Die Säulen der Schöpfung - 13
Zauberer zu Wege bringen könnte, um eine Armee – sogar eine Armee wie die unsrige – abzuwehren.«
Jagang machte ein ungläubiges Gesicht. »Ihr wollt doch nicht etwa behaupten, dieser klapprige alte Zauberer könnte das an einem Ort wie dieser Burg alles ganz allein bewerkstelligt haben?«
»Dieser eine klapprige alte Zauberer, wie Ihr ihn zu nennen beliebt, hat soeben das Unmögliche vollbracht. Nicht nur, daß er ein vermutlich vor Jahrtausenden konstruiertes Lichtnetz aufgestöbert hat, es ist ihm, was noch unbegreiflicher ist, auch noch gelungen, es auszulösen.«
Jagang wandte sich ab und starrte hinüber zu der Stelle, wo der Lichtschein endlich zu erlöschen schien. »Gütiger Schöpfer«, entfuhr es ihm leise, »genau dort drüben lagert die Armee.« Er wischte sich mit der Hand über seinen kahl geschorenen Schädel, während er die schauderhaften Folgen überlegte. »Wie ist es nur möglich, daß sie ein Lichtnetz inmitten unserer Armee entzünden? Dagegen sind wir doch abgesichert! Wie?«
Schwester Perdita senkte den Blick zu Boden. »Wir haben keine Möglichkeit, das herauszufinden, Exzellenz. Es könnte etwas so Einfaches gewesen sein wie ein uraltes Kästchen mit einem Lichtnetz darin, von dem er sämtliche Sicherungsvorkehrungen entfernt und es anschließend zurückgelassen hat, damit wir zufällig darauf stoßen. Vielleicht hat es einer unserer Männer beim Aufschlagen des Lagers gefunden, sich gefragt, was das kleine, unverdächtig aussehende Kästchen wohl enthalten mag, es geöffnet, und das Tageslicht wurde schließlich zum entscheidenden Auslöser. Aber es könnte auch etwas vollkommen anderes sein, das wir uns nicht einmal im Traum hätten ausdenken oder vorstellen und noch viel weniger hätten verhindern können. Wir werden es nie erfahren. Wer immer es ausgelöst hat, ist jetzt Teil jener gewaltigen Staubwolke, die dort über dem Flußtal steht.«
»Exzellenz«, sagte Sebastian, »ich rate dringend, die Armee von hier abzuziehen und den Rückzug zu befehlen.« Er hielt inne, als ein heftiger Schmerz ihn zusammenzucken ließ. »Wenn sie imstande sind, derartige Kräfte zu ihrer Verteidigung zu entfesseln, könnte eine Eroberung der Burg unmöglich sein – trotz der mit der Gabe Gesegneten und des Schutzes, den sie uns bieten.«
»Aber wir haben keine andere Wahl!«, brüllte Jagang.
Sebastian mußte warten, bis der stechende Schmerz ein wenig nachließ. »Ein Verlust dieser Armee, Exzellenz, bedeutete für Lord Rahl einen absoluten Triumph. So einfach ist das. Aydindril lohnt das Risiko nicht, als das es sich herausgestellt hat.« Hier sprach weniger der Sebastian, den Jennsen kannte, als vielmehr der oberste Stratege der Imperialen Ordnung. »Es wäre besser, sich zurückzuziehen und bei einer anderen Gelegenheit zu kämpfen, wenn wir die Bedingungen festlegen, und nicht sie. Die Zeit arbeitet für uns, nicht für sie.«
Sprachlos vor Zorn starrte Kaiser Jagang in die Richtung seiner bedrohten Armee, während er sich Sebastians Ratschlag durch den Kopf gehen ließ. Unmöglich zu sagen, wie viele Männer soeben ihr Leben verloren hatten.
»Das ist das Werk Lord Rahls«, meinte Jagang schließlich mit leiser Stimme. »Er muß ausgeschaltet werden. Im Namen des Schöpfers, er muß unschädlich gemacht werden.«
Jennsen machte sich ein weiteres Mal bewußt, daß nur sie allein diese Tat ausführen konnte.
51. Kapitel
Jennsen lief im schummrigen Licht des Zeltes nervös auf und ab, ihre Schritte waren auf den tiefen Teppichen des Kaisers allerdings kaum zu hören. Neben dem vorderen Zelteingang hielt eine Schwester Wache und achtete darauf, daß niemand das Zelt betreten und den Kaiser stören oder – noch weitaus wichtiger – ihm ein Unheil zufügen konnte. Draußen patrouillierte ein beeindruckendes Kontingent aus Wachen das gesamte Gelände, darunter auch einige Schwestern.
Außer Auf- und Ablaufen konnte Jennsen im Augenblick nichts tun. Ihr Bauch hatte sich vor lauter Sorge um Sebastian zu einem harten, schmerzhaften Knoten zusammengezogen. Auf dem langen Ritt zurück ins Feldlager hatte er das Bewußtsein verloren, und nach Aussage Schwester Perditas war sogar sein Leben in Gefahr. Die Vorstellung, daß er sterben könnte, war für Jennsen völlig unerträglich.
Nach seinem starken Blutverlust und den Strapazen des langen, beschwerlichen Ritts in Begleitung der zerlumpten Überreste seiner Kavallerie war auch Kaiser Jagangs Zustand überaus ernst, trotzdem hatte er sich
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