Die Saeulen der Macht
rief noch einmal. » Ree! «
Dann die Erlösung, die vertraute Stimme, die » Halt! « befahl. » Wartet! Bringt ihn her! «
Hände griffen nach ihm, packten ihn. Er wehrte sich nicht, lieà es zu, dass sie ihm die Waffe entrissen, ihn grob vorwärtszerrten. Jede Berührung schmerzte, dennoch achtete er nicht darauf. Sein Blick begegnete Dasnarees unruhigen blauen Augen, in denen unzweifelhaft Erkennen stand. Erleichterung strömte warm durch Tahans Brust, eine Flut, die alle Ãngste und Sorgen fortspülte.
Sie stieÃen ihn vor das Pferd des Siljalinions, und jemand sagte: » Herr, das ist der Söldner, der entkommen war, der zweite Deserteur. Sollen wir ihn zu den beiden anderen stellen, Fürst Dasnaree Dor Ameer? «
Tahan hob den Kopf und sah Dasnaree lächeln. Sosehr er sich auch verändert hatte, dieses jungenhafte Lächeln war geblieben.
Einen Augenblick lang erwartete Tahan, dass sein Vetter ihn ansprach, dass er ausrief: Tahan, Prinz Tahan, welche Ãberraschung! Glühende Scham erfasste ihn bei der Vorstellung, dass alle ihn so sahenâ gedemütigt am Boden wie ein Sklave, und dabei der Sohn des Königs.
Vielleicht bemerkte Dasnaree dieses kurze Erschrecken in seinem Blick, denn er schloss den Mund wieder, besann sich. Dann erst sprach er den nächsten Befehl aus. » Ich will mit ihm redenâ im Lager. Bringt ihn in mein Zelt. «
» Und die Hinrichtung, Herr? « , fragte einer der anderen Adligen, die Stirn vor Missbilligung gerunzelt.
Auch er kam Tahan bekannt vor. Zandarian? Graf Zandarian? Jedenfalls war er ebenfalls auf Burg Ameer gewesen. Ein Mann, der fürchterlich Laute spielte.
» Die kann warten « , entschied Dasnaree.
Der Siljalinion ritt zurück zum Lager, während die vierundsechzig Soldaten wie gebannt dastanden. Ein Flüstern ging durch die Reihen. Jalimey schrie nicht mehr. Als zwei Männer Tahan hochrissen, sah er, dass ihr Tränen über die Wangen liefen, und Noan schien ihr etwas zuzuflüstern. Dann rissen die Soldaten den Prinzen fort, und ihm blieb nichts anderes übrig, als zwischen ihnen zurück ins Lager zu stolpern.
Dasnaree hatte nicht die Anweisung gegeben, ihn freundlich zu behandeln. Leider hatte er ebenfalls vergessen, seinen Männern mitzuteilen, dass sie Tahan auf ein Pferd setzen sollten. Stattdessen schlangen sie ihm Stricke um die Handgelenke und stieÃen ihn grob vor sich her, sie zerrten an seinen Armen und seinem Zopf, trieben ihn wie ein Stück Vieh.
Das weiÃe Zelt des Siljalinions stand in der Nähe des Wachturms, das Banner mit dem Zweig von Ameer hing schlaff herab, schneeverkrustet. Kein Wunder, dass es Tahan auf seiner Flucht nicht aufgefallen war.
Die Soldaten schleiften ihn ins Zelt und warfen ihn ihrem Befehlshaber, der bereits auf einem mit dicken Fellen gepolsterten Stuhl saÃ, vor die FüÃe.
» Ihr könnt gehen. «
» Herr, er ist gefährlich, sollten wir nicht⦠«
» Ich will mit diesem Mann reden « , sagte Dasnaree sanft. Er hatte immer noch diese helle, kindliche Stimme mit einem leichten Glucksen darin, wenn er sich freute. » Allein. «
» Ja, Herr. «
Sie zogen sich unter Verbeugungen zurück, und sofort sprang Dasnaree auf, kniete sich zu Tahan auf den Boden und half ihm hoch. Ãberschwänglich schlang er die Arme um ihn, küsste ihn auf die Wangen, warf ihn beinahe um wie ein stürmischer junger Hund.
» Tahan! Mein lieber Vetter. Du bist wieder da, du lebst! Was für eine Ãberraschung, dich hier zu finden! «
» Wenn du so freundlich wärst, meine Hände loszumachen? «
» Oh, natürlich. Verzeih mir. Ich kann es immer noch nicht fassen, dass du das bist, gesund und munter! «
Tahan fühlte sich weder gesund noch munter, wenn er ehrlich sein sollte.
Mit seinen dicken Fingern, die aus festen Lederhandschuhen herausragten, nestelte Dasnaree an den Fesseln herum. » So, geschafft. Es ist mir unerträglich, dich in diesem Zustand vor mir zu sehen. Setz dich doch. «
» Du hast sie immer noch. Meine Handschuhe. «
» Was? Ach so, ja. Ich musste sie umarbeiten lassen, mittlerweile sind meine Hände gröÃer als deine. «
» Du hast sie immer noch « , sagte Tahan erneut, denn seine Stimme reichte nicht für den einfachen Satz: Du hast mich nicht vergessen. Es war ungewohnt, auf einem erhöhten Stuhl zu sitzen, neben einem Adligen,
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