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Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth

Titel: Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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versucht – «
    »Und wenn ich die alte Kathedrale nicht niedergebrannt hätte, stündest du sogar ohne Arbeit da!«
    »Was sagst du da?«
    »Jawohl, ich habe die alte Kathedrale niedergebrannt.«
    Tom erbleichte. »Das war ein Blitzschlag –«
    »Geblitzt hat es überhaupt nicht. Es war eine klare Nacht. Und außerdem hat niemand in der Kirche Feuer gemacht. Ich habe das Dach in Brand gesteckt.«
    »Aber warum denn?«
    »Damit du Arbeit kriegst. Sonst wäre meine Mutter noch im Wald gestorben.«
    »Das wäre sie nicht – «
    »Aber deine erste Frau, die ist doch im Wald gestorben, oder nicht?«
    Tom wurde leichenblass. Plötzlich schien er um Jahre gealtert, und Jack begriff, dass er Tom zutiefst getroffen hatte. Das Wortgefecht hatte er zwar gewonnen, aber wahrscheinlich einen Freund verloren. Er fühlte sich schal und bedrückt.
    »Mach, dass du rauskommst«, flüsterte Tom.
    Jack ging.
    Den Tränen nahe, entfernte er sich von den hochragenden Mauern der Kathedrale. Sein Leben war binnen weniger Momente zerstört worden. Unfassbar, dass er dieser Kirche für immer den Rücken kehren sollte! An der Klosterpforte drehte er sich noch einmal um und sah zurück, dachte daran, was er alles vorgehabt hatte: ein großes Portal allein zu meißeln, Tom zu überreden, den Lichtgaden mit steinernen Engeln auszustatten und ihm seinen neuartigen Entwurf für Blendarkaden im Querschiff zu zeigen, über den er noch nie gesprochen hatte. Nun jedoch würde er nichts davon je in die Tat umsetzen können. Es war so ungerecht! Tränen schossen ihm in die Augen. Auf dem Heimweg nahm er seine Umgebung nur verschwommen wahr. Seine Mutter saß mit Martha am Küchentisch und brachte ihr mit einem scharfkantigen Stein und einer Schiefertafel das Schreiben bei. Seine Ankunft überraschte sie beide. Martha sagte: »Es kann doch unmöglich schon Mittag sein.«
    Ellen sah Jack an, dass etwas nicht stimmte, und fragte besorgt: »Was ist passiert?«
    »Ich habe mich mit Alfred gestritten und bin von der Baustelle verbannt worden«, erwiderte er finster.
    »Und Alfred nicht?«, rief Martha aus.
    Jack schüttelte den Kopf.
    »Das ist gemein!«, rief Martha aus.
    »Und worüber habt ihr euch diesmal gestritten?«, fragte Mutter müde.
    Jack sagte: »Ist mein Vater in Shiring gehängt worden, weil er gestohlen hat?«
    Martha schnappte nach Luft.
    Mutter blickte traurig drein. »Ein Dieb war er nicht«, sagte sie. »Aber es stimmt, er wurde in Shiring gehängt.«
    Jack hatte die rätselhaften Bemerkungen über seinen Vater satt und fragte erbost: »Warum sagst du mir nie die Wahrheit, wenn es um ihn geht?«
    »Weil es mich unsäglich traurig macht!«, brach es aus Ellen heraus, und zu Jacks Entsetzen begann sie zu weinen.
    Er hatte sie noch nie weinen sehen. Normalerweise war sie die Stärke in Person. Er stand selbst kurz vor dem Zusammenbruch! Er schluckte den Kloß in seinem Hals und fragte beharrlich weiter: »Wenn er kein Dieb war, warum wurde er dann gehängt?«
    »Ich weiß es nicht!«, schrie Mutter. »Ich habe es nie gewusst. Und er selbst auch nicht. Sie haben behauptet, er hätte einen mit Edelsteinen verzierten Kelch gestohlen.«
    »Wo?«
    »Hier – in der Priorei zu Kingsbridge.«
    »Kingsbridge! Hat Prior Philip ihn bezichtigt?«
    »Nein, nein, das war lange vor Philips Zeit.« Sie sah Jack unter Tränen an. »Frag mich nicht, wer ihn beschuldigt hat und warum. Verfang dich nicht in einer solchen Falle. Sonst vertust du noch den Rest deines Lebens damit, ein Unrecht wiedergutzumachen, das schon geschah, bevor du geboren bist. Ich habe dich nicht aufgezogen, damit du Rache übst. Mach das bitte nicht zu deinem Lebensinhalt.«
    Jack schwor sich, trotz ihrer Mahnung beizeiten mehr darüber in Erfahrung zu bringen; aber im Augenblick lag ihm nichts mehr am Herzen, als dass sie zu weinen aufhörte. Er setzte sich zu ihr auf die Bank und legte einen Arm um sie. »Nun, es sieht so aus, als würde die Kathedrale nun doch nicht mein Lebensinhalt.«
    »Was wirst du jetzt tun?«, wollte Martha wissen.
    »Ich weiß nicht. In Kingsbridge kann ich schlecht bleiben, oder?«
    Martha war bestürzt. »Aber warum denn?«
    »Alfred hat versucht, mich umzubringen, und Tom hat mich aus der Bauhütte verbannt. Mit den beiden will ich nicht zusammenleben. Und außerdem bin ich ein erwachsener Mann und sollte meine Mutter eigentlich verlassen.«
    »Aber was wirst du tun?«
    Jack zuckte die Achseln. »Außer dem Bauen habe ich nichts gelernt.«
    »Du

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