Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth

Titel: Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
Vom Netzwerk:
Fellen bedeckten Holzsessel neben der Feuerstelle.
    Das Erste, was Philip auffiel, war, dass der König keine Krone trug. Zur purpurnen Tunika trug er hohe Ledergamaschen, als wolle er in Kürze ausreiten. Zu seinen Füßen lagen wie Höflinge, die sich besonderer Gunst erfreuen, zwei große Jagdhunde. Stephan ähnelte Bischof Henry, seinem Bruder. Er hatte die gleichen intelligenten Augen, insgesamt jedoch etwas feinere Züge und dichtes hellbraunes Haar. Er saß zurückgelehnt in seinem großen Sessel (den Philip für einen Thron hielt), hatte die Ellbogen auf die Lehne gestützt und streckte die Beine weit von sich. Trotz seiner legeren Haltung lag eine gewisse Spannung in der Luft. Locker und gelöst wirkte nur der König.
    Ein hochgewachsener Mann in teurer Kleidung verließ den Saal, den Philip und die beiden Bischöfe gerade betraten. Er nickte Henry zu wie einem alten Bekannten; Waleran wurde von ihm ignoriert. Wahrscheinlich ein mächtiger Baron, dachte Philip.
    Bischof Henry trat vor den König, verneigte sich und sagte: »Guten Morgen, Stephan.«
    »Ich hab noch immer nicht diesen Schuft Ranulf zu sehen bekommen«, sagte der König. »Wenn er nicht bald auftaucht, lass ich ihm die Finger abschneiden.«
    »Du kannst jetzt täglich mit ihm rechnen, das versprech ich dir. Aber vielleicht solltest du ihm die Finger auf jeden Fall abschneiden lassen.«
    Philip wusste nicht, wer Ranulf war und warum der König ihn sehen wollte, hatte jedoch den Eindruck, dass Stephan bei aller Entrüstung nicht ernsthaft daran dachte, den Mann zu verstümmeln.
    Ehe er weiter darüber nachdenken konnte, trat Waleran vor und verneigte sich. »Waleran Bigod, der neue Bischof von Kingsbridge«, sagte Henry. »Du erinnerst dich?«
    »Ja, ja«, erwiderte Stephan, »aber wer ist das?« Er sah Philip an.
    »Das ist mein Prior«, sagte Waleran.
    Da Waleran keinen Namen nannte, ergänzte Philip ihn selbst: »Philip von Gwynedd, Prior von Kingsbridge.« Seine Stimme kam ihm ungebührlich laut vor. Er verneigte sich.
    »Tretet vor, Vater Prior!«, sagte der König. »Ihr scheint Euch zu fürchten. Was bedrückt Euch so?«
    Philip fiel keine passende Antwort ein. Ihn bedrückte so vieles … In seiner Verzweiflung sagte er: »Mich bedrückt, dass ich keine saubere Kutte besitze.«
    Stephan lachte, doch klang es nicht unfreundlich. »Nun, das soll Euch nicht weiter betrüben«, sagte er und fügte mit einem Seitenblick auf seinen fein herausgeputzten Bruder hinzu: »Mir ist’s lieber, wenn ein Mönch wie ein Mönch aussieht – und nicht wie ein König.«
    Philip fühlte sich ein wenig besser.
    »Ich hörte von dem Brand. Wie kommt Ihr denn jetzt zurande?«
    »Am Vorabend des Brandes sandte Gott uns einen Baumeister. Er hat den Kreuzgang sehr schnell wieder instand gesetzt. Der Gottesdienst findet in der Krypta statt. Gegenwärtig räumen wir mit Unterstützung des Mannes den Bauplatz frei. Er hat auch schon Pläne für eine neue Kirche gezeichnet.«
    Bei diesen Worten hob Waleran die Brauen. Von den neuen Plänen wusste er nichts. Wäre er gefragt worden, hätte Philip ihm davon berichtet – aber Waleran hatte nicht gefragt.
    »Dann geht es ja lobenswert schnell voran«, sagte der König. »Wann wollt Ihr denn mit dem Neubau beginnen?«
    »Sobald ich das Geld dafür habe …«
    »Deshalb habe ich Prior Philip und Bischof Waleran mitgebracht«, fuhr Henry dazwischen. »Für ein Vorhaben dieser Größenordnung hat weder das Kloster noch die Diözese genügend finanzielle Mittel.«
    »Die Krone auch nicht, mein lieber Bruder«, sagte Stephan.
    Philip war enttäuscht: Das war alles andere als ein vielversprechender Anfang.
    »Ich weiß«, erwiderte Bischof Henry. »Und deshalb habe ich darüber nachgedacht, ob du ihnen nicht auch ohne zusätzliche Kosten für dich selbst den Neubau der Kathedrale ermöglichen kannst.«
    Stephan sah seinen Bruder skeptisch an. »Nun – wie steht’s? Waren deine Bemühungen um einen so kunstfertigen, um nicht zu sagen zauberhaften Plan von Erfolg gekrönt?«
    »Ja. Gib der Diözese die Ländereien des Grafen von Shiring. Mit den Einnahmen kann sie ihr Bauvorhaben finanzieren. Das ist mein Vorschlag.«
    Philip hielt den Atem an.
    Der König wirkte auf einmal sehr nachdenklich.
    Waleran öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch Henry gebot ihm mit einer Handbewegung Schweigen.
    »Die Idee ist gut«, sagte der König. »Ich hätte nichts dagegen … nur – ich habe die Grafschaft gerade vorhin Percy

Weitere Kostenlose Bücher