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Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth

Titel: Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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die Treppe hinauf, die zum Saal führte.
    Es war Mittagszeit, und Walerans Diener deckten die Tische. Mehrere Erzdiakone, Diakone, sonstige Angestellte und Anhänger des Bischofs standen herum und warteten auf das Essen. Ein Haushofmeister ging die Treppe hinauf, um Waleran in seinen Privatgemächern die Ankunft Williams und Regans zu melden.
    William brannte inwendig vor Eifersucht, einer wilden, alles verzehrenden Eifersucht. Aliena war verliebt, und die ganze Grafschaft wusste es. Sie hatte ein Kind der Liebe geboren, und ihr Ehegatte hatte sie aus dem Haus geworfen. Danach hatte sie sich mit ihrem Wechselbalg im Arm auf die Suche nach ihrem Liebhaber gemacht und ihn tatsächlich auch gefunden, nachdem sie die halbe christliche Welt durchstreift hatte. Die Geschichte machte in ganz Südengland die Runde – und William machte es jedes Mal krank vor Hass, wenn sie ihm noch einmal und noch einmal und immer wieder zu Ohren kam. Aber er hatte sich etwas einfallen lassen; er wollte seine Rache haben.
    Man führte sie die Treppe hinauf in Walerans Kammer. Der Bischof saß mit Baldwin, jetzt Erzdiakon, an einem Tisch, wo sie Geld zählten, indem sie die Silberpennys zu jeweils zwölfen von den weißen auf die schwarzen Felder eines Tuches mit Schachbrettmuster schoben. Baldwin stand auf, verneigte sich vor Lady Regan und ließ das Tuch samt dem Geld schnellstens verschwinden.
    Auch Waleran erhob sich und ging zu einem Armstuhl am Feuer. Er bewegte sich rasch wie eine Spinne, und William fühlte die altvertraute Abneigung in sich aufsteigen. Dennoch war er entschlossen, sich nichts anmerken zu lassen – erst kürzlich hatte er vom schrecklichen Tod des Grafen von Hereford gehört, der sich mit seinem Bischof gestritten hatte und im Status der Exkommunikation starb, worauf man ihn in ungeweihter Erde begraben hatte. William brauchte sich nur vorzustellen, er selbst läge in der nackten Erde, eine ungeschützte Beute für all die Teufel und Unholde, die die Unterwelt heimsuchten, und er wurde von Entsetzen geschüttelt. Er würde niemals einen Streit mit seinem Bischof vom Zaun brechen!
    Waleran war so blass und dünn wie eh und je, und seine Gewänder hingen an ihm herab wie zum Trocknen aufgehängte Wäsche. Er schien sich nie zu verändern. William selbst indessen hatte sich verändert. Da seine Hauptvergnügen gutes Essen und starker Wein waren, wuchs sein Umfang von Jahr zu Jahr, dem regen Leben, das er führte, zum Trotz, und das teure Kettenpanzerhemd, das ihm zum einundzwanzigsten Geburtstag angemessen worden war, hatte in den darauffolgenden sieben Jahren schon zweimal durch ein neues ersetzt werden müssen.
    Waleran war erst kürzlich aus York zurückgekehrt, wo er sich fast ein halbes Jahr lang aufgehalten hatte, und William fragte höflich: »War Eure Reise von Erfolg gekrönt?«
    »Nein«, war die Antwort. »Bischof Henry gab mir den Auftrag, einen nun schon vier Jahre währenden Streit zu schlichten – darüber, wer der nächste Erzbischof von York werden soll. Das ist mir nicht gelungen. Der Zank geht weiter.«
    Darüber verliert man am besten kein Wort mehr, dachte William. »Während Eurer Abwesenheit«, sagte er, »hat sich hier viel verändert. Vor allem in Kingsbridge.«
    »In Kingsbridge?«, fragte Waleran überrascht. »Ich ging davon aus, dieses Problem sei ein für alle Mal gelöst.«
    William schüttelte den Kopf. »Sie haben jetzt eine Weinende Madonna.«
    Waleran sah ihn misstrauisch an. »Was, zum Teufel, soll das denn sein?«
    Williams Mutter ergriff das Wort. »Es geht um eine hölzerne Statue der Jungfrau Maria, mit der sie Prozessionen veranstalten. Zu bestimmten Zeiten vergießen ihre Augen Wasser, und das gemeine Volk hält es natürlich für ein Wunder.«
    »Es ist ein Wunder!«, protestierte William.
    Waleran bedachte ihn mit einem abfälligen Blick.
    »Wunder oder nicht«, fuhr Regan fort, »in den vergangenen Monaten waren schon Tausende von Leuten dort, um die Statue zu sehen. Und Prior Philip hat seinen Kirchenbau wieder aufgenommen. Sie stellen den Altarraum wieder her, der eine neue Holzdecke bekommen soll, und das Fundament für die Vierung wurde auch schon ausgehoben. Außerdem sind neue Steinmetzen aus Paris eingetroffen.«
    »Aus Paris?«
    »Die Kirche soll jetzt im Stil von Saint-Denis gebaut werden, was immer das heißen mag«, sagte Regan.
    Waleran nickte. »Überhöhte Spitzbogen. Ich habe in York davon gehört.«
    William, dem der Baustil der Kathedrale von Kingsbridge

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