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Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth

Titel: Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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sagte sie.
    »Aber warum? «
    Sie seufzte. »Er konnte sich an einem Fass festklammern und wurde in der Nähe einer Burg an Land gespült«, erklärte sie. »Er ging zur Burg und berichtete von dem Schiffsuntergang. Mehrere mächtige Barone auf der Burg wirkten bei seinem Auftauchen sehr betroffen. Sie setzten ihn gefangen und schafften ihn nach England. Nach mehreren Wochen oder Monaten – er hatte jedes Zeitgefühl verloren – landete er dann in Kingsbridge.«
    »Hat er dir sonst noch etwas über den Schiffsuntergang erzählt?«
    »Nur, dass sie sehr schnell sanken, als sei das Schiff durchlöchert gewesen.«
    »Das klingt, als hätte man ihn unbedingt aus dem Weg haben wollen.«
    Sie nickte. »Und als sie merkten, dass sie ihn nicht ewig gefangen halten konnten, brachten sie ihn um.«
    Jack kniete sich vor ihr nieder und zwang sie, ihm ins Gesicht zu sehen. »Aber wer sind sie, Mutter?«, fragte er, und seine Stimme vibrierte vor unterdrückten Gefühlen.
    »Das hast du mich schon einmal gefragt.«
    »Und du hast mir keine Antwort gegeben.«
    »Weil ich nicht will, dass du dein Leben damit verbringst, den Tod deines Vaters zu rächen!«
    Sie behandelt mich, als wäre ich noch ein kleines Kind, dem man gewisse Dinge vorenthält, weil sie ihm schaden könnten, dachte er. Er versuchte es mit ruhiger Besonnenheit: »Ich werde mein Leben damit verbringen, dass ich in Kingsbridge eine Kathedrale baue und mit Aliena Kinder zeuge. Aber ich will wissen, warum sie meinen Vater gehängt haben. Und die einzigen Menschen, die die Antwort darauf kennen, sind jene, die falsches Zeugnis wider ihn ablegten. Daher muss ich wissen, wer das war.«
    »Damals kannte ich ihre Namen gar nicht.«
    Sie wich ihm aus, und das machte ihn wütend. » Aber heute kennst du sie! «
    »Ja, ich kenne sie«, gestand sie, den Tränen nahe, und Jack erkannte, dass ihr das alles ebenso naheging wie ihm selbst. »Gut, ich nenne sie dir, denn ich merke, dass du sonst niemals Ruhe geben wirst.«
    Sie schnüffelte und wischte sich die Tränen aus den Augen.
    Jack wartete gespannt.
    »Es waren drei: ein Mönch, ein Priester und ein Ritter.«
    Jack sah sie unbarmherzig an. »Ihre Namen!«
    »Willst du sie fragen, warum sie unter Eid falsch aussagten?«
    »Jawohl.«
    »Und du glaubst, sie werden es dir erzählen?«
    »Wahrscheinlich nicht. Aber ich werde ihnen in die Augen sehen, wenn ich meine Fragen stelle, und das wird mir vielleicht alles verraten, was ich wissen will.«
    »Selbst das wird vielleicht nicht möglich sein.«
    »Ich möchte es wenigstens versuchen, Mutter!«
    Sie seufzte. »Der Mönch war der Prior von Kingsbridge.«
    »Philip?«
    »Nein, Philip nicht, das war vor seiner Zeit. Es war sein Vorgänger, er hieß James.«
    »Aber der ist tot.«
    »Ich sagte doch, du wirst sie womöglich nicht mehr fragen können.«
    Jacks Augen verengten sich. »Wer waren die anderen beiden?«
    »Der Ritter war Percy Hamleigh, der spätere Graf von Shiring.«
    »Williams Vater!«
    »Richtig.«
    »Der ist ja auch tot!«
    »Eben.«
    Waren sie alle drei tot und hatten das Geheimnis mit ins Grab genommen? Es durfte nicht sein! »Und wer war der Priester?«, drängte Jack.
    »Er heißt Waleran Bigod und ist heute Bischof von Kingsbridge.«
    Jack tat einen Seufzer tiefster Erleichterung. »Und der ist immer noch am Leben«, sagte er.
    Bischof Walerans Burg wurde zu Weihnachten fertiggestellt. William und seine Mutter, die eines schönen Morgens zu Beginn des neuen Jahres hinüberritten, sahen sie schon aus der Ferne über das ganze Tal hinweg. Sie stand auf dem höchsten Punkt der Hügelkette und schien die weite Landschaft unter ihr mit abweisenden Blicken zu bedecken.
    Im Tal ritten sie am ehemaligen Bischofspalast vorbei, der nun als Lagerhaus für Schafvliese diente. Die Burg hatte ihre Existenz überwiegend den Erlösen aus dem Wollhandel zu verdanken.
    Am anderen Ende des Tals führte die Straße sachte den Abhang hinauf, durch eine Öffnung im Erdwall und über einen tiefen, trockenen Graben zum Torgang in einer steinernen Mauer. Erdwälle, Burggraben und Steinmauer machten diese Burg zu einem höchst sicheren Aufenthaltsort – sicherer noch als Williams eigene und viele der Burgen des Königs.
    Den Innenhof beherrschte ein wuchtiger, quadratisch gebauter Wohnturm, der mit seinen drei Stockwerken die Kirche an seiner Seite wie ein Zwergenhaus erscheinen ließ. William half seiner Mutter beim Absteigen. Die Pferde überließen sie ihren Rittern und gingen

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