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Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth

Titel: Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Wie gut, Euch wieder hier zu sehen!«
    »Habt Dank, mein Herr und König«, sagte Richard.
    Philip trat neben ihn und verbeugte sich ebenfalls.
    Stephan sagte: »Habt Ihr Euch etwa einen Mönch als Knappen mitgebracht?«, und die Höflinge lachten prompt.
    »Dies ist der Prior von Kingsbridge, Herr«, sagte Richard.
    Stephan blickte genauer hin, und Philip sah ihm an, dass er sich erinnerte. »Natürlich, ich kenne doch Prior … Philip«, sagte er, wenn auch sein Tonfall nicht so herzlich klang wie bei Richards Begrüßung. »Seid Ihr gekommen, um für mich zu kämpfen?« Die Höflinge lachten wieder.
    Es freute Philip, dass sich der König an seinen Namen erinnerte. »Ich bin gekommen, weil das Werk Gottes – der Wiederaufbau der Kathedrale von Kingsbridge – dringend der Hilfe meines Herrn und Königs bedarf.«
    »Darüber müsst Ihr mir ausführlich berichten«, fiel Stephan hastig ein. »Kommt morgen wieder, dann habe ich mehr Zeit.« Er wandte sich erneut an seine Grafen und nahm die Unterhaltung in gedämpftem Tonfall wieder auf.
    Richard verbeugte sich und zog sich zurück, und Philip tat es ihm nach.
    König Stephan war weder am nächsten Tag noch am Tag darauf, noch am übernächsten Tag zu sprechen. Die erste Nacht verbrachte Philip in einem Gasthaus, doch dort bedrückte ihn der ständige Bratengeruch und das schrille Gelächter der Frauenzimmer. Leider gab es kein Kloster in der Stadt. Normalerweise hätte er beim Bischof Aufnahme gefunden, aber der König hatte sich im Bischofspalast einquartiert, und die Häuser in der Nähe der Kathedrale, die die Mitglieder der königlichen Entourage beherbergten, platzten bereits aus allen Nähten. Am zweiten Abend begab Philip sich weit außerhalb der Stadt, noch über den Vorort Wigford hinaus, in ein Kloster, dem ein Heim für Aussätzige angeschlossen war. Dort hatte er grobes Brot und Dünnbier zum Abendessen, als Nachtlager eine harte Matratze auf dem Fußboden, absolute Ruhe von Sonnenuntergang bis Mitternacht, Gebetsstunden in aller Herrgottsfrühe, zum Frühstück wässerigen, ungesalzenen Haferbrei – und war damit vollkommen glücklich.
    Jeden Morgen nahm er die wertvolle Urkunde, die der Priorei das Recht zum Abbau des Steinbruchs verlieh, mit zur Kathedrale. Tag und Tag verging, ohne dass der König Notiz von ihm nahm. An den Gesprächen der anderen Bittsteller, in denen es nur darum ging, wer gerade des Königs Gunst genoss und wer in Ungnade gefallen war, beteiligte er sich nicht.
    Er wusste, warum man ihn warten ließ. Mutter Kirche befand sich im Widerstreit mit dem König. Stephan hatte die großzügigen Versprechen, die ihm zu Beginn seiner Herrschaft entlockt worden waren, alle nicht gehalten. Seinen Bruder, den mit allen Wassern gewaschenen Bischof Henry von Winchester, hatte er sich zum Feind gemacht, indem er die Kandidatur eines anderen für das Amt des Erzbischofs von Canterbury unterstützte; damit hatte er auch Waleran Bigods Hoffnungen auf eine rasche Karriere in Henrys Kielwasser ein Ende gesetzt. Doch in den Augen der Kirche bestand Stephans größte Sünde in der fast gleichzeitigen Verhaftung Bischof Rogers von Salisbury und seiner beiden Neffen, den Bischöfen von Lincoln und Ely, wegen ungenehmigten Burgenbaus. Ein einstimmiger Chor der Entrüstung erhob sich landauf, landab in Kathedralen und Klöstern über diese Freveltat. Stephan war gekränkt. Er vertrat die Meinung, dass Bischöfe in ihrer Eigenschaft als Diener Gottes keine Burgen brauchten; wenn sie doch welche bauten, so durften sie nicht erwarten, weiterhin wie Diener Gottes behandelt zu werden. Das war ehrlich, aber naiv.
    Der Riss war zwar wieder gekittet worden, aber König Stephans Bereitschaft, sich die Bittgesuche heiliger Männer anzuhören, war beträchtlich gesunken, daher musste sich Philip in Geduld fassen. Er nutzte die Gelegenheit zur Meditation. Als Prior blieb ihm dazu leider nur wenig Zeit. Jetzt gab es auf einmal stundenlang nichts für ihn zu tun, sodass er sich in seine Gedanken versenken konnte.
    Die Höflinge machten schließlich einen großen Bogen um Philip, was ihn auffällig machte und es dem König zunehmend erschwerte, ihn zu übersehen. Am Morgen seines siebten Tages in Lincoln war er gerade tief in Gedanken über das hehre Geheimnis der Dreifaltigkeit, als er plötzlich bemerkte, dass direkt vor ihm jemand stand, ihn ansah und mit ihm sprach – der König höchstselbst.
    »Schlaft Ihr etwa mit offenen Augen, Mann?«, fragte Stephan,

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