Die Saga vom Dunkelelf 5 - In Acht und Bann
zuwiderlaufen. Und ich, Drizzt Do'Urden, und auch mein Vater Zaknafein konnten nie Schüler der Sonnenkönigin werden. Und Wulfgar aus dem Eiswindtal, mein Freund in späteren Jahren, wird diesem Gott, Tempus genannt, nicht gerecht, obwohl er wahrscheinlich immer noch den Kampfgott lautstark anruft, wenn er hin und wieder seinen schweren Kriegshammer einsetzt.
In den Reichen gibt es viele und unterschiedliche Götter – oder vielleicht gibt es auch nur viele unterschiedliche Namen und Identitäten, die zu ein und demselben Wesen gehören.
Ich weiß nicht, um welches es sich dabei handelt, und es ist mir auch egal.
Drizzt Do'Urden
Winter
Drizzt wanderte viele Tage durch die steinigen, hohen Berge, um soviel Abstand wie möglich zwischen sich und das Bauerndorf- und die schrecklichen Erinnerungen – zu legen. Die Entscheidung zu fliehen hatte er nicht bewußt gefällt, und wenn Drizzt nicht ganz so durcheinander gewesen wäre, hätte er die Freundlichkeit erkannt, die der Elf durch seine Geschenke, den Heiltrank und den Dolch, zum Ausdruck gebracht hatte.
Aber die Erinnerungen an Maldobar und die Schuldgefühle, die auf den Schultern des Dunkelelfs lasteten, ließen sich nicht so leicht abschütteln. Das Bauerndorf war mehr gewesen als nur ein kurzer Aufenthalt auf der Suche nach einer Heimat – eine Suche, die ihm zunehmend sinnloser erschien. Drizzt fragte sich, ob er überhaupt in ein Dorf gehen konnte, wenn er auf eines traf. Die Tragödie, die in sein Gedächtnis eingebrannt zu sein schien, stand ihm deutlich vor Augen. Dabei bedachte er nicht, dass die Anwesenheit der Bargests die Umstände beeinträchtigt hatten, und dass seine Begegnung, wenn solche Feinde gefehlt hätten, vielleicht positiver verlaufen wäre.
An diesem Tiefpunkt in seinem Leben drehten sich Drizzts Gedanken ausschließlich um ein einzelnes Wort, das ihm unablässig im Kopf herumging und ihn zutiefst schmerzte: »Drizzit!«
Drizzts Weg führte ihn schließlich zu einem ausgedehnten Paß in den Bergen und zu einer tiefen und zerklüfteten Schlucht, durch die sich ein reißender Fluß schlängelte. Die Luft hatte sich abgekühlt, und das verstand Drizzt nicht. Den feuchten Dunst empfand er als angenehm. Er ging ins Tal, wozu er knapp einen Tag brauchte, und trat an das Ufer des rauschenden Flusses.
Drizzt kannte Flüsse schon aus dem Unterreich, aber keinen, der sich mit diesem messen konnte. Der Strom sprang über Steine und schleuderte seine Gischt in die Luft. Er strudelte um große Felsen, schlug in weißen Wellen über die kleineren Steine und stürzte viele Meter in die Tiefe. Drizzt war hingerissen von dem Anblick und der Geräuschkulisse, aber er erkannte auch ganz deutlich, dass ihm dieser Platz eine Zuflucht bot. Der Fluß hatte viele kleine Arme, stille Kanäle, in denen sich das Wasser des großen Stroms sammelte. Hier tummelten sich auch die Fische.
Drizzts Magen meldete sich bei diesem Anblick mit einem Knurren. Er beugte sich über einen Tümpel und wollte gerade die Hand eintauchen. Aber erst nach mehreren Versuchen begriff er, wie sich das Sonnenlicht im Wasser brach.
Drizzts Hand schnellte ins Wasser und tauchte mit einer dreißig Zentimeter großen Forelle wieder auf. Er warf den Fisch beiseite, der auf den Steinen zuckte, und fing einen zweiten. Heute abend würde er ausreichend schmausen, und das zum ersten Mal, seit er dem Bauerndorf den Rücken gekehrt hatte. Außerdem gab es kaltes und klares Wasser in Hülle und Fülle, mit dem er seinen Durst löschen konnte.
Dieser Platz hieß für die, die die Gegend kannten, Toter Ork-Paß. Aber der Name paßte irgendwie nicht richtig, denn obwohl in dieser Gegend tatsächlich Hunderte von Orks den Tod in Kämpfen gegen Menschenlegionen gefunden hatten, lebten immer noch mehrere Tausende hier, lauerten in unzähligen Berghöhlen und waren bereit, Eindringlinge zu vertreiben. Nur wenige Menschen kamen hierher, und die, die kamen, waren nicht sonderlich klug.
Dem naiven Drizzt schien diese Schlucht ein perfekter Unterschlupf zu sein, denn an Essen und Trinken mangelte es ihm hier bestimmt nicht, und der Dunst nahm überraschenderweise der kalten Luft ihren Biß.
Der Dunkelelf verbrachte seine Tage, indem er sich in den schützenden Schatten der vielen Felsen und kleinen Höhlen versteckte. Mit Vorliebe ging er nachts fischen und auf Nahrungssuche. Dass er nachts tätig war, verstand er nicht als Umkehrung seines früheren Lebensstils. Als er damals das Unterreich
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