Die Sache mit dem Ich
neulich wieder ’ne Pappe probiert, in Österreich, auf der Hütte im Burgenland, mit Krause zusammen. Weißt noch: Krause, der Lange?«
»Kenn ich, klar.«
»Das erste Mal Acid seit fünfzehn Jahren, echt. Auf jeden Fall: So muss man das machen. Ganz anderer Schnack.«
»Nämlich wie?«
»Natur halt. Grün! Hügel! Erde! Kein Zeitstress! Erwachsen. Guter alter klassischer Konsum: Du kannst es kommen lassen. Keiner nervt. Und schon geil, wenn man dann nachts noch mal wandern geht, mit Taschenlampe, Stock und so. Viel romantischer als mit Koka-Halbsteifem auf der Jagd nach Mädels in Berlin-Mitte rumzurennen.«
»Ihr wart LSD – wandern, mit Stock?«
»Ja. Die lagen da rum, im Schuppen. Heidegger-Style. Hatten sogar Wandernadeln drauf.«
»Bären gesehen?«
»Nee. Wollten wir uns kurz mal einreden, gab’s aber doch nicht. Obwohl: Krause meinte, da wär’n Wolf gewesen. Aber Bäume und Wind und Nacht und Geräusche gab’s. Wellness eigentlich, das Ganze, kein Witz.«
»Wie lang hat’s angehalten?«
»Aktiv durchglühen war so bis sechs, sieben rum und dann noch ’n bisschen Nachhall am Tag drauf, aber angenehmst. Mussten ja alle wieder arbeiten am Montag.«
»Ich hatte bislang immer ein bisschen Angst davor.«
»Musst du nicht. Alles easy. Ist nur wichtig, mit wem du’s nimmst. Und wo. In zwei Wochen fahr ich wieder runter, Ralf kommt auch mit. Easyjet bis Wien, dann weiter im Auto, Waldschratpower. Wenn du Bock hast?«
» LSD is back, oder was?«
»Klaro. Wir bringen das wieder ganz groß raus.«
»Auch noch ’n Wodka-Lemon, Vigger?«
»Nee, Dicker, ich mach grad Diät. Wasser, bitte. Still.«
NACHHER
Tannen sind so toll, echt!
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Reise in die Kunst
Er ist groß und schwarz und reich und hat früher mal mit Drogen gedealt; ich bin klein und weiß und arm und habe zwei Punkte in Flensburg. Ein faires Duell sieht anders aus, aber trotzdem muss ich es versuchen, schließlich steht einiges auf dem Spiel, die Kunst und die Liebe nämlich, und zwar
– »Black door with sash«, 2006, gloss paint on aluminium, ein Bild des englischen Malers Gary Hume, und
– Beyoncé, Popsängerin.
Willkommen bei meinem Kampf gegen Jay-Z, Rapper, Unternehmer, Millionär und – seit Neuestem, seit es ohne gar nicht mehr geht – auch Kunstexperte! Willkommen beim Kampf Neue Welt vs. Alte Welt und Neues Geld vs. Gar kein Geld, hochverehrtes Publikum, meine Damen, meine Herren!
Wie es kam, dass Jay und ich uns begegneten und zu Gegnern wurden, die sich in Miami auf dem Stand der britischen Stargalerie White Cube nun um den türgroßen, dickschlierigen Hume prügeln und mit Angeboten zu übertreffen suchen?
Es war vor ein paar Wochen, in Berlin. Mein Freund der Signore (kein Italiener, tut aber immer so) und ich waren essen, und während er sonst eher der Dauerbluestyp ist, hatte er diesmal die prächtigste Laune.
»Was ist denn mit dir los?«, fragte ich. »Sonst immer verheulte Fresse und kurz vorm Suizid, und jetzt?«
»Alles bestens. Ich und die Frauen – das geht wieder!«
»Soso. Und warum?«
»Bin Kunstsammler geworden.« Der Signore erzählte, wie er neulich in einer Galerie sein erstes Bild gekauft hatte, von einem Maler aus L.A ., der inzwischen im Kurs gestiegen war, woraufhin der Signore bei den schon erwähnten Damen im Kurs gleich mitgestiegen war, woraufhin er gleich noch in ein paar Kreideskizzen investiert hatte. Kunst zu kaufen, so der Signore, gebe ihm ein Gefühl, das nur mit einem vergleichbar sei, das er zuletzt vor 30 Jahren gespürt habe, mit 15: »Meiner Entjungferung durch Mirabella, ein Bild von einer Frau«. ... »Und weil Mädels Maler mögen, mögen sie auch Männer, die Malern Bilder abkaufen«, fügte der Signore noch hinzu.
Klang überzeugend, und weil ich genau das auch will, die Mädchen und die Malerei, flog ich sofort nach dem Gespräch zur Art Basel Miami Beach – der Kunstmesse, erfunden 2001 von dem Kurator Samuel Keller, die für die Verbindung von Kunst und Party und Sex in den letzten Jahren so viel getan hat wie keine zweite. Die Messe also, die dafür gesorgt hat, dass nach Immobilien, Aktien und 1000-Euro-Jeans jetzt Kunst die geile neue Lifestylesache ist.
Es ist tatsächlich nicht übertrieben: Das Stadtbild von Miami Beach ist so schon aufgesext genug, jetzt aber haben die Damen noch mal richtig aufgedreht: Hochhackig und tief ausgeschnitten trippeln sie zu der Halle, in der die Galerien ihre Stände aufgebaut haben, und dort angekommen, trippeln
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