Die Saga vom Dunkelelf 5 - In Acht und Bann
lehnte heftig den Kopf schüttelnd das Angebot ab. Seine weiße Mähne flog herum. Dann riß er den Säbel aus der Scheide, und es interessierte ihn kaum, ob der Fuß des Riesen in seiner Falle steckte.
»Ich töte dich!« kreischte Lagerbottoms, der die plötzliche Veränderung registrierte. Der Riese hob seinen Prügel hoch und machte einen großen Schritt nach vorn, der von dem efeuartigen Ast, der sich um seinen Knöchel schlang, behindert wurde.
Drizzt unterdrückte den Wunsch, sofort zu dem Riesen zu laufen, und rief sich in Erinnerung, dass die Falle ihren Zweck erfüllte. Außerdem fiel ihm wieder seine momentane Konstitution ein, in der es ihm Mühe machen würde, gegen den kräftigen Bergriesen anzutreten.
Lagerbottoms schaute nach unten und brüllte vor Wut. Der Zweig war nicht gerade eine richtige Schnur, und insofern saß die Schlinge auch nicht fest. Wenn Lagerbottoms hinuntergefaßt hätte, hätte er die Schlinge mühelos abziehen können. Aber Bergriesen waren noch nie für ihre Intelligenz bekannt gewesen.
»Ich töte dich!« schrie der Riese wieder und zerrte mit aller Kraft an dem Ast. Durch Lagerbottoms Zerren rollte der riesige Felsen, unter dem das andere Ende des Astes versteckt war, aus dem Gebüsch und schlug gegen Lagerbottoms.
Lagerbottoms wollte gerade ein drittes Mal aufschreien, aber dazu war er nicht mehr in der Lage. Der schwere Prügel fiel zu Boden und der Riese, der die Hand auf den Rücken legte, fiel auf ein Knie.
Drizzt zögerte kurz – er war unentschlossen, ob er wegrennen oder den Riesen töten sollte. Um sich hatte er keine Angst, der Riese würde ihn nicht sobald verfolgen, aber er konnte den widerlichen Gesichtsausdruck des Riesen nicht vergessen, als das Monster vorgeschlagen hatte, dass sie gemeinsam töten sollten.
»Wie viele Familien willst du noch umbringen?« fragte Drizzt in der Dunkelelfsprache.
Lagerbottoms verstand ihn nicht. Seine Schmerzen waren so groß, dass er nur grunzen und knurren konnte.
»Wie viele?« fragte Drizzt noch einmal. Seine Hand fuhr zum Knauf seines Krummsäbels, seine Augen wurden zu drohenden, kleinen Schlitzen.
Und dann stürzte er schnell und mit voller Wucht auf den Riesen zu.
Benson Delmo war außerordentlich erleichtert, als die Gruppe aus Sundabar – Taube Falkenhand, ihre drei Kampfgefährten und Fret, der weise Zwerg – später an jenem Tag noch eintrafen. Der Bürgermeister bot der Truppe Essen und Ruhestätten an, aber sobald Taube von dem Gemetzel auf der Distelwolle-Farm gehört hatte, zogen sie und ihre Begleiter zusammen mit dem Bürgermeister, Roddy McGristle und einigen neugierigen Bauern im Schlepptau los.
Taube war unübersehbar enttäuscht, als sie auf dem abgelegenen Bauernhof eintrafen. Hunderte von Fußspuren hatten wichtige Beweise zunichte gemacht, und viele der Gegenstände in dem Haus, sogar die Leichen, waren berührt und verlegt worden. Dennoch liefen Taube und ihre erfahrenen Begleiter zielsicher herum und versuchten das, was noch von diesem schrecklichen Tatort zu erfahren war, herauszufinden.
»Närrische Leute«, rügte Fret die Bauern, als Taube und die anderen ihre Untersuchung abgeschlossen hatten.
Einigen der Bauern und selbst dem Bürgermeister war es bei dieser Schelte unbehaglich, aber Roddy knurrte und türmte sich vor dem Zwerg auf. Taube mischte sich blitzschnell ein.
»Eure Gegenwart hat ein paar der Spuren verwischt«, erklärte Taube dem Bürgermeister, als sie zwischen Fret und den stattlichen Mann aus den Bergen trat. Taube hatte schon einige Geschichten über McGristle gehört, und man sagte ihm nicht nach, dass er ruhig oder berechenbar sei.
»Dessen sind wir uns nicht bewußt gewesen«, erwiderte Delmo.
»Natürlich«, lautete Taubes Antwort. »Ihr habt Euch so verhalten, wie jeder andere das auch getan hätte.«
»Wie jeder Anfänger«, bemerkte Fret.
»Haltet Euren Mund!« schimpfte McGristle. Auch sein Hund knurrte.
»Immer mit der Ruhe, guter Mann«, bat Taube ihn. »Wir haben schon genug Feinde außerhalb des Dorfes, wir brauchen hier drinnen keine mehr.«
»Anfänger?« bellte McGristle sie an. »Ich habe schon hundert Männer gejagt, und ich weiß genug über diesen Dunkelelf, um ihn aufzuspüren.«
»Wissen wir, dass es ein Drow war?« fragte Taube, die das stark bezweifelte.
Auf ein Nicken von Roddy holte ein Bauer, der etwas abseits stand, den kaputten Krummsäbel hervor.
»Dunkelelfwaffe«, murrte Roddy und zeigte auf sein vernarbtes Gesicht. »Ich hab'
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