Die Säulen des Feuers
Ruine von Roxanes Haus in absoluter Panik, in grauenvoller Furcht verließ, während ihr Herz vor Angst hämmerte, nicht vor dem, was in der Nacht sein Unwesen trieb, sondern in ihrer eigenen inneren Dunkelheit – etwas, das sie Spiegel meiden ließ und den Anblick ihrer eigenen Augen. So saß sie vor dem Kamin und warf Magie in das Feuer und in den Wind und in die Höllentore, bis die Kraft erschöpft war, diese Kraft zu lenken und zu beherrschen. Dann stahl sich das Feuer in ihre Knochen und ihr Inneres und schwelte dort.
Wieder grollte Donner, Instabilität in der Welt, Feuer im Himmel.
Schaudernd atmete sie, schickte dem blonden Rankaner quälende Träume, stemmte sich auf die Füße, griff nach ihrem Umhang und schlang ihn mit sorgfältiger Selbstzucht um sich.
Die Tür schwang krachend auf, die Kerzenflammen flackerten einen Augenblick weißglühend auf und beruhigten sich wieder.
So schwierig war es, die kleinen Dinge im Griff zu behalten. Das geringste Schulterzucken konnte tödlich sein. Ihr Blick könnte mehr als nur bannen. Er könnte eine Seele entblößen. Sie zog die Kapuze ins Gesicht und trat hinaus in den Wind und die Nacht.
Hinter ihr krachte die Tür zu, und das Eisentor quietschte heftig, als es aufschlug. Der Wind faßte nach ihrem Umhang und spielte mit ihm mit einer Kraft, die Freistatt dem Erdboden hätte gleichmachen können.
»Verdammt, nein ! Laß mich in Ruhe!« Woraufhin Straton die Stube in der Magierunterkunft verließ und die Außenstiege hinunterstapfte.
Und Crit alleinließ, während seine Worte in der Stube und der Dunkelheit verhallten.
Crit rannte durch die Tür zum Treppenabsatz. »Strat!« rief er hinter ihm her. »Strat!«
Da blieb Straton stehen und blickte zu seinem linken Führer hoch, dem Mann, dem er sein Leben ein dutzendmal verdankte, und der ihm etwas schuldig war. »Warum hast du nicht geschossen? Warum hast du nicht auf den Abzug gedrückt, als du in den Garten kamst, wenn du so verdammt überzeugt bist? Frag mich, warum in Freistatt die Dinge zur Hölle gegangen sind – du kommst verdammt spät zurück und dann gibst du mir die Schuld, obwohl ich die Stadt am Leben erhalten und dafür gesorgt habe, daß nicht das ganze Blut in die verfluchte Gosse fließt …«
Crit stapfte die Stiege hinunter und lehnte sich an das hölzerne Geländer. »Davon rede ich nicht. Sondern von deiner Wahl der Verbündeten. Verdammt, Strat, wach auf.«
»Wir sind hier nicht unter uns. Reden wir später darüber. Aber mit später meine ich nicht heut nacht!«
Crit kam noch eine Stufe weiter hinunter und versperrte ihm den Weg. »Hör zu! Wir haben das Hexenluder vertrieben! Die andere hat dich eingesteckt. Nicht du hast den Befehl über die Stadt. Du hast ihn schon lange verloren. Ich weiß nicht, wieso zum Teufel du noch am Leben bist, aber wenn der Geheimnisvolle dich in die Hände kriegt, ist's aus mit dir – verdammt, Strat, was hast du mit deinem Verstand gemacht? Du weißt, was sie ist, du weißt, was sie tut …«
»Sie hat mich vor Wochen umgebracht. Ich bin eine wandelnde Leiche. Sicher, Crit. Bei Vollmond bin ich am besten. Verdammt, ihr verdanken wir es, daß wir die Nisibisihexe los sind; ihr, daß ihr hier noch eine Stadt vorgefunden habt; ihr, daß das Reich überhaupt noch einen Arsch hat. Ich sag' dir, was dich juckt, Crit: daß du weißt, daß dein Partner verdammt recht gehabt hat und du dich geirrt hast; daß du dir schon deine Meinung gebildet hast, bevor du hier angekommen bist, und daß du mich als Verräter gesehen hast – deshalb bist du doch gekommen, nicht wahr? Um mich niederzuschießen wie einen tollen Hund, falls ich dir an die Kehle springe. Es ist nicht ansteckend, Crit! Es ist nicht mal wahr. Sie schieben ihr jede Leiche, die in der Gosse gefunden wird, in die Schuhe. Also wirklich, als ob es keine Leichen gegeben hätt', ehe sie in die Stadt gekommen ist. Also, ich war bei ihr, als diese Gerüchte immer weiter die Runde machten; ich weiß verdammt genau, wo sie in den fraglichen Nächten war; trotzdem hängt man ihr die Morde an!«
»Dabei ist sie so unschuldig wie ein neugeborenes Lämmchen, also wirklich, Strat! Denk daran, die Katze läßt das Mausen nicht! Du hast bloß bisher verdammt viel Glück gehabt! Ich rate es dir nur; aber der Geheimnisvolle wird es dir befehlen, halt dich fern von ihr!«
»Halt du dich aus meinen Angelegenheiten raus!« Strat schlug die angebotene Hand zur Seite und rannte die restlichen Stufen
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