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Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth

Titel: Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Graf Bartholomäus. »Der Graf verneige sich vor mir!«, sagte sie.
    »Nein«, erwiderte der Graf.
    »Holt mir die Tochter!«, befahl Mutter Hamleigh.
    William sah sich um. Vorübergehend hatte er Aliena ganz vergessen. Er entdeckte sie sofort. Sie stand neben Matthew, dem weibischen Haushofmeister. William ging zu ihr, packte sie am Arm und brachte sie zu seiner Mutter. Matthew folgte ihnen.
    »Schneidet ihr die Ohren ab!«, sagte Mutter.
    Aliena schrie auf.
    William spürte eine merkwürdige Regung in seinen Lenden.
    Das Gesicht des Grafen wurde aschfahl. »Ihr habt versprochen, uns nichts anzutun«, sagte er trotzig. »Ihr habt es geschworen.«
    Auf wen wird die Wahl fallen, dachte William. Wer wird ihr die Ohren abschneiden dürfen? Vielleicht erlaubt Mutter es mir … Seine Erregung wuchs.
    »Kniet nieder!«, sagte Mutter Hamleigh zu Bartholomäus.
    Zögernd folgte der Graf ihrem Befehl und beugte sein Haupt.
    William verspürte eine gewisse Enttäuschung.
    »Schaut ihn euch an!«, rief Mutter mit erhobener Stimme in den Raum. »Und merkt euch, wie es einem Mann ergeht, der die Hamleighs beleidigt!« Herrisch blickte sie um sich. Williams Herz erfüllte Stolz. Die Familienehre war wiederhergestellt.
    Mutter wandte sich ab. Nun war wieder Percy Hamleigh an der Reihe. »Bring ihn in sein Schlafgemach!«, sagte er zu William. »Und pass gut auf ihn auf!«
    Der Graf erhob sich.
    »Nimm das Mädchen gleich mit!«, fügte Vater Hamleigh hinzu.
    William packte Aliena hart am Arm. Es war schön, sie so zu berühren. Rauf mit ihr ins Schlafgemach, dachte er. Wer weiß, ob sich nicht eine Gelegenheit ergibt. Wenn ich mit ihr allein bin, kann ich mit ihr machen, was ich will … Ich kann ihr die Kleider vom Leib reißen, sodass sie nackt vor mir steht … Ich kann …
    »Erlaubt, dass mein Haushofmeister uns begleitet«, bat der Graf. »Matthew soll sich um meine Tochter kümmern.«
    Vater Hamleigh sah Matthew an und sagte: »Meinetwegen. Der Kerl sieht harmlos aus.«
    William betrachtete Alienas Gesicht. Es war noch immer leichenblass. In ihrer Angst gefiel sie ihm besser als je zuvor. Sie war so scheu, so verletzlich … Er wollte ihren üppigen Körper mit dem seinen zerquetschen, ihr die Schenkel auseinanderzwingen und dabei das Entsetzen in ihrem Gesicht sehen. Überwältigt von seinen Gefühlen beugte er sich zu ihr und wisperte ihr ins Ohr: »Ich will dich immer noch heiraten.«
    Sie entzog sich ihm. »Heiraten?«, wiederholte sie voller Verachtung und so laut, dass jeder es hören konnte. »Bevor ich dich heirate, sterbe ich lieber, du widerlicher, aufgeblasener Kröterich!«
    Die Ritter grinsten, einer hämischer als der andere, und ein paar Dienstboten fingen an zu kichern. William stieg die Schamröte in den Kopf.
    Mutter Hamleigh trat einen Schritt vor und schlug Aliena ins Gesicht. Graf Bartholomäus, der seiner Tochter zu Hilfe kommen wollte, wurde von den ihn bewachenden Rittern zurückgehalten. »Halt dein Maul!«, fuhr Williams Mutter das Mädchen an. »Du bist jetzt nicht mehr die feine Dame! Du bist die Tochter eines Verräters. Wart’s nur ab – in Kürze gehst du am Bettelstab und hast nichts mehr zu beißen! Für meinen Sohn bist du nicht mehr gut genug. Und jetzt verschwinde, und untersteh dich, noch einmal den Mund aufzumachen!«
    William gab ihren Arm frei, und Aliena folgte ihrem Vater. Als er sie gehen sah, gestand William sich ein, dass die süße Rache auf einmal gallebitter schmeckte.
    Sie geht wie eine Heldin, genau wie die Prinzessin in einem Versepos, dachte Jack. Ergriffen sah er ihr nach, wie sie mit hocherhobenem Kopf die Treppe emporstieg. Im Saal herrschte Schweigen, bis sie nicht mehr zu sehen war. Es war, als sei unvermittelt eine Lampe ausgegangen. Wie benommen starrte Jack auf die Stelle, an der Aliena eben noch gestanden hatte.
    Ein Ritter kam auf sie zu und fragte: »Wer von euch ist der Koch?«
    Der Koch selbst hatte zu viel Angst, sich freiwillig zu melden, aber jemand anders deutete auf ihn.
    »Du bereitest jetzt das Frühstück«, befahl ihm der Ritter. »Geh in die Küche, und nimm deine Helfer mit!« Der Koch suchte ein halbes Dutzend Leute aus. Dann brüllte der Ritter: »Ihr anderen verlasst auf der Stelle die Burg! Und wenn euch euer Leben lieb ist, dann rührt ihr nichts an, was euch nicht gehört! Unsere Schwerter triefen von Blut – da kommt es auf ein bisschen mehr oder weniger nicht an! Verschwindet!«
    Einer nach dem anderen trotteten sie zur Tür hinaus.

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