Die Säulen der Schöpfung - 13
zu Boden gingen, taumelte Oba zwischen ihnen hindurch und setzte dem kleinen Dieb nach. Clovis bremste unvermittelt ab, schaute erst nach links, dann nach rechts. Oba warf sich auf den in Lumpen gehüllten Gauner, doch das schmächtige Kerlchen konnte gerade noch rechtzeitig in eine Seitenstraße entwischen und unter Obas griffbereiten Armen hindurchschlüpfen. Oba griff ins Leere, bekam nur einen winzigen Stoffetzen vom Ärmel des Mannes zu fassen und landete mit dem Gesicht im Staub.
Während Oba sich mühsam wieder aufrappelte, sah er Clovis über ein Feuer am Straßenrand hinwegsetzen, über dem Streifen aufgespießten Fleisches gegrillt wurden, und zwischen angepflockten Pferden verschwinden. Für einen Buckligen war er ziemlich flink auf den Beinen. Aber Oba war groß und kräftig – und schnell war auch er; auf seine Leichtfüßigkeit hatte er sich schon immer etwas eingebildet. In hohem Bogen setzte er über das Grillfeuer hinweg und rannte zwischen die Pferde, um sein Opfer nicht aus den Augen zu verlieren.
Die rücksichtslos zwischen ihnen rennenden Männer ließen die Pferde scheuen; einige Tiere gerieten in Panik und bäumten sich auf, rissen ihre Leinen los und sprengten auf und davon. Plötzlich warf sich der Mann, der sie bewachte, Oba in den Weg und überhäufte ihn mit Flüchen und Beschimpfungen. Sein Augenmerk ausschließlich auf den Burschen gerichtet, den er verfolgte, wischte Oba den aufgebrachten Mann mit einer Handbewegung aus dem Weg. Immer mehr Pferde bäumten sich auf, während Oba ohne innezuhalten dem Dieb hinterherjagte.
Im Grunde brauchte Oba sein Geld nicht unbedingt zurück, schließlich war er jetzt vermögend. Aber hier ging es nicht um Geld, hier ging es um ein Verbrechen, um Verrat. Oba hatte den Mann bezahlt und ihm vertraut – und war im Gegenzug betrogen worden.
Schlimmer noch, er war für dumm verkauft worden. Seine Mutter hatte ihm stets eingeredet, er sei dumm. Oba der Einfaltspinsel, hatte sie ihn immer genannt. Oba würde nicht zulassen, daß ihn jemals wieder jemand zum Narren hielt; und er würde nicht zulassen, daß seine selbstgefällige Mutter Recht behielt.
Obas triumphale Rückkehr aus dem Sumpf, reicher denn je zuvor, war schließlich nicht Clovis’ Verdienst. Nein, die hatte er allein sich selbst zu verdanken. Gerade als er glaubte, wieder bettelarm zu sein, hatte er das Geheimnis eines Schatzes lüften können, der ihm letzten Endes aus einer ganzen Reihe von Gründen zustand.
Clovis hatte das alles ausgeheckt und ihn im Glauben, er sei tot, zurückgelassen. Er hatte ihn umbringen wollen. Daß Oba überlebt hatte, war ebenfalls nicht Clovis’ Verdienst. Wenn man es sich recht überlegte, war der Mann ein Mörder, ein Totschläger. Eigentlich wäre das Volk D’Haras Oba zu Dank verpflichtet, wenn er diesen gemeinen, kleinen Verbrecher einer schnellen gerechten Strafe zuführte.
Clovis flitzte um einen Eckstand herum, an dem Hunderte aus Schafshorn hergestellte Gegenstände feilgeboten wurden. Wegen seines größeren Gewichts schoß Oba über die Ecke hinaus und rutschte beim Versuch, den Körper herumzureißen, im Pferdemist weg, doch dank einer gewaltigen Kraftanstrengung und ebenso großen Geschicks gelang es ihm, sein Gleichgewicht zu wahren und sich auf den Beinen zu halten. Als Clovis sich spöttisch grinsend umdrehte, offenbar in der sicheren Erwartung, Oba im Morast zu sehen, mußte er mit Entsetzen feststellen, daß Obas massiger Körper in höchstem Tempo auf ihn zugeschossen kam.
Clovis, offenbar von der erschreckenden Erkenntnis getrieben, daß ihn die Gerechtigkeit zu ereilen drohte, stürzte sich in die nächstbeste provisorische Gasse. Mittlerweile war Oba unmittelbar hinter ihm, packte die flatternden Lumpen an der Schulter und riß Clovis herum, so daß der Kerl ins Straucheln geriet. Unbeholfen mit den Armen rudernd, versuchte er sich auf den Beinen zu halten und gleichzeitig zu entwischen.
Clovis’ Augen weiteten sich, erst vor Überraschung, dann wegen des Drucks der sich wie ein Schraubstock um seine Kehle schließenden Hand. Ob es ein Schrei war oder eine flehentliche Bitte, die er hervorzustoßen versuchte – an Obas eisenharten Fingern drang nichts vorbei.
Oba schleifte den um sich tretenden, sich windenden kleinen Dieb zwischen zwei Wagen. Der schmale Zwischengang lag wegen der Segeltuchplanen über den Wagen im Schatten. Am hinteren Ende des engen Zwischenraums stand ein Stapel Kisten. Oba blockierte die schmale Öffnung
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