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Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth

Titel: Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Eindringlinge – eine bedrohliche Streitmacht, bewaffnet mit scharfen Meißeln und schweren Hämmern. Aliena trug Martha auf, die Kinder nach Hause zu bringen, und gesellte sich zusammen mit Jack zu den Handwerkern.
    Prior Philip öffnete die Küchentür. Ohnehin kleiner als William, wirkte er in seinem leichten Sommerhabit geradezu winzig vor dem feisten Mann im Kettenhemd, der ihm hoch zu Ross gegenübersaß. Doch der aufrichtige Zorn in seiner Miene verlieh seiner Erscheinung etwas Ehrfurchtgebietendes, dem William nichts entgegenzusetzen hatte.
    »Ihr gewährt einem flüchtigen …«, begann William.
    Philip ließ ihn nicht ausreden. »Verschwindet!«, brüllte er ihn an.
    William versuchte es noch einmal. »Ein Mord wurde begangen, und ich …«
    »Raus! Verlasst auf der Stelle das Gelände meiner Priorei!«
    »Ich bin der Vogt von …«
    »Nicht einmal dem König ist es gestattet, Gewalttäter in ein Kloster eindringen zu lassen! Und jetzt fort mit Euch, raus!«
    Ärgerliches Gemurmel erhob sich unter den Maurern und Steinmetzen. Die Bewaffneten sahen sich nervös nach ihnen um.
    »Selbst der Prior von Kingsbridge muss dem Vogt Rede und Antwort stehen«, sagte William.
    »Aber nicht unter diesen Bedingungen! Schickt Eure Leute sofort vom Klostergelände, und deponiert Eure Waffen im Stall. Wenn Ihr bereit seid, als demütiger Sünder das Haus Gottes zu betreten, gewähre ich Euch Einlass. Und dann wird der Prior Euch Rede und Antwort stehen.«
    Philip verschwand wieder im Küchengebäude und schlug die Tür hinter sich zu. Die Bauarbeiter applaudierten.
    Auch Aliena klatschte unwillkürlich Beifall. Ihr Leben lang hatte sie Williams Macht und Grausamkeit gefürchtet. Es war herzerfrischend zu sehen, wie Prior Philip ihm die Stirn bot.
    William indes gab sich noch nicht geschlagen. Er stieg vom Pferd, schnallte sich umständlich sein Schwert ab und reichte es einem seiner Männer. Er wechselte ein paar ruhige Worte mit den Bewaffneten, worauf sie sich entfernten. William sah ihnen nach, bis sie das Tor durchschritten hatten. Daraufhin drehte er sich um und pflanzte sich vor der Küchentür auf.
    »Öffnet dem Vogt!«, rief er.
    Es dauerte eine Weile, bis Philip wieder vor die Tür trat. Er musterte William, der nun unbewaffnet im Hof stand, von oben bis unten und hielt Ausschau nach den Bewaffneten, die vor dem Klostertor beieinanderstanden. Erst dann wandte er sich wieder William zu und sagte: »Nun?«
    »Ihr gewährt einem Mörder in Euren Mauern Unterschlupf. Liefert ihn mir aus.«
    »In Kingsbridge ist kein Mord begangen worden«, erwiderte Philip.
    »Der Graf von Shiring hat vor vier Tagen Alfred Builder ermordet.«
    »Das ist falsch«, gab Philip zurück. »Richard hat Alfred getötet, nicht ermordet. Alfred wurde in flagranti bei einer versuchten Vergewaltigung ertappt.«
    Aliena schauderte.
    »Vergewaltigung?«, fragte William. »Wen hat Alfred denn vergewaltigen wollen?«
    »Aliena.«
    »Wie das? Sie ist seine Frau.« William triumphierte. »Wie kann ein Ehemann seine Frau vergewaltigen ?«
    Aliena merkte jetzt, worauf William hinauswollte, und heiße Wut brodelte in ihr auf.
    »Diese Ehe ist niemals vollzogen worden«, sagte Philip. »Außerdem ist Aliena um Annullierung eingekommen.«
    »Die niemals gewährt worden ist. Die Ehe wurde in der Kirche geschlossen und bestand dem Gesetz nach fort. Von Vergewaltigung kann also keine Rede sein. Im Gegenteil …« William drehte sich plötzlich um und deutete mit dem Finger auf Aliena. »Seit Jahren schon will sie ihren Gatten loswerden – und nun ist es ihr endlich gelungen, ihren Bruder so weit zu bringen, ihn aus dem Weg zu schaffen. Er hat ihn mit ihrem Dolch erstochen!«
    Angst legte sich wie eine kalte Hand um Alienas Herz. Was William hier vorbrachte, war eine ungeheuerliche Lüge – aber für jemanden, der den wahren Sachverhalt nicht kannte, klang seine Argumentation durchaus folgerichtig. Es sah nicht gut aus für Richard.
    »Der Vogt kann den Grafen nicht festnehmen«, sagte Philip.
    William zog eine Schriftrolle hervor. »Ich habe einen vom König unterfertigten Haftbefehl.«
    Aliena war der Verzweiflung nahe. William hatte an alles gedacht. »Wie hat er das geschafft?«, murmelte sie.
    »Er hat sehr schnell reagiert«, antwortete Jack. »Er muss sofort nach Erhalt der Nachricht nach Winchester geritten sein und mit dem König gesprochen haben.«
    Philip streckte die Hand aus. »Zeigt mir den Befehl.«
    Auch William streckte nun die Hand

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