Die Säulen des Feuers
Es war blaues Licht. Es war …
Sie rannte zum Fenster, riß den Innenladen auf, dann das Fenster, und hob sich vom Fußboden des Schlafgemachs in den Wind, der den Vorhang zurückwehte, ohne zu fragen, ob sie die Kontrolle hatte oder wußte, wohin sie sollte. Randals Schrei verriet absolute Panik und schallte auf und ab in schrillen Echos durch die ganze Stadt.
Ischade! Hilfe!
Es ist Roxane!
»Sie ist weg«, flüsterte Haught und stand auf. »Sie ist anderswo beschäftigt. Es ist alles …« »Was machst du?« Moria erhob sich aus dem Staub des Lagerhauses von den modernden Säcken, die ihr Stilcho als Sitz gebracht hatte. Ihr Fuß schmerzte noch, blutete jedoch nicht mehr. Sie taumelte und blickte blinzelte zu dem zum Zauberer avancierten Exsklaven, ihrem Haught, der hochaufgerichtet stand und zu der kahlen Wand des verrottenden Lagers starrte, als könnte sein Blick hindurchdringen. Stilcho griff nach Morias Arm, als sie auf den Füßen schwankte. Seine Hand war kühl, aber nicht kalt, jedenfalls ganz gewiß nicht von der Todeskälte, die sie immer zu spüren erwartete. Er stützte sie, und sie hielt sich einen Augenblick lang an ihm fest; und dann war Haught von einem Herzschlag zum anderen nicht mehr da.
Donnerkrachen erschütterte das Haus, ein Windstoß zerrte an ihrer Kleidung und ihrem Haar und zog sie zu der Stelle, wo Haught soeben noch gestanden hatte. Und ihr Schädel barst schier, als Haughts Stimme darin und in ihrer Seele und in ihren Knochen und Eingeweiden schallte:
Geh heim! Sie ist jetzt nicht dort. Ich werde dich im Haus aufsuchen!
Eine Drohung sprach aus diesem Befehl. Wut und Eifersucht und ein Hinweis, was diese Macht zu tun imstande war, die ihr nun den Schädel zerriß.
All das und Abscheu vor ihrem Schmutz. Haught war immer sehr pingelig gewesen.
Toter Mann und verdammte Schlampe, wartet auf mich!
Sie schluchzte. Es war mehr als eine Stimme. Es drang in ihre Seele, und noch nie zuvor hatte sie sich so schmutzig, so klein und so wertlos in der Welt gefühlt.
Stilcho drückte tröstend ihren Kopf an seine Brust. Sie hörte sein Herz schlagen, und das verwirrte sie, durch ihren Schmerz, durch ihre Benommenheit, noch mehr. Sie hatte nicht gedacht, daß es überhaupt schlug.
Die Tür von Molins Studiergemach schwang weit auf, schmetterte gegen die Wand, daß Bücher und Schriftstücke vor die Füße der Erscheinung fielen, die halb nackt und wild hereinstolperte, geradewegs auf ihn, auf seinen Schreibtisch zu.
Und die Tonkugel, die da/nicht da war.
Molin machte einen Satz, der Niko mitten im Sprung aufhielt, und beide rollten über die Schreibtischplatte und hinunter. Der Kranke drehte sich, und so schlug Molin unter ihm auf, daß sein Schädel auf den Boden krachte, es ihm den Atem raubte und Sterne vor seinen Augen funkelten. Niko versuchte sich schwitzend loszureißen, und seine glatte nackte Haut bot wenig Halt, als er auf die Füße kam.
Molin umklammerte das Bein des Stiefsohns mit beiden Armen, rollte herum und brachte ihn erneut zu Fall. Der Stuhl kippte dabei um. Rufe kamen näher, und er wußte, daß er auf Hilfe hoffen konnte, wenn es ihm nur gelang, diesen Wahnsinnigen, der sich drehte und wand, um an ihn heranzukommen, solange festzuhalten. Er beugte das Knie, packte das Fußgelenk, brachte seinen eigenen Fuß herum, um ihn in Nikos Gesicht zu schmettern.
»Haltet ihn fest!« rief jemand an der Tür.
»Niko!« Das war Tempus.
Und etwas krachte in einem Regen von Splittern durch die Fensterscheibe, etwas, das kurz mitten in der Luft zu hängen schien und dann in einem Wirbel von schwarzem Umhang, schwarzem Haar und dunkler Haut vor Molins benommenem Gesicht auf dem Boden aufprallte.
Ischade lag wie tot da – mit offenem Mund, einer Strähne über den offenen Augen, einem ausgestreckten nackten Arm, wie Krallen gekrümmten Fingern und ohne das geringste Lebenszeichen. Blut kam aus Schnittwunden am Arm, es quoll nicht, sickerte nur und bildete sich langsam zu einer Lache zwischen den Glasscherben. Er hatte Zeit, all das zu sehen, denn Niko war plötzlich unter Molin erschlafft. Ischade atmete überhaupt nicht, und er hatte verzweifelte Angst, daß auch Niko nicht mehr atmete.
Er stemmte sich mit beiden Armen hoch und bekam Hilfe, als eine starke Hand nach ihm griff und zog. Tempus stapfte herein, schob den Eichenschreibtisch zur Seite, um Platz zu schaffen und Niko aufzuheben.
»Er ist zusammengebrochen«, sagte Molin, »er ist einfach …«
Er konnte nicht mehr
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