Die Saga vom Eisvolk 01 - Der Zauberbund
Kinder hinauszuwerfen. Er hatte ihr Hab und Gut auf den Hof geschleudert und mit aller Kraft »Raus!« geschrien. Abelone jedoch war zu stark für ihn. Sie drohte damit, ihn beim Landvogt anzuzeigen, weil er mit den Rebellen in Verbindung stünde. Sie griff es einfach aus der Luft, doch es entsprach ja auf den Punkt den Tatsachen. Benedikt wusste, dass er nicht heil davonkommen würde, wenn sie ihn genau unter die Lupe nähmen. So mussten sie also bleiben.
Sie verspeisten unendliche Mengen an Lebensmitteln und beklagten sich trotzdem ständig. Die Vorräte nahmen stetig ab, das Wohlbefinden war vollkommen verschwunden, und alle waren sie machtlos.
Am Neujahrsabend griff Benedikt das Thema auf, das Silje hatte kommen sehen. Sie saßen allein in der Küche.
»Heirate mich, Silje«, bat er sie eindringlich. »Damit lösen wir viele Probleme. Dann verschwinden Abelone und ihre Sprösslinge, und deine Zukunft und die der Kinder ist gesichert.«
Silje ergriff seine Hand, die auf dem Tisch lag. »Ich danke Euch für das freundliche Angebot, und Ihr wisst, dass ich Euch sehr gern habe. Aber ich kann Euch nicht heiraten.«
»Warum nicht? So viele Jahre habe ich doch nicht mehr, und ich werde dich in Frieden lassen
Da musste sie ihm von dem Abend erzählen, an dem er zu ihr ins Zimmer gekommen war.
»Oh Gott«, flüsterte er. »Ich hatte gedacht, es sei nur ein Traum gewesen.« Er seufzte. »Ja, Silje, ich muss doch zugeben, dass ich dich belegen habe. Ich alter Knacker habe dich begehrt. Ich glaubte tatsächlich, ich könnte meine Gelüste beherrschen, doch der Branntwein hat mich offenbar zu weit getrieben. Und in meinem tiefsten Inneren habe ich die Hoffnung gehabt, dass du mich einmal nehmen würdest, das sehe ich nun ein. Und... du kannst dir wohl nicht vorstellen..., mit mir das Bett zu teilen?«
Silje standen Tränen in den Augen. »Oh, ich habe Euch so schrecklich gern, Herr Benedikt. Aber nicht auf diese Weise. Nein, ich befürchte, unsere schöne Freundschaft würde dadurch zerstört werden. Das möchte ich nicht. Um nichts auf der Welt!«
»Ich auch nicht. Ach ja, jedenfalls kann dir niemand nachsagen, dass du auf meinen Besitz aus bist. Andere Frauen hätten wohl ihre Skrupel hinuntergeschluckt und sich darauf eingelassen, aber du nicht. Und weißt du, ich glaube, ich wäre von dir enttäuscht gewesen, wenn du ja gesagt hättest. Ein Künstler kapituliert nicht aus Bequemlichkeit vor sich selbst.«
Nun fühlte er sich wieder zum edlen Künstler berufen. Das war offensichtlich sein Steckenpferd.
Er seufzte. »Oh Silje, ich finde, alles ist so aussichtslos. Im Augenblick ist wirklich alles ganz aussichtslos.«
»Ja. Und ich habe Angst, Herr Benedikt. Um uns alle zusammen. Aber vor allem um die Kinder.«
So ging das Jahr zu Ende. Ein Jahr mit großen und einschneidenden Umwälzungen im Leben der jungen Silje. Sie war gespannt, was das Jahr 1582 mit sich bringen würde.
Und das sollte sie bald erfahren. Drei Tage später schlug Abelone zu. Hart und tödlich.
Der Knecht kam in die Küche gestürzt, wo alle, die eigentlich zum Haus gehörten, beim Essen saßen. Seine Augen blickten ganz wild.
»Nun ist der Friede wirklich in Gefahr! Sie... diese... hat mich gebeten, sie und die Kinder auszufahren. Aber ich habe mitgekriegt, dass sie zum Landvogt will, um Silje anzuzeigen.«
Benedikt sprang auf. »Was? Warum?«
»Sie hat von einem der Nachbarn erfahren, dass Silje zusammen mit Tengel gesehen worden ist!«
»Oh Gott im Himmel«, stöhnte Benedikt. »Dann soll Silje also angeklagt werden, mit dem Anhänger des Teufels, dem unsterblichen Tengel verkehrt zu haben!«
»Aber das ist nicht wahr«, rief Silje aus. »Tengel ist nicht unsterblich. Und ich bin Jungfrau – das kann ich notfalls beweisen!«
»Liebes Kind«, sagte Benedikt. »Hier hilft keine Jungfernschaft. Wenn dich die Knechte des Landvogts zu fassen kriegen, dann bist du tot! Sie werden dich zu Tode foltern, langsam... und sie werden es genießen. Aber zuerst werden sie
alles
über Tengel vom Eisvolk aus dir herausquetschen, sodass du auch andere mit dir ins Unglück ziehst. Ja, wahrscheinlich werden sie auch die Kinder holen, weil sie von dir oder Tengel verhext worden sein können. Durch deinen Umgang mit dem Menschentier gibst du für die Regierung eine vortreffliche Hexe ab. Und du weißt, wie sie Hexen bestrafen, nicht wahr?«
»Aber was sollen wir denn tun?«
»Ich weiß nicht. Ich habe keine Ahnung. Ihr müsst fort von hier. Aber
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