Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth
beim heiligen Kreuz.«
»Ich ergebe mich«, sagte Graf Bartholomäus.
Vor dem Saal ertönte Jubelgeschrei.
Tom wandte sich ab. Martha rannte quer durch den Saal auf ihn zu. Er nahm sie auf den Arm. Kurz darauf war auch Ellen bei ihm und fiel ihm in die Arme.
»Wir sind in Sicherheit«, sagte Ellen mit Tränen in den Augen. »Wir alle …«
»In Sicherheit …«, wiederholte Tom bitter. »Und wieder bettelarm.«
Unvermittelt verstummte William. Er war der Sohn von Lord Percy Hamleigh. Es ziemte sich für ihn nicht, in hemmungsloses Jubelgeschrei zu verfallen und sich auf diese Weise mit jedem einfachen Bewaffneten gemein zu machen. Er riss sich zusammen und setzte eine herrische Miene auf, die vor Selbstzufriedenheit nur so strotzte.
Sie hatten gesiegt. Er hatte seinen Plan ausgeführt – nicht ohne Rückschläge, aber erfolgreich. Vor allem aber war der Sieg der von ihm und seinen drei Mitstreitern geleisteten Vorarbeit zu verdanken. William wusste nicht mehr, wie viele Männer er getötet oder verstümmelt hatte – er hatte zu zählen aufgehört. Bei allem war er selbst unverletzt geblieben. Allerdings … woher kam das viele Blut in seinem Gesicht? Kaum hatte er es mit dem Ärmel fortgewischt, war schon wieder neues da. Vorsichtig tastete er sein Gesicht und seinen Kopf ab. An einer Stelle fehlten die Haare, und die Kopfhaut brannte wie Feuer, als er sie berührte. Um keinen Verdacht zu erregen, hatte er auf das Tragen eines Helms verzichtet. Nun, da er wusste, dass er verwundet war, spürte er auch die Schmerzen. Er ertrug sie mit Fassung – schließlich war eine Wunde so etwas wie eine Tapferkeitsauszeichnung.
In diesem Moment traten sein Vater und Graf Bartholomäus einander gegenüber. Bartholomäus streckte Percy in einer Geste der Unterwerfung mit dem Knauf voraus sein Schwert entgegen. Percy nahm es an sich, und seine Leute brachen erneut in Begeisterung aus.
Als der Lärm sich gelegt hatte, hörte William Bartholomäus fragen: »Warum habt Ihr uns das angetan?«
Und Vater Hamleigh antwortete: »Ihr habt Euch gegen den König verschworen.«
Bartholomäus erkannte, dass sein Plan verraten war, und er konnte sein Entsetzen darüber nicht verbergen. Ob er sich vor all diesen Leuten hier zu der Verschwörung bekennen wird, fragte sich William und hielt den Atem an. Doch Graf Bartholomäus bewahrte Haltung. »Ich verteidige meine Ehre vor dem König, nicht hier«, sagte er.
Vater Hamleigh nickte. »Wie Ihr wünscht. Befehlt Euren Leuten, die Waffen niederzulegen und die Burg zu verlassen.«
Graf Bartholomäus tat, wie ihm geheißen, und einer nach dem anderen traten die Männer vor und warfen vor Percy Hamleigh ihre Schwerter auf den Boden. William genoss die Szene. Zu sehen, wie sich die Feinde vor seinem Vater erniedrigten, war eine Augenweide.
Percy Hamleigh rief einen seiner Ritter zu sich. »Fang die Pferde ein, und binde sie irgendwo fest. Und nehmt den Toten und Verwundeten die Waffen ab.« Waffen und Pferde der Besiegten gehörten den Siegern: Die Männer des Grafen mussten zu Fuß und ohne Waffen das Weite suchen. Mit den eroberten Pferden sollte das reiche Beutegut aus den Vorratsspeichern der Burg nach Hamleigh transportiert werden. Vater Hamleigh winkte einem weiteren Ritter und sagte zu ihm: »Schick das Küchenpersonal an die Arbeit. Wir wollen schmausen. Der Rest der Dienerschaft kann verschwinden.« Nach der Schlacht hatten die Männer Hunger: Wohlan denn, sie sollten ihr Gelage haben! Die erlesensten Weine des Grafen und die besten Speisen aus Küche und Keller standen zur Verfügung.
Die Ritter, die Percy Hamleigh und Graf Bartholomäus umstanden, bildeten eine Gasse: Williams Mutter trat ein.
Sie wirkte sehr klein unter so vielen kräftigen Kämpfern, doch als sie den Schal abnahm, fuhren alle, die sie zum ersten Mal sahen, erschrocken zurück. Ihr entstelltes Gesicht entsetzte jedermann.
Lady Hamleigh sah ihren Mann an und sagte in zufriedenem Ton: »Ein großer Triumph!«
Weil ich so gute Vorarbeit geleistet habe, nicht wahr, Mutter? , wollte William sagen, doch sein Vater kam ihm zuvor.
»William hat dafür gesorgt, dass wir anstandslos reinkamen.«
»So, hat er?«, erwiderte sie und drehte sich nach ihrem Sohn um. Inständig hoffte William auf das verdiente Lob.
»Jawohl«, bestätigte Vater Hamleigh. »Der Junge war hervorragend.«
Mutter nickte. »Nun, vielleicht hast du recht.«
William wurde warm ums Herz. Er grinste tölpelhaft.
Mutter wandte sich an
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