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Die Saeulen der Macht

Die Saeulen der Macht

Titel: Die Saeulen der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maja Winter
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mit einem Schlag ins Gesicht davonkam, darüber konnte er am Ende noch froh sein.
    Wenn es ihm möglich gewesen wäre, sich heimlich davonzustehlen, er hätte es ungeachtet der drohenden Strafe getan. Der Fluch ließ sich nicht von Gedanken wie » Ich gehe hier nur kundschaften « austricksen; das hatte er gleich als Erstes ausprobiert. Er musste sich etwas anderes ausdenken.
    Fürst Ameer war der Mealinion dieses Grenzabschnitts, ihm unterstanden die vier Truppen am Jakont. Tahan hatte überlegt, ihm einen Brief zu schreiben, aber so wie er nicht über sein Dilemma reden konnte, so konnte er auch nicht darüber schreiben. Seine Kameraden machten sich darüber lustig, dass er einen Teil seines Soldes für eine Feder, Tinte und einige Bögen raues Papier ausgegeben hatte. Wenn er angestrengt darüber gebeugt dasaß und ihm die Schweißperlen von der Stirn tropften, während er nach unverfänglichen Worten suchte, amüsierte sie das erst recht.
    Â» Er kann lesen, wer hätte das gedacht! Und jetzt will der Ausländer sogar einen Brief schreiben, wie? « , höhnte Wilfir. » An wen denn, bitte schön? Gibt es tatsächlich jemanden, der auf eine Nachricht von dir hofft, Nackthals? «
    Â» Ja « , sagte Tahan gepresst. » Den gibt es. «
    Ein Mensch, ein einziger außer den Mönchen, wusste tatsächlich, was mit ihm passiert war. Dass es sich dabei um den Sohn des Kriegsherrn handelte, war ein Glücksfall. Wenn Dasnaree seinen Vater darum bat, Tahan aus der Armee zu entlassen, würde er sich von seiner Truppe entfernen können, ohne gegen irgendjemandes Befehle zu verstoßen. Der Fluchschmerz verweigerte ihm jedoch, seinen Namen aufzuschreiben, sogar ein schlichtes » Tahan « war unmöglich. Schließlich schrieb er auf den Briefbogen: » Vierte Truppe, am Wachturm, Jakont-Tal « und fügte die Bitte hinzu, ihm ein Entlassungsschreiben zu senden. Danach öffnete der Prinz Dasnarees Taschentuch, das sich immer noch in seinem Besitz befand. Wenn er einen Glassplitter unter die Zeilen klebte, müsste sein Vetter erraten können, von wem der Brief stammte. Aber die Splitter hatten sich mittlerweile in körnigen Staub verwandelt– darin würde Dasnaree überhaupt nichts erkennen. Es drängte Tahan danach, das Wappentier der königlichen Familie mit einigen wenigen Strichen zu malen, doch es war ihm nicht möglich. Blutiger Schweiß brach ihm aus, als er auch nur versuchte, den Kopf eines Hundes zu Papier zu bringen.
    Â» Hübsche Bilderchen für die Kinder? « , fragte Wilfir gehässig. » Gar für eine Geliebte? Ist es wahr, dass ihr euch in eurem unaussprechlichen Sumpf mit den Moorungeheuern paart? «
    Â» Wenn die Kinder zu hässlich werden, essen sie sie auf « , fügte Sinor Niefon hinzu, der sich nie zu schade war, bei den üblen Späßen seiner Untergebenen mitzumachen. » Sag es uns, wie viele hast du gefressen, weil sich sonst die Sonne verdunkelt hätte? «
    Tahan stand abrupt auf und ging davon. Wenn er keinen Splitter mehr besaß, musste er etwas Ähnliches nehmen, das Dasnaree für Glas halten würde. Die dunkle Harzschicht, die den Turm bedeckte, kam ihm da gerade recht. Die Wächter beobachteten ihn misstrauisch, als er auf den Turm zuschritt, doch erst als er mit dem Schwert ausholte, wurden sie munter.
    Â» Hast du so großen Hunger, Söldner, dass du jetzt schon den Mörtel von den Steinen kratzt? «
    Â» Er hält das für versteinerten Kot « , sagte ein Zweiter. » Wusstest du nicht, dass sie im Sumpf ihre Häuser aus Scheiße bauen? Sobald eine Hungersnot kommt, reißen sie alles ab und essen es auf. «
    Ohne ein Wort klaubte Tahan den Splitter auf, den er abgebrochen hatte, und ging zwischen ihnen hindurch zurück. Sicherheitshalber hatte er den Brief eingesteckt, sonst wäre er in der Zwischenzeit bestimmt verschwunden. Seine Hände zitterten ein wenig, als er den Splitter noch einmal zerteilte, um das Papier nicht zu beschädigen, und ihn schließlich mit einem Tropfen Wachs an die Stelle klebte, wo er für gewöhnlich mit seinem Namen und seinem Siegel unterzeichnete. Das Stückchen Harz war dunkler als Dasnaree Glas, aber der Junge würde hoffentlich trotzdem verstehen, wofür es stand.
    Â» Die Moorleute können gar nicht lesen « , meinte Niefon. » Irgendwann werden wir uns ihrer

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