Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth
ausreden?«, wollte Peter wissen.
Tom blickte nachdenklich drein, aber nach kurzer Bedenkpause meinte er: »Nein.«
Jack war entsetzt. Er hatte Prior Philips Ultimatum nicht ernstgenommen. Doch Tom tat es.
Dan meinte: »Wenn einer von beiden gehen muss, dann gibt es wohl keine Zweifel daran, wer das ist.« Dan arbeitete als Steinmetz für Alfred und unterstand nicht direkt der Priorei; wenn Alfred ging, würde er sicher ebenfalls gehen müssen.
Tom dachte wiederum nach und sagte schließlich: »Nein, natürlich nicht.« Er sah Jack an. »Jack muss gehen.«
Jack verstand allmählich, dass er die Folgen des Streits gefährlich unterschätzt hatte. Dennoch konnte er kaum glauben, dass sie ihn wirklich ausstoßen würden. Was sollte aus ihm werden, wenn er nicht mehr am Dom zu Kingsbridge bauen konnte? Seit Aliena sich in ihrem Schneckenhaus verkrochen hatte, war die Kathedrale sein Ein und Alles. Wie konnte er da fortgehen?
»Vielleicht lässt die Priorei sich ja auf einen Kompromiss ein. Wir könnten Jack einen Monat lang suspendieren«, schlug Peter Carpenter vor.
O ja, bitte, dachte Jack.
»Das reicht nicht«, gab Tom zurück. »Wir müssen schon den Eindruck erwecken, rigoros durchzugreifen. Prior Philip wird sich nicht mit weniger zufriedengeben.«
»Dann muss es wohl so sein«, meinte Peter seufzend. »Diese Kathedrale verliert den begabtesten jungen Steinmetzen, den die meisten von uns je gesehen haben, und warum? Weil Alfred sein dummes Maul nicht halten kann.« Mehrere Steinmetzen bekundeten Zustimmung, und Peter fuhr ermutigt fort: »Ich habe großen Respekt vor Euch, Tom Builder, mehr als vor jedem anderen Baumeister, für den ich je gearbeitet habe. Aber es muss einmal gesagt werden, dass Ihr einfach blind seid, wenn es um die Sturheit Eures Sohnes Alfred geht.«
»Keine persönlichen Angriffe, bitte«, sagte Tom. »Wir wollen doch bei den Tatsachen bleiben.«
»Schon gut«, gab Peter nach. »Ich meine, Alfred muss ebenfalls bestraft werden.«
»Ganz meine Meinung«, erwiderte Tom zur allgemeinen Überraschung. Die Bemerkung über seine Blindheit hat ihn getroffen, dachte Jack.
»Wieso das denn?«, fragte Alfred verstimmt. »Bloß weil ich einen Lehrling verdroschen habe?«
»Er ist nicht dein Lehrling, sondern meiner«, sagte Tom. »Und du hast ihn nicht nur verdroschen. Du hast ihn über die ganze Baustelle gejagt. Hättest du ihn laufen lassen, wäre der Kalk nicht verschüttet worden, das Mauerwerk stünde noch, und die Bauhütte der Zimmerleute wäre nicht niedergebrannt; und du hättest dein Hühnchen mit ihm rupfen können, sobald er wieder aufgetaucht wäre. Für das, was du getan hast, gibt es absolut keine Rechtfertigung.«
Die Steinmetzen pflichteten ihm bei.
Dan, der sich anscheinend zum Sprecher für Alfreds Steinmetze aufgeschwungen hatte, sagte: »Ich hoffe nur, dass Ihr nicht vorhabt, Alfred aus der Bauhütte auszuschließen. Ich zumindest würde mich dagegen energisch zur Wehr setzen.«
»Nein«, antwortete Tom. »Schlimm genug, dass wir einen begabten Lehrling einbüßen. Ich will nicht auch noch einen gestandenen Steinmetzen verlieren, der einer zuverlässigen Bautruppe vorsteht. Alfred muss bleiben – aber ich meine, er sollte eine Geldstrafe bekommen.«
Alfreds Männer wirkten erleichtert.
»Eine deftige Geldstrafe«, meinte Peter.
»Einen Wochenlohn«, schlug Dan vor.
»Einen Monatslohn«, gab Tom zurück. »Ich bezweifle, dass Prior Philip sich mit weniger zufriedengibt.«
»Aye«, bekundeten mehrere Männer.
»Sind wir uns also darüber einig, Brüder?«, fragte Tom, indem er die hergebrachte Redewendung benutzte.
»Aye«, erscholl es von allen Seiten.
»Dann will ich dem Prior unsere Entscheidung mitteilen. Und Ihr begebt Euch besser wieder an die Arbeit.«
Jack sah missmutig zu, wie die Steinmetzen einer nach dem anderen die Bauhütte verließen. Alfred warf ihm einen selbstgefällig triumphierenden Blick zu. Tom wartete, bis sie allein waren, und sagte dann zu Jack: »Ich habe für dich getan, was ich konnte – ich hoffe nur, deine Mutter begreift das.«
»Du hast nie auch nur einen kleinen Finger für mich gerührt!«, brach es aus Jack heraus. »Du konntest mich nicht ernähren oder kleiden, noch mir ein Dach über dem Kopf verschaffen! Bevor du kamst, waren wir glücklich, danach sind wir verhungert!«
»Aber schließlich – «
»Du beschützt mich nicht einmal vor diesem hohlköpfigen Grobian, den du deinen Sohn nennst!«
»Ich habe
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