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Die Saeulen der Macht

Die Saeulen der Macht

Titel: Die Saeulen der Macht
Autoren: Maja Winter
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Mitgefühl, kein Verständnis. Er kannte nur den Hunger, sich auszubreiten, zu erobern und zu wachsen. Die Gier nach der Erde und die Sehnsucht, hoch ins Licht zu streben.
    Mit den Göttern mochte man rechten, ihnen ins Ohr schreien, bis sie einen erhörten; sie begriffen die Gefühle der Menschen, auch wenn sie gerne darüber hinweggingen. Götter und Menschen ähnelten einander in den wichtigsten Dingen, in ihren Streitigkeiten, in Liebe, Hass und Zorn.
    Die Vier waren Fremde. Sie waren keine Götter, sie waren nicht wie Menschen, sondern wie Bäume und Felsen, wie Sturm und wie das Meer. Sie waren wie der Fluss, der sich durch das Hügelland von Jakont grub, rücksichtslos und lebenspendend zugleich. Baum und Quelle und Turm– nicht umsonst waren dies ihre Manifestationen. Sie besaßen keine Namen, sie waren blind und taub, Gewalten, die über alles von Menschen Begreifbare hinausgingen.
    Das dunkle Gesicht hatte Tahan gerufen, hungrig und voller Begehren, und so würde es ihn immer rufen, um ihn zu verschlingen.
    Noan lag noch zusammengerollt unter seinem Mantel, als Tahan erwachte.
    Im Morgenlicht war das Mädchen so schön wie nie. In ihren dunklen Augen wohnte eine stille Traurigkeit, die ihn dazu bringen wollte, sich wie ein dämlicher verliebter Jüngling aufzuführen. Sie trat neben ihn und half ihm, die Pferde ans Flussufer zu führen, um sie trinken zu lassen, während er nur daran denken konnte, dass er sie küssen wollte.
    Â» Ich kann es verstehen « , sagte sie.
    Â» Was denn? «
    Â» Warum du mir nicht gefolgt bist, an jenem Morgen. Ja, ich war wütend. Ich habe dir gegrollt, mehrere Tage lang. Ich habe dich gehasst, als ich wieder in Birin war. Aber dann kam Dasnaree, und jetzt verstehe ich es. Warum es wichtiger für dich war, in der Burg zu bleiben und deine Soldaten um dich zu sammeln. Weil so jemand wie Dasnaree nie und nimmer König bleiben darf. Manchmal muss man seine Versprechen brechen. Manchmal muss man sogar sein eigenes Herz opfern. «
    Â» Ja « , sagte er leise. In ihm war immer noch ein ungläubiges Staunen.
    Â» Was ist eigentlich aus deinen Kriegern geworden? « , erkundigte sie sich und las die Wahrheit in seinen Augen. Es war schwer, ihren Blick auszuhalten, und er fragte sich, was er tun sollte– sie küssen? Sie um Verzeihung bitten?–, als Noan am Hang über ihnen erschien.
    Er winkte aufgeregt. » Das müsst ihr euch ansehen! «
    Ãœber der Höhle, in der sie genächtigt hatten, lag ein zerklüfteter Felsbrocken, der genügend Vorsprünge und Kanten bot, um daran hochzuklettern. Von hier oben bot sich ein weiter Blick in die zerklüftete Landschaft. Dazwischen hätte Gras wachsen sollen, frühlingsgrün, und junge Bäume, deren Blattknospen sich gerade öffneten. Tahan hätte sich auch nicht über fruchtende Obsthaine gewundert; er rechnete beinahe damit, dass Dasnaree auch hier die Jahreszeiten durcheinandergebracht hatte.
    Stattdessen lag die Erde bloß, aufgewühlt und geschändet. Kein Halm, kein Strauch, kein Baum wuchs hier mehr. Über dem Horizont hing der aufgewirbelte Staub wie eine dunkle Wolke, als wollte der Himmel mit der Erde verschmelzen. Im Tal unter ihnen kroch ein verspäteter Glassoldat aus einem der Löcher und rannte dem Heerzug ungelenk nach.
    Tahan spürte kaum, wie Jalimey sich an seinen Arm klammerte. » Bitte nicht diesen Weg. Bitte reite ihm nicht nach. «
    Â» Nein « , sagte Tahan. » Wir müssen einen anderen Weg finden, ihn aufzuhalten. Wir gehen zum Turm. «
    Â» Zum gläsernen Turm? « , fragte Jalimey. » Ich dachte, den habt ihr bereits zerstört. «
    Â» Der Baum spendet den Glasgestalten Leben « , sagte Tahan. » Er schmilzt den Sand aus der Erde heraus, er benutzt Dasnarees Träume, um ihn zu formen. Aber es ist der Turm, der daraus Kämpfer macht. Er ist der Erobernde, der Handelnde. Wenn er zerstört wäre, könnte Ree all das nicht tun. Es gibt nur einen Ort, wo der richtige Turm stehen kann. «
    Â» Ach? « Noan blinzelte verblüfft. » Wo denn? Der Standort ist seit Jahrhunderten vergessen, keine der alten Geschichten erwähnt ihn. Woher willst du auf einmal wissen, wo sich der gläserne Turm befindet? «
    Â» Es gibt einen Ort in Terajalas, der bemerkenswert beliebt ist. «
    Noans Gesicht blieb ratlos.
    Â» Das Jakont-Tal. Warum wohl gibt
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