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Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth

Titel: Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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das Amt des Priors zu übernehmen, und wartete voller Ungeduld. Er hatte sich mit Aliena unterhalten und brannte darauf, ihre landwirtschaftlichen Methoden wie das Pflügen mit Pferden und die Ausbringung von Frühsaat wie Erbsen und Hafer auch auf den Klostergütern auszuprobieren. So ähnlich war es damals, als ich mit dem Aufbau der Schafzucht begann, dachte Philip.
    Er wusste, dass er eigentlich von seinem Amt zurücktreten und Jonathan ans Ruder lassen müsste. Ein friedlicher Lebensabend in Gebet und Meditation – wie oft hatte er anderen schon mit diesem Hinweis den Rücktritt nahegelegt! Doch nun, da er selbst ins Rücktrittsalter gekommen war, entsetzte ihn die Aussicht. Er war kerngesund, sein Verstand scharf und klar wie eh und je. Ein Leben in Gebet und Meditation würde mich in kürzester Zeit zum Wahnsinn treiben, dachte er.
    Andererseits: Jonathan würde nicht ewig warten. Gott hatte ihm die Fähigkeiten verliehen, die zur Führung eines großen Klosters erforderlich waren, und er hatte nicht die Absicht, seine Talente zu vergeuden. Er hatte über die Jahre zahlreiche andere Abteien besucht und überall einen guten Eindruck gemacht. Es war jederzeit damit zu rechnen, dass man ihn nach dem Tod eines Abtes bat, sich als Nachfolgekandidat zur Verfügung zu stellen. Philip wusste, dass er ihm dann die Erlaubnis kaum würde verweigern können.
    Der junge Mensch, dessen Namen Philip nicht einfallen wollte, beendete gerade seine Lesung, als es klopfte und der Türhüter den Saal betrat. Bruder Steven, der Cirkator, blickte unwillig auf: Derartige Störungen der Kapitelversammlung waren unerwünscht. Dem Cirkator oblag die Aufrechterhaltung der Disziplin, und wie alle Männer seines Amtes bestand auch Steven peinlich genau auf der Einhaltung der Regeln.
    »Eine Botschaft des Königs!«, flüsterte der Türhüter so laut, dass alle es hören konnten.
    »Kümmere dich doch bitte darum«, sagte Philip zu Jonathan. Gewiss bestand der Bote darauf, seinen Brief einem führenden Mitglied der Klosterverwaltung persönlich auszuhändigen. Jonathan stand auf und ging. Die Mönche fingen an zu tuscheln. Philip sagte mit lauter Stimme: »Wir fahren fort mit dem Nekrolog.«
    Die Gebete für die Toten begannen. Was hat der zweite König Heinrich wohl der Priorei Kingsbridge mitzuteilen, fragte sich Philip und beantwortete sich die Frage gleich selbst: Wahrscheinlich nichts Gutes … Seit sechs Jahren lag Heinrich mit der Kirche im Streit. Es hatte begonnen mit einer Auseinandersetzung über die Zuständigkeit der geistlichen Gerichtsbarkeit. Heinrichs Starrsinn und der religiöse Eifer des Erzbischofs von Canterbury, Thomas Becket, hatten dazu geführt, dass der Streit zu einer Krise eskalierte. Becket war ins Exil gezwungen worden.
    Bedauerlicherweise stand die englische Kirche nicht einmütig hinter ihm. Bischöfe wie Waleran hatten sich auf Heinrichs Seite geschlagen, um der königlichen Gunst teilhaftig zu werden. Allerdings übte der Papst Druck auf Heinrich aus, mit Becket Frieden zu schließen. Die vielleicht schlimmste Folge des Streits bestand darin, dass machtgierige Bischöfe wie Waleran immer größeren Einfluss am königlichen Hof gewannen: Heinrich umwarb sie, weil er unbedingt Unterstützung aus den Reihen der Kirche brauchte. Aus diesem Grund hatte Philip, was den Brief des Königs betraf, mehr noch als sonst ein unangenehmes Gefühl.
    Jonathan kehrte zurück und reichte Philip eine mit Wachs verschlossene Pergamentrolle. Das Wachs war mit dem Abdruck eines gewaltigen königlichen Siegels versehen. Alle Mönche blickten auf. Philip sah ein, dass er mit solch einem Brief in der Hand nicht mehr die für das Totengebet nötige Konzentration erwarten konnte. »Nun gut«, sagte er. »Wir werden das Gebet später fortsetzen.« Er erbrach das Siegel, öffnete den Brief und überflog die Grußformel. Dann gab er das Schreiben Jonathan, der jüngere und bessere Augen hatte. »Lies es uns vor, sei so gut.«
    Nach der üblichen Anrede schrieb der König. »›Zum neuen Bischof von Lincoln schlagen Wir Waleran Bigod vor, gegenwärtig Bischof von Kingsbridge …‹« Jonathans Stimme verlor sich im aufgeregten Gemurmel der Mönche. Philip schüttelte angewidert den Kopf. Seit den Enthüllungen beim Kirchengerichtsverfahren in Kingsbridge hatte Waleran in seinem eigenen Bistum sämtliche Glaubwürdigkeit verloren. Es war abzusehen, dass er sich nicht mehr lange im Amt würde halten können. Doch nun hatte er den

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