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Die Sache mit dem Ich

Die Sache mit dem Ich

Titel: Die Sache mit dem Ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Fischer
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brauchten oder so.
    Ich stellte mich vor und sagte gleich darauf: »Frau Riemann, Sie sehen wunderbar aus.« Tat sie wirklich: Sie trug ein schwarzes Kleid mit einem scharfen Ausschnitt und wirkte gar nicht so zerbrechlich wie in ihren Rollen, eher handfest. Eine Bombenfrau, ihre 42 Jahre kamen mir vor wie ein Zahlendreher.
    »Katja Riemann, angenehm. Setzen Sie sich doch schon mal an den Nebentisch.«
    »Gernstens!«
    Glücksgefühle durchströmten mich. Jesus Christus, warum hat noch nie einer geschrieben, wie sexy sie ist, fragte ich mich und schrieb im Kopf schon den Einstieg. Waren denn vor mir alle blind gewesen? Ich hatte gute Lust, ihr den Heiratsantrag zu präsentieren, den ich mir bei den Ladys auf der Straße nicht getraut hatte. Ihren Ex Peter Sattmann hatte sie zum Glück schon vor Jahren verlassen, stand damals schwarz auf weiß als Trennungsanzeige in der Süddeutschen, von den beiden selbst geschaltet.
    »So«, sagte Katja Riemann und setzte sich vor mich.
    »Was trinkt die Dame? Weinchen? Der Sancerre soll ganz hervorragend sein.«
    »Grünen Tee, bitte.«
    Bis die Drinks kamen, also mein Weißwein und ihr Tee, plauderten wir ein bisschen. Wir redeten über Afrika, Musik, über »Ich bin die andere«, diese Multiplenklamotte von der von Trotta. Es war sehr nett, obwohl ich manchmal das Gefühl hatte, sie hörte nur mit halbem Ohr richtig zu, aber das kann an meinem verwirrten Gesamtzustand gelegen haben, denn die Riemann, ich sagte es schon, sah wirklich sehr gut aus.
    »Also!«, sagte sie dann auf einmal etwas schroff. »Sie wissen ja,dass es sich hier um ein Vorgespräch handelt, um herauszufinden, ob wir miteinander arbeiten können.«
    »Ein Kennenlerndate ist das, genau.« Ich klimperte mit den Wimpern, für einen Mann habe ich recht lange.
    »Dann machen Sie mir ein Angebot«, sagte Frau Riemann.
    Ich sah sie an und lachte. Toll, diese Marlon-Brando-in-Der-Pate-Impersonation! Hatte ich zuvor nur von dem ehemaligen Kiezkönig Kalle Schwensen so gehört, den ich auch mal zum Essen getroffen hatte. Spitzenwitz, in Topform, die Frau! Wie ernst sie dabei gucken konnte! Eine richtig gute Schauspielerin.
    »Eins, das Sie nicht ablehnen können?« Ich kicherte.
    Sie nicht.
    »Ein Angebot. Was ist Ihr Plan? Was können Sie mir bieten, was ich nicht schon kenne? Was ist die Katja-Riemann-Park-Avenue-Geschichte? Was ist Ihr Take? Ich habe das nicht unbedingt nötig, hier zu sitzen.« Ihr Ton war aggressiv, eher Kommando als Frage, aber ich bringe jetzt lieber keinen Geheime-Staatspolizei-Vergleich. Ganz langsam keimte in mir der Gedanke, es könnte möglich sein, dass sie keinen Witz machte und diese blasierte Schauspielerinnenkarikatur nicht spielte. Ich versuchte, ihr höflich zu erklären, dass ich das, was sie einen »Plan« nannte, nicht hätte, allein schon deshalb, weil ich sie bis eben noch gar nicht gekannt hatte. Ich sagte, der »Plan« könnte, wie schon mit ihrer Agentin besprochen, sein, sie zu begleiten bei dem, was sie so macht, bei ihrem Leben, Singen, Schauspielern. Ich versuchte, ihr zu erklären, dass ich mich für sie und ihre Arbeit interessiere und jede Menge Fragen habe, aber noch nicht sagen könnte, was später genau im Text stehen würde, weil außer diesem wunderbaren Lunch noch nichts zwischen uns geschehen sei. (Leider.)
    Sie schwieg ein paar Sekunden.
    »Also keine Idee?«
    Ich sah zum Himmel, um sicherzugehen, dass nicht Gott es war,der Schuld daran hatte, dass auf einmal schwer geworden war, was eben noch leicht geschienen hatte; dass ich fror, obwohl ich eben noch geschwitzt hatte. Aus Katja Riemann, die ich kurz toll und interessant gefunden hatte, war in zwei Minuten genau die verkniffene Gouvernantengesichtsverleiherin geworden, vor der mich meine Kollegen gewarnt hatten.
    »Nein, Frau Riemann«, sagte ich und zwirbelte mein Weinglas zwischen den Fingern. »So gesehen: tatsächlich keine Idee.«
    »Tja. Muss ja nicht.«
    Wäre sie jetzt aufgestanden und gegangen oder hätte mich angeschrien oder wäre explodiert oder irgendwas, hätte das einen kleinen Rest Glamour gehabt. Stattdessen blieb sie sitzen und unterzog mich einem Behördenverhör, für wen ich arbeite und warum, zog die Brauen hoch, wenn die Antwort vor ihr bestand, zog sie zusammen, wenn nicht, wägte ab, wie feindlich man ihr gesinnt sein könnte. Auch sie wollte natürlich irgendwas, vielleicht eine Fotoproduktion, vielleicht ein bisschen Eindruck schinden, vielleicht ein bisschen auf schwierige Diva

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