich das Essen, der Herd steht voller Töpfe, und in der Spüle ist massenhaft schmutziges Geschirr. Die hellbraunen Wände sind mit orangenen und braunen Blättern geschmückt, genauso wie die Tischmitte, die Fensterbank und der Türrahmen. Meine Mom dekoriert an Feiertagen wie verrückt.
»Ich kann immer noch nicht glauben, wie sehr du dich verändert hast.« Meine Mutter strahlt mich an und schüttelt den Kopf, während ich einen Apfel auf einem Brett klein schneide. Sie fasst mein Haar an. »Und du lässt deine Haare wachsen. Das freut mich so, denn das wünsche ich mir schon seit dem Tag, an dem du es das erste Mal so schrecklich geschnitten hast.«
»Ich weiß noch nicht, ob es mir gefällt«, lüge ich und drehe den Kopf zur Seite, außerhalb
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