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Die Säulen des Feuers

Titel: Die Säulen des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Asprin
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glühte eigenartig, wurde lavendel und weiß, und die oberen Stockwerke der Häuser verschwammen. Der Pfeil schmerzte nicht sonderlich.
3
    Moria sah ihn fallen und überlegte nicht lange. Sie rannte hinaus auf den Bürgersteig, während Stilcho ihr nachschrie und das braune Pferd sich hysterisch über Straton bäumte. Sie rannte, und ein Männerarm schlang sich um ihre Taille und riß sie zurück in die Sicherheit des Eingangs. In diesem Moment erkannte sie, daß sie gerade ihr Leben für einen Mann in Gefahr gebracht hatte, der auch einer der IHREN war und den sie erst zweimal in ihrem Leben gesehen hatte; der die Treppe herunter an ihr vorbeigestürmt war, sie schmerzhaft gegen die Wand gestoßen hatte und hinausgerast war, als wäre die Hölle hinter ihm her.
    Sie konnte so starken Schmerz durchaus verstehen. Das Mitgefühl hatte sie hinter ihm herlaufen lassen, nichts anderes. Und nun nahm Stilcho die Hände von ihrer Taille, während Zeit und Bewegung sich erschreckend verlangsamten, drehte sich mit fliegendem Umhang und zurückfallender Kapuze um, die normalerweise sein entstelltes Gesicht verdeckte – einen Moment lang war ihr die gute Seite zugewandt, die mit dem Auge. Sein Mund stand nach Atem schnappend offen, die Beine trugen ihn in einem weiten Satz auf die Straße. Er schlitterte geduckt unter die Beine des Braunen, faßte den Stiefsohn am Kragen und zerrte ihn zur Tür. Er blickte auf, als er kam, sein einäugiges Gesicht war verzerrt und bleich, der Mund geöffnet, das dunkle Haar flatterte.
    »Hinein!« brüllte er ihr zu.
    Ein Pfeil schoß mit einem unheildrohendem Laut vorbei, den man ihr einmal beschrieben hatte und den sie sofort erkannte. Sie wirbelte herum, durch die Tür und in die Ecke daneben, und sah den Pfeil auf dem Läufer liegen, als Stilcho den Stiefsohn an ihr vorbei in die Halle zog.
    Moria warf sich gegen die Tür, schmetterte sie mit aller Kraft zu, schob den Riegel vor, dann hastete sie, die Fenster im Salon zu schließen, duckte sich unter ihnen, warf die Innenläden zu und sicherte sie. »Shiey!« brüllte sie. »Verriegle die Hintertür und alle Fenster! Beeil dich!«
    Etwas krachte in der Küche. Von der Straße war Hufklappern zu hören. Der Braune, der noch unter dem Fenster stand, wieherte laut und stampfte erregt. Hufe schlugen aufs Pflaster dicht beim Fenster; und noch ein Laden knallte an der hinteren Hausseite zu.
    »Oben!« keuchte Stilcho. Er kauerte über dem bewußtlosen Stiefsohn, dem er die Kleidung um die Wunde herum wegschnitt; eine Wunde, die vielleicht hoch genug war, daß der Pfeil die Lunge verfehlt, jedoch möglicherweise die Schlagader unter dem Schlüsselbein getroffen hatte. Blut war überall. Stilcho hob das bleiche Gesicht, das vor Anstrengung verzerrt war. »Die Läden im ersten Stock, Moria! Aber sei vorsichtig!«
    Moria schnappte nach Luft. »Hilf ihm!« schrie sie, als die Köchin panikerfüllt herbeigewatschelt kam, die einhändige Shiey, die als Köchin noch weniger taugte, als sie als Diebin getaugt hatte. Aber mit Verletzungen kannte sie sich aus. Es waren Dienstboten im Haus, die verschiedenerlei Verwendung für Messer und Strick hatten. Sie schaute sich nicht um, um zu sehen, was sie tat, sondern schoß die Treppe hinauf, ohne auf den Schmerz im Fuß zu achten, denn nur die schreckliche Angst bewegte sie, daß ein Laden offenstehen und jemand sogar durch den ersten Stock eindringen könnte …
    Sie erreichte das Schlafgemach und erstarrte an der Tür.
    Nicht ein Laut quoll aus ihrer Kehle. Sie war Moria von der Straße und hatte schon so manche Leiche gesehen, ja, einige selbst gemacht.
    Doch der Anblick des Mannes, der sie vor kurzem erst geliebt hatte und der jetzt tot auf dem Boden lag, verkrampfte ihr das Herz und drehte ihr den Magen um. Dann schluckte sie, hastete geduckt zum Fenster und verriegelte den Innenladen.
    Dann rannte sie an dem Toten vorbei, hinaus aus diesem schrecklichen Gemach und hinunter in die tröstliche Anwesenheit Stilchos, denn der lebende Tote war der einzige Verbündete, der ihr geblieben war, hinunter zu dem Stiefsohn, der wie sie aus diesem Zimmer gestürzt war.
    Er lag noch auf dem Boden in der Halle, neben der Treppe. Stilcho beugte sich über ihn. Er hatte inzwischen seinen Umhang zusammengerollt und unter den Kopf des Verletzten geschoben. Als sie die unteren Stufen erreichte, blickte Stilcho auf. Sein Gesicht und das des Stiefsohns auf dem Boden waren gleich blaß.
    »Er heißt Straton«, sagte Stilcho.

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