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Die Saga vom Eisvolk 01 - Der Zauberbund

Die Saga vom Eisvolk 01 - Der Zauberbund

Titel: Die Saga vom Eisvolk 01 - Der Zauberbund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margit Sandemo
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Männer in der Familie nehmen sich einfach die Frau, die sie haben wollen, und zwingen sie, mit ihnen zu leben. Die Frauen in meiner Familie werden von fremden Männern vergewaltigt und dann mit den Kindern sitzen gelassen. Nur meine Schwester war legal verheiratet – aber sie verriet auch nie, dass sie von hier stammte. Auf diese Weise kommen in der Familie nicht viele Kinder zustande – und das ist ja auch von Vorteil. «
    »Sei nicht so verbittert, Tengel! Das macht mich so traurig. «
    »Vergib mir, meine Kleine. Aber lass mich dir noch ein paar Worte mehr über die Familie sagen. Da gibt es noch einige junge Männer, die sehr friedlich sind, sie haben keine bösen Gaben. Und dann ist da noch eine unangenehme Frau, die in einem kleinen Haus ganz unten am See wohnt. Sie bleibt aber für sich, du wirst ihr also nicht begegnen. Und dann haben wir Sol. Du weißt, bevor sie aufgetaucht ist, war ich der Letzte, der das böse Erbe weitergeben konnte.«
    »Ja, aber du wusstest doch, dass deine Schwester in Trondheim zwei Töchter hatte? Dann wäre die Familie doch nicht mit dir ausgestorben. «
    »Nein, ich habe von den zwei Töchtern erst im Herbst erfahren. Und dass mein Schwager, den ich nie gesehen habe, an der Pest gestorben war. Ich ritt sofort los, um meine Schwester Sunniva zu finden, um ihr zu helfen. Gott möge mir helfen, Silje, aber ich wünschte, auch die beiden kleinen Mädchen wären tot!«
    Silje war eine Weile ganz stumm. So fragte sie: »Wünschst du dir das noch immer?«
    Tengel holte tief Luft. »Nein! Ich weiß, dass alles schrecklich ist, aber Sol erfüllt mich mit einer so großen Zärtlichkeit, dass ich es kaum beschreiben kann. Ich habe jetzt die Verantwortung für sie.«
    »Ich verstehe dich«, sagte Silje sanft. »Also, du stammst mütterlicherseits von dem ersten Tengel ab?«
    »Ja. Meine Mutter war nie verheiratet. Meine Schwester und ich hatten verschiedene Väter – die beide meine Mutter ihrem Schicksal überließen. «
    »Aber was ist dann aus euch geworden, als sie starb? Als du geboren wurdest? «
    »Der Vater meiner Mutter nahm sich unserer an. Seinen Hof habe ich geerbt.«
    »Oh Tengel -, das tut mir so leid. Wenn ich dir doch nur... helfen könnte! Dir all die Wärme geben, die du entbehrt hast. «
    »So etwas sollst du nicht sagen!«, rief er zornig aus. »Ich wünsche keine Fürsorge, und das weißt du!«
    »Entschuldigung«, sagte sie gedemütigt.
    Sie waren auf einer hellen Ebene angelangt, und Siljes Angst vor dem Tal schwand. Sie wollte aber trotzdem Tengels Hand halten, und er zog sie nicht zurück. Ruhig lenkte er das Pferd neben dem Wagen. Er war so sicher, Tengel. Hätte er es ihr erlaubt, sie hätte ihr ganzes Leben in seine Hände gelegt.
    Nun spürte sie, wie erschöpft sie nach der Reise war. Ihr war schwindelig von dem rüttelnden Karren, und sie sehnte sich nach Essen, Wärme und Ruhe – und danach, sich zu waschen; sie fühlte sich schmutzig, und ihre Haare waren verfilzt. Sie war so mutlos, dass sie nicht wusste, was in ihr vorging.
    Plötzlich brach sie in bitteres Gelächter aus.
    »Woran denkst du?«, fragte er.
    »An die Zukunftsträume, die ich als Kind gehabt habe. «
    »Die haben sich gewiss nicht erfüllt. «
    »Nein. Ich hatte eine Sehnsucht, verstehst du. «
    »Erzähl mir davon!«
    »Ja. Auf dem Gut, auf dem ich lebte – wo mein Vater arbeitete -, gab es in der Eingangshalle ein Gemälde. Das stellte eine Lindenallee dar. Das war das Schönste, was ich je gesehen hatte. Zum Haupthaus führte auch
    eine Allee, aber die bestand aus Ahornbäumen. An denen konnte ich immer die Jahreszeiten verfolgen. Die hellen, durchsichtig grünen Blätter im Frühling. Ich sah das dichte Laubwerk im Sommer und berührte die klebrigen Früchte im Herbst. Sah, wie die Blätter die Farbe wechselten – und dann die nackten Winterbäume – und von Neuem ein blauvioletter Schimmer dort, wo die Knospen kamen. Doch eines Tages fällten sie die Ahornbäume. Sie waren zu alt, und dann zogen sie auch zu viel Nährstoff aus dem Ackerboden. Oh, wie ich um sie trauerte. Aber am meisten war ich von den Linden auf dem Gemälde begeistert. Und ich gelobte, dass ich, wenn ich einmal erwachsen wäre, eine solche Lindenallee hinauf zu meinem Haus haben würde. Wie gesagt, ein kindischer Traum für ein Mädchen aus meinem Stand. Und vor allem, weil Linden in Trendelag nicht gedeihen. «
    Tengel schwieg eine Zeit lang. »Nein, hier wirst du keine Lindenallee haben«, sagte er

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