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Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth

Titel: Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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zweifelnd.
    »Nein. Die nehmen niemanden auf, solange der König abwesend ist – sie haben ohnehin mehr Leute, als sie brauchen. Aber in der Stadt gibt es viele Reiche. Ein paar von denen werden sicher noch Dienstmägde gebrauchen können.«
    »Das ist aber keine Männerarbeit.«
    Aliena lag es auf der Zunge, ihn zu fragen: Warum lässt du dir nicht selber etwas einfallen, statt immer nur an meinen Vorschlägen herumzumäkeln? Sie verkniff es sich jedoch und sagte statt dessen: »Es genügt, wenn einer von uns so lange arbeitet, bis er einen Penny bekommt; dann können wir Vater besuchen und ihn fragen, was wir weiter tun sollen.«
    »Na gut.« Richard hatte nichts dagegen, dass nur einer von ihnen arbeitete, besonders dann nicht, wenn das Los auf Aliena fiel.
    Sie wandten sich erneut nach links und betraten das sogenannte Judenviertel der Stadt. Aliena blieb vor einem großen Haus stehen. »Die haben hier bestimmt Bedienstete«, sagte sie.
    Richard war entsetzt. »Du willst doch nicht etwa für Juden arbeiten, oder?«
    »Warum nicht? Die Häresie anderer Leute schnappt man schließlich nicht so leicht auf wie ihre Flöhe.«
    Richard zuckte die Achseln und folgte ihr in das Innere des Hauses.
    Das Gebäude war aus Stein und wie fast alle Stadthäuser schmal, aber sehr tief. Die Diele, in der die Geschwister standen, erstreckte sich über die volle Breite des Hauses. Im Kamin brannte ein Feuer, und es gab ein paar Bänke zum Sitzen. Der Duft, der aus der Küche drang, ließ Aliena das Wasser im Mund zusammenlaufen, obwohl er mit fremdartigen Gewürzen durchsetzt war. Ein junges Mädchen kam aus dem rückwärtigen Teil des Hauses und begrüßte sie. Sie hatte dunkle Haut und braune Augen und sprach sie respektvoll an. »Ihr wünscht den Goldschmied zu sprechen?«
    Das war also der Beruf des Hausherrn. »Ja, bitte«, erwiderte Aliena. Das Mädchen verschwand, und Aliena sah sich ein wenig um. Ein Goldschmied brauchte natürlich ein solides Steinhaus, um sein Gold sicher unterzubringen. Die Tür zwischen der Eingangshalle und dem rückwärtigen Teil des Hauses war aus schweren Eichenbrettern gezimmert und mit Eisen beschlagen. Die Fenster waren schmal und so klein, dass nicht einmal ein Kind hätte hindurchklettern können. Wie nervenaufreibend, dachte Aliena, wenn das gesamte Vermögen in Gold und Silber angelegt ist, das in kürzester Zeit gestohlen werden kann! Doch gleich darauf fiel ihr ein, dass auch ihr Vater, obwohl sein Reichtum nur aus ganz normalem Grundbesitz und einem Titel bestand, trotzdem von einem Tag auf den anderen alles verloren hatte.
    Der Goldschmied trat ein. Er war klein und dunkelhäutig und musterte sie mit zusammengekniffenen Augen, als hätte er ein kleines Schmuckstück zu begutachten und zu taxieren. Sein Urteil war rasch gefällt, und er fragte: »Ihr wünscht etwas zu verkaufen?«
    »Ihr habt uns richtig eingeschätzt, Goldschmied«, sagte Aliena. »Ihr habt erraten, dass wir Edelleute sind, die sich in einer Notlage befinden. Leider haben wir nichts zu verkaufen.«
    Der Mann sah sie beunruhigt an. »Wenn Ihr Geld leihen wollt, dann fürchte ich –«
    »Nein, wir wollen uns auch kein Geld borgen«, fiel Aliena ihm ins Wort, »denn wir haben auch nichts zu verpfänden.«
    Er wirkte erleichtert. »Womit kann ich Euch helfen?«
    »Würdet Ihr mich als Dienstmagd einstellen?«
    Der Mann war entsetzt. »Eine Christin? Gewiss nicht!«
    Allein schon der Gedanke ließ ihn zurückschrecken.
    »Warum nicht?«, fragte Aliena kläglich enttäuscht.
    »Das geht einfach nicht.«
    Wollte er sie beleidigen? Die Vorstellung, ihre Religion könne jemandem zuwider sein, war erniedrigend. Aber hatte sie nicht eben erst so neunmalklug behauptet, die Häresie anderer Leute schnappe man nicht so leicht auf wie ihre Flöhe?
    »Die ganze Stadt würde Sturm dagegen laufen.«
    Aliena war überzeugt, dass ihm die öffentliche Meinung lediglich als Ausflucht diente – trotzdem hatte er höchstwahrscheinlich recht. »Dann machen wir uns wohl besser auf die Suche nach einem reichen Christen«, sagte sie.
    »Ihr könnt es ja versuchen«, stimmte der Goldschmied halbherzig zu. »Aber eins will ich Euch ganz offen sagen: Ein weiser Mann würde Euch nicht als Dienstmagd einstellen. Ihr seid daran gewöhnt, Befehle zu geben, und fändet Euch nur sehr schwer drein, sie entgegenzunehmen.«
    Aliena öffnete schon den Mund, um zu protestieren, doch er hob die Hand und gebot ihr Schweigen. »Oh, ich weiß, dass Ihr guten

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