Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth
geben, über seine Vorschläge nachzudenken. Bislang hatte er nur nachgegeben und keine Forderungen gestellt.
Philip nickte. »Gebilligt. An was für Zugeständnisse denkt Ihr?«
Jack holte tief Luft. »Das Verbot, Beförderungen auszusprechen, hat die Männer arg verstimmt. Sie sehen darin einen Versuch, althergebrachte Vorrechte der Zunft zu untergraben.«
»Ich sagte Euch bereits, dass dies nicht meine Absicht ist«, bemerkte Philip in einem Ton, der seine Empfindlichkeit verriet.
»Ich weiß, ich weiß«, beeilte sich Jack zu antworten. »Gewiss habt Ihr das. Und ich habe Euch auch geglaubt – aber die Handwerker nicht. Aber vergessen wir das. Ich will ihnen eine Vereinbarung vorschlagen, die Euch keinen Penny kosten wird.«
Philip sah ihn neugierig an, und Jack fuhr fort: »Überlasst die Entscheidung über Beförderungen ihnen, verschiebt jedoch die höhere Entlohnung um ein Jahr.«
»Werden sie das denn hinnehmen?«, fragte Philip skeptisch.
»Es ist zumindest den Versuch wert.«
»Und was ist, wenn ich die höheren Löhne auch in einem Jahr noch nicht zahlen kann?«
»Darüber würde ich mir heute noch keine grauen Haare wachsen lassen.«
»Ihr meint, wir können in einem Jahr neu verhandeln?«
Jack zuckte die Achseln. »Wenn’s sein muss.«
»Ich verstehe«, sagte Philip, ohne seine Meinung dazu durchblicken zu lassen. »Habt Ihr sonst noch Vorschläge?«
»Der größte Stein des Anstoßes ist die sofortige Entlassung der Saisonarbeiter«, bekannte Jack geradeheraus. Bei diesem Thema ließ sich nichts beschönigen. »Fristlose Entlassungen hat es in der ganzen Christenheit noch nicht gegeben. Das jeweils nächste Wochenende ist der früheste Zeitpunkt.« Um Philip die Einsicht leichter zu machen, fügte er hinzu: »Ich hätte Euch das vorher sagen sollen.«
»So muss ich die Leute also nur noch zwei Tage beschäftigen?«
»Ich glaube nicht, dass sie sich jetzt noch damit zufriedengeben«, meinte Jack.»Wären wir die Sache von Anfang an geschickter angegangen, dann hätte es vielleicht geklappt. Aber jetzt erwarten sie bestimmt ein größeres Entgegenkommen.«
»Zweifellos habt Ihr schon etwas Bestimmtes im Sinn.«
Dem war in der Tat so – es war das einzige echte Zugeständnis, das er von Philip erwartete. »Wir haben jetzt Anfang Oktober. Normalerweise entlassen wir die Saisonarbeiter Anfang Dezember. Kommen wir ihnen auf halbem Wege entgegen und legen den Zeitpunkt der Entlassung auf Anfang November.«
»Das erfüllt nur die Hälfte meiner Forderungen.«
»Es erfüllt mehr als die Hälfte. Ihr profitiert davon, dass die Vorräte aufgebraucht werden, dass die höheren Löhne bei Beförderungen erst in einem Jahr zu zahlen sind und dass an Heiligentagen nicht mehr gearbeitet wird.«
»Das sind doch alles nur Belanglosigkeiten.«
Bedrückt lehnte Jack sich zurück. Er hatte sein Möglichstes getan. Er hatte all seine Argumente vor Philip ausgebreitet, seine gesamte Überredungskunst aufgewandt. Nun blieb nichts mehr zu sagen. Er war mit seinem Latein am Ende – und Philip zeigte noch immer keine Einsicht. Jack war nahe daran aufzugeben. Er sah in Philips wie versteinertes Gesicht und wartete.
Philip drehte sich um und ließ den Blick eine ganze Weile lang schweigend auf dem Hausaltar ruhen. Endlich wandte er sich Jack wieder zu und sagte: »Ich werde Eure Vorschläge der Kapitelversammlung unterbreiten müssen.«
Jack wurde vor lauter Erleichterung ganz schwach zumute. Das war zwar noch kein Sieg, aber ein wichtiger Schritt voran. Es war nicht Philips Art, die Mönche über Vorschläge diskutieren zu lassen, die er selbst nicht guthieß, und in den meisten Fällen entschieden sie genau so, wie er es wünschte. »Ich hoffe, die Mönche sind einverstanden«, sagte Jack matt.
Philip stand auf und legte ihm die Hand auf die Schulter. Zum ersten Male lächelte er. »Wenn ich ihnen die Sache so überzeugend darlege wie Ihr mir, dann sind sie einverstanden.«
Der plötzliche Stimmungsumschwung verblüffte Jack, und er sagte: »Je früher wir das hinter uns bringen, desto geringer sind die langfristigen Auswirkungen.«
»Ich weiß. Der Gedanke hat mich sehr erzürnt, aber an einem längeren Streit mit Euch liegt mir gewiss nicht.« Unerwartet reichte er ihm die Hand.
Jack schlug ein. Es war ein gutes Gefühl.
»Kann ich den Leuten sagen, sie sollen morgen früh in die Bauhütten kommen und die Entscheidung des Kapitels hören?«, fragte er.
»Ja, das könnt Ihr.«
»Dann mache
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