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Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth

Titel: Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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es vielleicht nur acht oder zehn Jahre. Aber mehr als sechzig Steinmetzen und Maurer auf einer Baustelle dieser Größenordnung würde ich nicht empfehlen: Sie stehen sich nur selbst im Weg.«
    Philip nickte; er sah das offensichtlich ein. »Aber selbst mit dreißig Steinmetzen könnte der Ostflügel innerhalb von fünf Jahren fertig sein.«
    »So ist es. Ihr könntet darin Gottesdienste abhalten und einen neuen Schrein für die Gebeine des heiligen Adolphus aufstellen.«
    »O ja!« Nun hatte der Prior richtig Feuer gefangen. »Ich hatte schon gedacht, es würde Jahrzehnte dauern, bis in Kingsbridge wieder eine Kirche steht.« Er musterte Tom mit skeptischem Blick. »Habt Ihr schon einmal eine Kathedrale gebaut?«
    »Nein, aber eine Reihe kleinerer Kirchen. Außerdem habe ich mehrere Jahre am Bau der Kathedrale von Exeter mitgewirkt. Zum Schluss war ich der Stellvertreter des Dombaumeisters.«
    »Hier in Kingsbridge wollt Ihr selber Dombaumeister sein, wie?«
    Tom zögerte. Alles andere als Offenheit war bei Philip fehl am Platze; der Mann hatte keine Geduld für lange Umschweife. »Ja, Vater«, sagte er so ruhig wie möglich. »Ich möchte, dass Ihr mich zum Dombaumeister bestimmt.«
    »Warum?«
    Mit dieser Frage hatte Tom nicht gerechnet. Es gab so viele Antworten … Weil ich schon erlebt habe, wie man es nicht machen soll, und glaube, dass ich es besser kann, dachte er. Weil es für einen Handwerksmeister, abgesehen vielleicht von der Liebe zu einer schönen Frau, nichts Befriedigenderes gibt als die tätige Ausübung seines Berufs. Weil eine Aufgabe wie diese das Leben eines Mannes mit Sinn und Bedeutung erfüllt. Welche Antwort wollte der Prior hören? Wahrscheinlich eine fromme … Unbekümmert entschied Tom sich für die einfache Wahrheit: »Weil sie so schön sein wird.«
    Philip bedachte ihn mit einem merkwürdigen Blick, den Tom nicht zu deuten imstande war. » Weil sie so schön sein wird «, wiederholte er. Tom bereute seine Antwort schon; er hielt sie für töricht und wollte noch etwas hinzufügen. Doch dann merkte er, dass Philip ihm gar nicht gram war – im Gegenteil: Der Prior war bewegt. Toms Worte waren ihm zu Herzen gegangen. Schließlich nickte er, als stimme er nach längerer Überlegung Toms Bemerkung zu, und sagte: »Ja – und was könnte besser sein, als für Gott etwas Schönes zu tun?«
    Tom schwieg. Philip hatte nicht gesagt: Ja, Tom, Ihr sollt mein Dombaumeister sein! Er wartete.
    Philip schien sich zu einem Entschluss durchgerungen zu haben. »Ich werde in drei Tagen gemeinsam mit Bischof Waleran nach Winchester reisen und den König aufsuchen«, sagte er. »Ich kenne die Pläne des Bischofs noch nicht in allen Einzelheiten, doch bin ich sicher, dass wir König Stephan bitten werden, den Neubau einer Kathedrale zu Kingsbridge finanziell zu unterstützen.«
    »Hoffen wir, dass er sich Euren Wünschen gewogen zeigt«, sagte Tom.
    »Er ist uns noch einen Gefallen schuldig«, erwiderte Philip und lächelte dabei geheimnisvoll. »Er müsste eigentlich helfen.«
    »Und wenn er es tut …?«
    »Ich glaube, Tom Builder, dass der Herr eine bestimmte Absicht verfolgte, als er mir Euch schickte«, sagte Philip. »Ihr könnt die Kirche bauen – vorausgesetzt, der König gibt uns das Geld.«
    Nun war es an Tom, bewegt zu sein. Er wusste kaum, was er sagen sollte. Ihm war soeben sein Lebenswunsch erfüllt worden – allerdings nur unter einer bestimmten Bedingung. Alles hing jetzt vom Geld des Königs ab. Er nickte und akzeptierte damit sowohl das Versprechen als auch das Risiko. »Ich danke Euch, Vater«, sagte er.
    Die Glocke läutete zur Vesper. Tom nahm seinen Rahmen auf.
    »Braucht Ihr die Entwürfe?«, fragte Philip. Die Idee ist nicht schlecht, dachte Tom. Wenn ich sie hierlasse, sind sie Philip eine ständige Mahnung. »Nein«, sagte er, »ich habe alles im Kopf.«
    »Gut, ich hätte sie gerne hier.«
    Tom nickte und ging zur Tür.
    Dann fiel ihm etwas ein. Wenn ich jetzt nicht frage wegen Agnes, werde ich es wahrscheinlich nie tun, dachte er. Er drehte sich noch einmal um. »Vater?«
    »Ja?«
    »Mein erstes Weib … sie hieß Agnes … starb ohne einen Priester und liegt in ungeweihter Erde. Sie hatte nicht gesündigt – es waren … die Umstände. Ich frage mich … Es kommt doch immer wieder vor, dass jemand eine Kapelle baut oder ein Kloster gründet, weil er hofft, im Leben nach dem Tode Gnade vor den Augen des Herrn zu finden. Glaubt Ihr, dass ich mit meinem Entwurf zu

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