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Die Sache mit dem Ich

Die Sache mit dem Ich

Titel: Die Sache mit dem Ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Fischer
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Dome« stand über dem Eingang, drum herum um das Logo waren stilisierte Wellen gemalt.
    »Gehen wir schwimmen?«, fragte ich.
    »Nein«, sagte Yasuko. »Die Feier findet hier statt.«

    »Wie alt wird dein Freund? Zwölf?«
    »Ihm gehört dieser Park«, sagte Yasuko. »Und dazu noch halb Myazaki, wie man sagt.«
    »Oh.«
    Ich hatte schon mal gehört von diesem Ocean Dome, dem größten Schwimmbad der Welt, das Mitte der Neunzigerjahre in Betrieb genommen worden war. Besonders an dem Ocean Dome war nicht etwa seine Größe, sondern vor allem die Tatsache, dass das Schwimmbad über ein gigantisches Schiebedach verfügte, das sich bei Sonnenschein öffnen und bei Regen oder Wolken schließen ließ. Sofort nach seiner Eröffnung waren Hunderttausende von Japanern in das Bad geströmt, schon eineinhalb Jahre später allerdings waren die Besucherzahlen so stark gesunken, dass das Bad schließen musste. Eventmarketing halt: Am Anfang rennen sie dir die Türen ein, aber wenn’s jeder mal gesehen hat, hat’s jeder mal gesehen.
    Ganz offensichtlich hatte dieser Tokugahara es gekauft, um es neu zu eröffnen.
    Als wir eintraten, gaben sie uns Bademäntel, Badekappen, Badelatschen. Wir fuhren zwei Rolltreppen hoch zu den Umkleidekabinen und zogen uns um.
    Dann betraten wir Tokugaharas Reich.
    Jedes Schwimmbad, das Sie irgendwann in Ihrem Leben einmal gesehen haben: Vergessen Sie’s. Jeder Strand, an dem Sie irgendwann einmal in Ihrem Leben gelegen haben: Vergessen Sie ihn. Jede Insel, zu der Sie irgendwann einmal in Ihrem Leben ein Charterjet mit hundertfünfzig Kilo Proviant gebracht und zehn Tage später wieder abgeholt hat: Vergessen Sie sie.
    Dies hier war besser.
    Dies war all das und mehr.

    Was Yasuko und ich betraten, war ein Südseeparadies, ein Bild aus den Romanen von Robert Louis Stevenson, Somerset Maugham und Jack London: eine Welt, die – obwohl sie ursprünglich mal etwas hatte imitieren sollen – all das übertraf, was ihr Vorbild gewesen war. Es gab Palmen, die höher wuchsen als all die Palmen, die ich jemals in Thailand oder auf den Bahamas gesehen hatte; der Sandstrand, der sich durch die riesige Halle zog, war weißer als alle Strände, die jemals auf irgendeiner Postkarte abgebildet worden waren; und der Himmel, draußen noch grau und verhangen, strahlte blau und wolkenlos, weil es kein echter Himmel war, sondern ein gigantisches Verdeck. Allein das Licht war wegen der projizierten Sonnenkugel am Horizont und der unzähligen Kurzwellen-Wärmelampen etwas glasig, aber keinesfalls unangenehm.
    Unter der Kuppel, zwischen und an Yasuko und mir vorbei, bewegte sich eine seltsame Mischung von Menschen: hübsche Japanerinnen, die als hawaiianische Hulamädchen verkleidet den Männern und Frauen, die am Strand herumlagen, Drinks brachten, junge Männer mit Surfbrettern unter den Armen, aber auch dicke Männer aus Tonga und Fiji, die auf Grills Essbananen zubereiteten, und schwarze Brasilianer aus Salvador da Bahia, die frisch gefangene Barsche ausnahmen.
    »Howdy!«, sagte ein Mann, der an uns vorbeikam.
    »Aloha!«, sagte ein anderer.
    »Hola!«, sagte eine junge, sehr hübsche Frau.
    Alles bewegte sich: die Menschen, das Wasser, sogar die Palmen wedelten, angestrahlt von einem Windgebläse, das in dem künstlichen Felsmassiv angebracht war, das die Bucht umfasste. Nur ein Punkt im Raum schien festzustehen: ein Mann mit einem Cowboyhut auf dem Kopf, der inmitten all des Gewirrs auf einem Regiestuhl am Strand saß und auf das Meer schaute, dieses künstliche Meer mit der künstlichen Brandung und den künstlichen Gezeiten. Er saß da und starrte auf eine einsam auf einem StückFelsen im Wasser stehende Königspalme, ohne sich auch nur das kleinste Stück zu bewegen. So wie ein Schöpfer, der sich sein Werk ansieht, dachte ich.
    »Da ist er ja«, sagte Yasuko, als sie meinen Blick bemerkte.
    »Herzlichen Glückwunsch, Tokugahara-San«, sagte Yasuko, als sie dem Mann von hinten auf die Schulter tippte.
    Der Mann auf dem Stuhl drehte sich um.
    Sein Gesicht, faltig und knittrig, hellte sich auf, als er Yasuko erkannte. Er sammelte seine knöchrigen Glieder zusammen, stand auf und verbeugte sich.
    »Es ist so wunderbar, Sie zu sehen, meine Freundin aus Tokyo! Es ist so lange her, ich war zu viel im Ausland. Wer ist Ihre werte Begleitung?«
    Yasuko stellte mich vor.
    »Ich danke Ihnen, dass Sie gekommen sind. Gefällt es Ihnen hier?«
    »Sehr«, sagte ich, »es ist so ... paradiesisch. Ich bin mir sicher, dass es

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