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Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth

Titel: Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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sagte Sally. »Er hat sie mit seinem Messer selbst geschnitzt.«
    »Na, das ist aber fein! Glaubst du, er wird länger hierbleiben?«
    Sally runzelte die Stirn. »Das weiß ich nicht.«
    »Ich denke doch, dass er recht bald wieder fortgehen wird.«
    »Ja. Er wohnt jetzt im Wald.«
    »Weißt du denn auch, wo?«
    »Ja. Der Ort heißt Sallys Steinbruch. Das ist mein Name!« Sie lachte.
    »So ist es«, sagte Bruder Remigius. »Wie interessant.«
    Als sie ausgetrunken hatten, sagte der kleine Bischof: »Und nun hört mich an: Sakristan Andrew und Bruder Remigius! Ihr zwei wascht für die Witwe Poll Wäsche!«
    Sally quietschte vor Vergnügen und klatschte begeistert in die Hände. Die Witwe Poll, eine rundliche, rotgesichtige Frau, war Wäscherin. Muffige Unterhemden und stinkende Strümpfe waschen, die von ihren Trägern nur zweimal im Jahr gewechselt wurden – das war vielleicht eine Aufgabe für die beiden pingeligen Mönche! Gern taten sie das bestimmt nicht.
    Die Menge verließ die Schenke und trug den kleinen Bischof zur Wäscherei der Witwe Poll an der Flusslände. Die Wäscherin bekam einen Lachkrampf und wurde, als sie erfuhr, wer ihr die Wäsche waschen sollte, noch röter im Gesicht, als sie ohnehin schon war.
    Andrew und Remigius trugen einen schweren Korb mit schmutziger Wäsche vom Haus zum Flussufer. Andrew öffnete den Korb, und Remigius zog mit angewiderter Miene das erste Kleidungsstück hervor. Eine junge Frau rief: »Geht vorsichtig damit um, Bruder Remigius, das ist mein Unterhemd.« Remigius errötete, und alle Umstehenden lachten. Dann bissen die beiden alten Mönche die Zähne zusammen und wuschen die Wäsche im Wasser des Flusses. Die Bevölkerung von Kingsbridge gab ihnen gute Ratschläge und munterte sie mit Zurufen auf. Andrew machte aus seiner tiefen Abneigung gegen diese Arbeit keinen Hehl, das erkannte auch Sally. Remigius hingegen wirkte merkwürdig zufrieden.
    An einem Holzgerüst, wie die Schlinge des Henkers am Galgen, hing eine Kette mit einer riesigen Eisenkugel. Auch ein Seil war an der Kugel befestigt. Es führte über eine Flaschenzugrolle am oberen Ende des höchsten Gerüstbalkens und wurde auf der anderen Seite von zwei Arbeitern gehalten. Zogen die Arbeiter an, so wurde die Kugel hochgezogen, bis sie die Rolle berührte, und die Kette lag waagerecht auf dem Arm des Gerüsts.
    Fast ganz Shiring sah zu.
    Die Männer ließen das Seil los. Die Eisenkugel fiel und krachte mit Schwung gegen die Kirchenwand. Es tat einen regelrechten Donnerschlag, die Mauer erzitterte, und William spürte, wie sich die Erschütterung auch noch im Boden unter seinen Füßen ausbreitete. Am liebsten hätte er genau an der Aufprallstelle Richard von Kingsbridge an die Wand geschmiedet – sein Feind wäre von der Kugel zerquetscht worden wie eine Fliege.
    Die Arbeiter zogen das Seil wieder ein. Als die Eisenkugel am höchsten Punkt ihrer Fahrt anhielt und die Männer das Seil wieder losließen, hielt William unwillkürlich den Atem an. Diesmal schmetterte die Kugel ein Loch in die Steinmauer. Die Zuschauer applaudierten.
    Es war ein genialer Mechanismus.
    William freute sich darüber, dass die Arbeiten am Bauplatz der künftigen neuen Kirche voranschritten, doch hatte er an diesem Tag noch Wichtigeres im Sinn. Er sah sich nach Bischof Waleran um und erblickte ihn an der Seite Alfred Builders. William ging zu den beiden hin, zog den Bischof beiseite und fragte ihn: »Ist der Mann schon da?«
    »Kann sein«, sagte Waleran. »Begleitet mich in mein Haus.«
    Gemeinsam schritten sie über den Marktplatz. »Habt Ihr Eure Truppen mitgebracht?«, fragte Waleran.
    »Natürlich. Zweihundert Mann. Sie warten in den Wäldern draußen vor der Stadt.«
    Sie betraten das bischöfliche Haus. Der Geruch von gekochtem Schinken stieg William in die Nase und ließ ihm trotz der drängenden Eile das Wasser im Munde zusammenlaufen. Die meisten Menschen gingen in schlechten Zeiten mit ihren Speisen sparsam um – für Waleran schien es dagegen eine Frage des Prinzips zu sein, auch in Zeiten der Not den Lebensstil nicht zu ändern. Der Bischof selbst war alles andere als ein Schlemmer, doch es machte ihm sichtlich Spaß, allenthalben kundzutun, dass er viel zu reich und zu mächtig war, um sich von trivialen Dingen wie schlechten Ernten beeindrucken zu lassen.
    Das Stadthaus des Bischofs war ein typisches, schmales Gebäude mit einem großen Raum im vorderen Teil. Dahinter lag die Küche, an die sich ein Hof mit einer

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