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Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth

Titel: Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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einem riesigen Sack mit zweihundertvierzig Vliesen in Winchester an.
    Und bemerkten zum ersten Mal, dass es so etwas wie Zölle gab.
    Bisher hatten sie die Stadt immer betreten, ohne irgendwelche Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, aber jetzt begriffen sie, warum die Stadttore schmal und Tag und Nacht mit Zöllnern besetzt waren. Für jede Wagenladung, die nach Winchester hineinfuhr, wurde eine Abgabe von einem Penny erhoben. Glücklicherweise hatten sie noch ein paar Pennys übrig und konnten den Zoll bezahlen; andernfalls hätten sie umkehren müssen.
    Die meisten Vliese hatten sie zwischen einem halben und dreiviertel Penny gekostet. Für das alte Pferd hatten sie sechs Schillinge gezahlt und den holprigen Karren als Dreingabe bekommen. Den Rest des Geldes hatten sie fast gänzlich für Essen ausgegeben. Aber heute Abend würden sie ein Pfund Silber und ein Pferd mit Karren besitzen.
    Danach wollte Aliena wieder hinausfahren, einen weiteren Sack Vliese zusammenkaufen und das so lange wiederholen, bis alle Schafe geschoren waren. Bis zum Ende des Sommers wollte sie genug Geld für ein gutes Pferd und einen neuen Karren beisammen haben.
    Aufgeregt lenkte sie ihren alten Klepper durch die Straßen auf Megs Haus zu. Heute noch würde sie beweisen, dass sie auf sich und ihren Bruder allein und ohne irgendwelche Unterstützung aufpassen konnte! Sie fühlte sich erwachsen und unabhängig. Sie hatte ihr Leben selbst in die Hand genommen. Sie hatte nichts vom König bekommen, brauchte keine Verwandten und kam sehr gut ohne Mann zurecht.
    Sie freute sich darauf, Meg wiederzusehen. Meg war ihr Vorbild gewesen und eine der wenigen, die Aliena geholfen hatten, ohne den Versuch zu unternehmen, sie auszurauben, zu vergewaltigen oder auszunutzen. Aliena wollte sie über das Gewerbe im Allgemeinen und den Wollhandel im Besonderen ausfragen.
    Weil Markttag war, dauerte es lange, bis sie ihren Karren durch die geschäftige Stadt bis in Megs Straße gelenkt hatten. Endlich kamen sie vor ihrem Haus an. Aliena betrat die Eingangshalle. Dort stand eine Frau, der sie noch nie zuvor begegnet war. »Oh!«, stutzte Aliena.
    »Was gibt’s?«, fragte die Frau.
    »Ich bin eine Freundin von Meg.«
    »Die wohnt nicht mehr hier«, gab die Frau barsch zurück.
    »Ach, du meine Güte.« Aliena sah nicht ein, dass sie so kurz und bündig abgefertigt werden sollte. »Wo ist sie hingezogen?«
    »Sie ist mit ihrem Mann fortgegangen, der die Stadt schmählich verlassen musste«, erwiderte die Frau.
    Aliena war enttäuscht, und ihr wurde bang ums Herz: Sie hatte mit Megs Hilfe beim Verkauf der Wolle gerechnet.
    »Das sind ja schreckliche Neuigkeiten!«
    »Er war ein Betrüger, und an deiner Stelle würde ich mich nicht damit brüsten, mit ihr befreundet zu sein. Und jetzt raus hier.«
    Aliena war empört, dass jemand schlecht über Meg sprach. »Mir ist ganz egal, was ihr Mann getan haben mag«, sagte sie. »Meg war eine feine Frau und den Tagedieben und Huren, die diese stinkende Stadt bewohnen, weit überlegen.« Sprach’s und verließ das Haus, bevor die Frau sich eine Antwort zurechtlegen konnte.
    Ihr verbaler Sieg war jedoch nur ein geringer Trost.
    »Schlechte Nachrichten«, sagte sie zu Richard. »Meg hat Winchester verlassen.«
    »Ist der jetzige Bewohner auch Wollhändler?«, erkundigte er sich.
    »Ich habe nicht gefragt. Ich war viel zu sehr damit beschäftigt, der Frau meine Meinung zu sagen.« Jetzt kam sie sich dumm vor.
    »Was machen wir jetzt, Allie?«
    »Wir müssen die Vliese verkaufen«, erwiderte sie besorgt. »Am besten, wir gehen auf den Markt.«
    Sie drehten sich um und kehrten zur High Street zurück, von wo aus sie sich langsam einen Weg durch die Menschenmassen zum Marktplatz bahnten, der zwischen der High Street und der Kathedrale lag. Aliena führte das Pferd; Richard ging hinter dem Karren her und half schieben, wenn der Klepper es allein nicht schaffte, was nicht selten vorkam. Der Marktplatz wimmelte nur so von Menschen, die sich durch die engen Gassen zwischen den Ständen drängten und dabei von Karren wie dem Alienas unablässig aufgehalten wurden. Sie hielt an und erklomm ihren Wollsack, um von dort Ausschau nach Wollhändlern zu halten. Sie konnte nur einen einzigen entdecken. Sie kletterte wieder hinunter und lenkte das Pferd zu dieser Bude.
    Das Geschäft des Mannes lief gut. Er hatte ein großes, mit einem Seil markiertes Areal und dahinter einen Schuppen aus Hurden, leichten Holzrahmen und mit einem Geflecht aus

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