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Die Saeulen der Macht

Die Saeulen der Macht

Titel: Die Saeulen der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maja Winter
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als hätte jemand ein Schwein geschlachtet. Sie hatten ein Feuer entzündet, obwohl die Sonne noch hoch stand, und ihn danebengelegt, trotzdem war ihm kalt. Natürlich, diese Idioten hatten ihn halb entkleidet. Sein Bauch war nackt, und irgendjemand– vielleicht Jalimey, was eine schöne Vorstellung war– hatte ihm sogar die Wollhose ausgezogen.
    Â» Halt still « , sagte sie. » Sonst fängt es gleich wieder an zu bluten. «
    Er betrachtete die Wunden in seinem Bauch, dann die Löcher, die sein Bein verunzierten. Jalimeys Hände waren blutverschmiert, und vor sich hatte sie ein Tuch ausgebreitet, auf dem unzählige Glassplitter lagen.
    Â» Sie sitzen zu tief « , sagte sie. » Ich kann sie nicht alle herausziehen. Manche Stücke sind groß wie Eiszapfen, aber ich bekomme sie nicht zu fassen. Die Enden sind so scharf, dass ich sie nicht berühren kann, ohne mich zu schneiden. «
    Sie biss sich auf die Lippen.
    Â» Ich werde nicht sterben « , sagte er. » Das ist kein Glas, das sind Zweige. Sie wachsen durch mich hindurch. «
    Â» Du redest wirres Zeug, Söldner. Ich habe gesehen, wie der Hirsch dich aufgespießt hat. « Sie zögerte. » Ich habe es gesehen, verstehst du? Ich weiß jetzt, was du bist. «
    Hatte Noan ihn etwa doch verraten, obwohl Tahan es ihm verboten hatte?
    Â» Du bist kein gewöhnlicher Mensch « , fuhr sie fort. » Du standest in Flammen! Es war unglaublich. Du und dein Pferd, ihr wart mitten im Feuer. Ich dachte schon, du seist ein Gott– was mich sehr gewundert hätte, ehrlich gesagt. Versteh mich nicht falsch, aber es wäre mir gar nicht recht gewesen, wenn du ein Gott wärst und ich vor dir niederknien müsste. Ebenso wenig ist es mir recht, wenn du hier einfach verblutest. «
    Â» Und du meinst, ich rede wirr? « Er zog seine Tunika nach unten, um sich zu bedecken. Schon wieder war seine Kleidung schmutzig und zerrissen. » Wo ist meine Hose? «
    Jalimey reichte ihm einen blutigen Lumpen.
    Â» Die doch nicht, die andere aus meinem Gepäck. «
    Sie machte sich an seinem Reisebeutel zu schaffen, wobei eine steile Zornfalte ihr Gesicht furchte. » Was glaubst du, wer du bist? Ich bin nicht deine Sklavin. «
    Â» Trotzdem hätte ich jetzt gerne eine Hose. «
    Er wischte sich das Blut vom Bein, rieb es mit sauberem Schnee ab und zog sich an. Mit einer Sicherheit, die ihn selbst erstaunte, wusste er, dass er nicht tödlich verletzt war. Die Splitter waren in ihm, und er konnte sie fühlen, auch wenn er sich nicht bewegte, aber er hatte nicht vor, klein beizugeben. Der Dunkle war da, in ihm, und obwohl Tahan nicht hätte erklären können, was das eine mit dem anderen zu tun hatte, spürte er, dass es so war – als hätte das dunkle Gesicht ihn mit den Augen des Hirsches angesehen. Der Dunkle war jemand, der nicht fragte, sondern sich seinen Weg mit Gewalt bahnte.
    Ohne mich, dachte Tahan entschlossen.
    Â» Du bist nicht unverwundbar, aber du lebst « , beschwerte Jalimey sich, während sie ihm seinen Mantel an den Kopf schleuderte. » Was bist du? Ein Magier? Ein Krieger? «
    Genugtuung erfüllte ihn. Nein, er war noch lange nicht am Boden. Doch als er sich aufrichtete, trafen ihn die Schmerzen unvorbereitet, und um ein Haar wäre er ins Feuer gestolpert. Jalimey konnte ihn gerade noch festhalten.
    Noan kam mit raschen Schritten zu ihnen. » Ihr Götter! Ihr… du lebst! « Er musterte Tahan voller Staunen.
    Â» Da ist überall Glas in ihm « , klagte Jalimey. » Trotzdem ist er einfach aufgestanden! Was stimmt eigentlich nicht mit diesem Kerl? «
    Was nicht mit ihm stimmte? In Rajalan war die Antwort, er wusste es. Dort, wo der tote Baum auf ihn wartete. Ergib dich …
    Nein, er würde sich nicht ergeben. Sich niemals den Wünschen anderer beugen– weder dem Baum noch einem Menschen, nicht Dasnaree und nicht Noan. Tahan musterte den Jungen nachdenklich. Jeder Sklave war findig genug, um die Schlupflöcher in den Befehlen seines Herrn zu entdecken. Noch musste er ihm gehorchen, was die spannende Frage aufwarf, ob Noan ihm den ausdrücklichen Befehl erteilt hatte, sie nach Mai-Senn zu führen. Nein, das hatte er nicht.
    Â» Weiter nach Norden? « , fragte Noan zweifelnd.
    Â» Wir müssen nach Osten « , beharrte Jalimey. » Mai-Senn liegt östlich von hier. Dort drüben geht die Sonne auf, also müssen wir

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