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Die Saeulen der Macht

Die Saeulen der Macht

Titel: Die Saeulen der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maja Winter
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Niefon. » Die Helstener waren in der Übermacht, und diesmal ist kein flammender Held aufgetreten, um unsere Männer zu retten. « Er seufzte tief und wischte sich über die Augen. » Prinz Meriwan Dor Hojan ist gefallen. «
    Tahan taumelte zurück. » Meriwan ist tot? Wie ist das möglich? «
    Â» Wie das möglich ist? « , bellte Niefon. » Er war nicht unsterblich! Keiner von uns ist das! « Er war so aufgebracht, dass er sogar vergaß, Tahan zu schlagen, weil dieser die korrekte Anrede vergessen hatte.
    Â» Das Schlimmste ist, sie mussten nicht nur gegen Menschen kämpfen. «
    Â» Was soll das heißen, Sinor? «
    Noch hatte Tahan nichts von dem halb durchsichtigen Wildschwein erzählt. Vielleicht hatte er es nur geträumt, vielleicht hatte sich in seinem Kopf die Gestalt eines echten Tieres mit der Erinnerung an Dasnarees Glaskunstwerke vermischt. So oft, wie er an seinen Vetter dachte, konnte das durchaus geschehen sein.
    Niefon schüttelte den Kopf. » Mehr kann ich nicht dazu sagen. Für heute ist Trauer angeordnet, morgen wird ein Teil unserer Truppe am Flussufer nach Norden ziehen, um eine Weile zusammen mit der Fünften die Sechste im Wislan-Tal zu unterstützen. Sie werden hart bedrängt, da oben. Sehr hart. «
    Jede Nacht träumte Tahan von der alten Ruinenstadt, in der seine Erlösung wartete. Ein einziges Mal hatte er sie besucht, aber in seinen Träumen stand er Nacht für Nacht auf der zerstörten Mauer und hielt Ausschau nach dem Baum. Damals, bei Widians Verlobungsfest, hatte der Prinz kaum auf irgendwelche vertrockneten Pflanzen geachtet, das riesige Gerippe war lediglich etwas Großes am Rande seiner Wahrnehmung gewesen. In diesen kalten Winternächten jedoch, in denen der Wind um die aus Schnee errichteten Wälle pfiff, wurde der Baum das Wichtigste der Welt. Er erhob sich über den Trümmern und ragte in den Himmel. Seine schwarzverkohlten Äste breiteten sich über Schlösser und Paläste, über die Alleen, durch die früher die Adligen mit ihren Kutschen gefahren waren. Goldene Blütenblätter rieselten wie Schnee über ihre edlen langmähnigen Pferde. Musik lag in der Luft, der Nachhall einer Simbarine, von einem Meister gespielt. Ein roter Schein überzog den Horizont.
    Der Baum brannte. Feuer züngelte über seine Zweige. Jede Blüte war eine Flamme, jedes Blatt schwelende Glut. Er lebte. Fauchend und knisternd sang er. Das Feuer verzehrte ihn nicht, wie die Sonne über Terajalas brannte er und brannte, und die Funken flogen über die Dächer der Stadt… Der Prinz streckte die Hände aus, um einen von ihnen zu fangen, und pflückte eine schwebende Blüte aus der Luft. Sie wuchs in seiner Hand, ein wildes, lebendiges Feuer, das Wurzeln austrieb, die sich durch seine Haut bohrten.
    Tahan setzte sich ruckartig auf. Seine rechte Hand schmerzte, wie so oft in letzter Zeit. Seit er sich den scharfen Harzsplitter in die Handfläche getrieben hatte, bereute er seine Unachtsamkeit. Er hatte versucht, den Splitter herauszuziehen, aber ein Teil war abgebrochen, und er bekam ihn einfach nicht zu fassen. Die Stelle brannte und juckte ununterbrochen. Immer öfter musste er Brand in der Linken halten. Würde er hier sterben, an einer Blutvergiftung? Dann lieber im Kampf. Doch in den vergangenen Mondläufen, während der kalte, grimmige Winter einem nicht minder elenden Frühling wich, war sein Heldentum ein zuverlässiger Begleiter gewesen, und als Held starb es sich nicht so leicht.
    Die andauernden Schlachten zermürbten die Soldaten. Immer wieder fielen Männer, an die Tahan sich gewöhnt hatte, und neue rückten nach. Blasse Burschen, die beim Anblick der axtschwingenden Söldner vor Furcht mit den Zähnen klapperten, Bauern mit schwieligen Händen, die in die Knie gingen, sobald eine der fremdartigen gläsernen Bestien auf sie zustürmte.
    Es gab sie wirklich, und er war beileibe nicht der Einzige, der sie sah. Mittlerweile war es hier ebenso schlimm wie am Wislan, deshalb war Niefons Schar ins Jakont-Tal zurückgekehrt. Vielleicht hätten die Glastiere Dasnaree glücklich gemacht, denn sie sahen ein wenig aus wie seine winzigen Skulpturen– lebendig geworden und vergrößert. In seinen Briefen erzählte Tahan ihm davon. » Bist du sicher, dass deine Figuren noch vollzählig sind? « , schrieb er halb scherzhaft, halb von

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