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Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth

Titel: Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Pfefferhändlers Raschid zu sprechen?« Dieses Spiel beherrschte sie ebenso gut wie die andere.
    »Was wollt Ihr hier?«
    »Ich wünsche, Raschid zu sprechen.«
    »Er ist für Frauen nicht zu sprechen.«
    Aliena wurde klar, dass von dieser Frau keine Hilfsbereitschaft zu erwarten war. Aber an wen hätte sie sich sonst wenden können? Sie versuchte es noch einmal. »Vielleicht empfängt er eine Freundin von Jack.«
    »Ist Jack Euer Ehemann?«
    »Nein.« Aliena zögerte. »Er ist mein Schwager.«
    Die Frau nahm ihr das nicht ab. Wahrscheinlich vermutete sie, wie die meisten Leute, Jack habe Aliena geschwängert und dann im Stich gelassen, und nun verfolge sie ihn mit dem Ziel, ihn zur Heirat zu zwingen und für ihr Kind sorgen zu lassen.
    Die Frau drehte sich um und rief etwas in einer Sprache, die Aliena nicht verstand, und gleich darauf kamen drei junge Mädchen ins Zimmer. Ihrem Aussehen nach waren sie die Töchter der Sarazenin. Alle vier gafften Aliena an, die von ihrer Unterhaltung nichts weiter mitbekam als das Wörtchen Jack. Das kam allerdings ziemlich häufig vor.
    Aliena fühlte sich gedemütigt. Am liebsten hätte sie auf dem Absatz kehrtgemacht und die Frauen einfach stehen lassen. Aber diese schlimmen Menschen hier waren ihre letzte Hoffnung. Sie räusperte sich, unterbrach die Unterhaltung und fragte: »Wo ist Jack?« Es hatte laut und deutlich herauskommen sollen, klang aber zu ihrer eigenen Bestürzung recht kläglich.
    Die Töchter schwiegen. Ihre Mutter sagte: »Wir wissen nicht, wo er sich aufhält.«
    »Wann habt Ihr ihn zum letzten Mal gesehen?«
    Die Frau zögerte. Sie hätte wohl am liebsten keine Antwort gegeben. »Am Tag nach Weihnachten hat er Toledo verlassen«, gab sie widerwillig Auskunft.
    Aliena zwang sich zu einem freundlichen Lächeln. »Wisst Ihr auch noch, wohin er gehen wollte?«
    »Ich sagte bereits, dass wir nicht wissen, wo er sich aufhält.«
    »Vielleicht hat er es Eurem Gatten mitgeteilt.«
    »Nein, auf keinen Fall.«
    Aliena war nahe daran zu verzweifeln. Sie spürte genau, dass diese Frau mehr wusste, als sie ihr verriet, und fest entschlossen war, ihr Wissen für sich zu behalten. Sie hatte das Gefühl, alle Kräfte wollten sie verlassen. Mit Tränen in den Augen sagte sie: »Jack ist der Vater meines Kindes. Glaubt Ihr nicht auch, er würde seinen Sohn gern sehen?«
    Die jüngste der drei Töchter wollte etwas erwidern, doch ihre Mutter hieß sie schweigen. Ein kurzer, heftiger Wortwechsel folgte – Mutter und Tochter hatten das gleiche feurige Temperament. Am Ende hielt die Tochter den Mund.
    Aliena wartete, doch es fiel kein Wort mehr. Die vier starrten sie nur an. Ihre Feindseligkeit war unverkennbar, doch ihre Neugier war so groß, dass sie es unterließen, Aliena zum Gehen aufzufordern. Sie selbst sah keinen Sinn darin, noch länger zu bleiben. Am besten kehre ich in meine Unterkunft zurück und bereite mich auf den langen Heimweg nach Kingsbridge vor, dachte sie. Sie holte tief Luft und sagte mit ruhiger, kühler Stimme: »Ich danke Euch für Eure Gastfreundschaft.«
    Die Mutter besaß immerhin so viel Anstand, ein etwas beschämtes Gesicht zu machen. Erhobenen Hauptes verließ Aliena das Zimmer.
    Draußen drückte sich der Diener herum. Er passte seine Schritte den ihren an und eskortierte sie durch das Haus. Aliena musste blinzeln, um die Tränen zurückzuhalten. Der Gedanke, dass ihre lange, anstrengende Suche nur an der Bosheit dieser einen Frau zu scheitern drohte, war ihr unerträglich.
    Der Diener führte sie über den Innenhof. Als sie das Tor erreichten, vernahm Aliena hastige Schritte hinter sich. Sie drehte sich um, sah die jüngste Tochter auf sich zulaufen und blieb abwartend stehen. Dem Diener war sichtlich nicht wohl in seiner Haut.
    Das Mädchen war klein, schlank und überaus hübsch. Es hatte eine goldbraune Haut und dunkle, beinahe schwarze Augen. Es trug ein weißes Kleid, bei dessen Anblick Aliena sich schmutzig und ungewaschen vorkam. »Liebt Ihr ihn?«, platzte das Mädchen in gebrochenem Französisch heraus.
    Aliena zögerte. Dann erkannte sie, dass von ihrer Würde ohnehin nichts mehr übriggeblieben war. »Ja, ich liebe ihn«, gestand sie.
    »Liebt er Euch auch?«
    Aliena wollte die Frage schon bejahen, als ihr klar wurde, dass sie Jack schon über ein Jahr lang nicht mehr gesehen hatte. »Früher hat er mich geliebt«, sagte sie.
    »Ich glaube, er liebt Euch noch immer«, gab das Mädchen zurück.
    »Wie kommt Ihr darauf?«
    Die Augen des

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