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Die Saga vom Eisvolk 01 - Der Zauberbund

Die Saga vom Eisvolk 01 - Der Zauberbund

Titel: Die Saga vom Eisvolk 01 - Der Zauberbund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margit Sandemo
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können. Sie hatte ihn erneut gebeten zu bleiben – um seinetwillen, sie wollte nicht, dass es ihm schlecht erginge. Er jedoch hatte nur den Kopf geschüttelt, und am Ende gab es nichts mehr zu erzählen und auch nichts mehr zu tun.
    Ihre Arme waren so leer. Kam das daher, dass sie Dag so viele Stunden gehalten hatte?
    Silje drehte sich um und versuchte einzuschlafen, voller Sorge vor dem morgigen Tag. Dann würde sie dem Eisvolk von Angesicht zu Angesicht gegenüberstehen.
    Doch der Schlaf wollte sich nicht einstellen. Stattdessen kamen ihr Erinnerungen, die sie sonst beiseitegeschoben hatte. Erinnerungen an die unerträglichen Tage, als die Pest auf dem Gutshof Einzug hielt.
    Die Angst, die sie alle ergriffen hatte, als der Erste unter den Bediensteten sich angesteckt hatte. Die Stille bei Tisch, die wachsamen Blicke untereinander -und das Warten auf die eigenen Symptome. Ihr Bruder, Fieberschweiß auf seiner Stirn, die hysterischen Schreie der Mutter. Das Begräbnis... Die Schwester, die am Grab stand und schwankte, bis auch sie zusammenbrach. Ihr Begräbnis... Viele Tote waren es damals. Der Pastor hatte über vier Särgen gepredigt – einer der Toten war der Sohn des Gutsherrn, der Junge, um den Silje sich gekümmert hatte und der die Ursache dafür war, dass sie sich die Fähigkeiten aneignen konnte, die sie jetzt besaß. Auch um ihn hatte Silje getrauert, doch der Tod der Schwester hatte sie derart mitgenommen, dass sie nicht alles so genau verfolgen konnte. Aber sie erinnerte sich an den Gutsherrn. Er rief verständnislos aus: »Aber warum trifft es mich?« Als hätte er nicht einsehen können, dass die Pest keine Rücksicht auf Standesunterschiede nimmt. Dass die Bediensteten dahingerafft wurden, war für ihn nur natürlich und kein Grund zur Trauer. Aber dass
seine
Familie... !
    Dann blieben ihre Mutter und ihr Vater zur selben Zeit im Bett liegen, und Silje musste allein für sie sorgen, denn niemand hatte mehr Zeit, zu anderen zu gehen und zu helfen. Sie erinnerte sich, wie schrecklich es für sie war, wie sie sich vorantasten musste, weil ihr die ganze Zeit Tränen in den Augen standen. Ihre Bitten, sie nicht zu verlassen, wurden nie beantwortet.
    Der kleine Bruder... jammernd mit keuchendem Husten... Silje mit ihm allein. Das war der schlimmste Tag gewesen.
    Drei Särge auf einmal. Die letzten aus der kleinen Hütte des Hufschmiedes.
    Und dann die Schar der Gutsleute, die in der Tür standen und nicht wagten hineinzugehen. »Du musst den Hof verlassen, Silje. Der Gutsherr braucht das Haus für den neuen Schmied. «
    Niemand fragte danach, wo sie denn nun hinsollte.
    Ein Laut vom anderen Ende des Sees riss sie aus ihren Gedanken. Heulte da ein Fuchs? Oder klagte ein Geist? Nein, da war es wieder zu hören. Es erinnerte am ehesten an einen Fuchs. Sie hoffte, dass es nichts Schlimmeres war.
    Immerhin war sie für die Unterbrechung dankbar. Die quälende Trauer in ihrer Brust wäre fast aufgebrochen. Silje durfte sich nicht an die Vergangenheit erinnern, das würde ihr die Kräfte nehmen, die sie bald dringend brauchen würde.
    Sie versuchte sich zu entspannen, atmete langsam und tief. Sie roch den Duft von Birkenholz, vom trocknen Stroh der Betten und von den Wacholderzweigen auf dem Fußboden. Ganz und gar kein unangenehmer Geruch.
    Tengel war so... seltsam gewesen, als er sie verlassen und ihr gesagt hatte, sie solle abschließen. Er hatte das verzweifelte Bitten in ihren Augen nicht wahrnehmen wollen, ihre Angst, allein zurückzubleiben, das Bedürfnis, ihn bei sich zu haben. Er hatte aber einen Augenblick im Türrahmen gestanden. Die Worte waren schwerfällig herausgekommen. »Es ist gut, dass du hier bist, Silje, du und die Kleinen. Leichter für mich. «
    Dann hatte er die Tür wieder fast ganz geschlossen, aber auch die letzten Worte hatte sie gehört. »Und schwieriger.«
    Tengel...
    Silje versuchte, sich sein Gesicht vorzustellen, doch es gelang ihr nicht. Stattdessen sah sie seine Umrisse vor sich, so, als stehe er in der Tür. Barhäuptig, mit abgesetzter Wolfspelzmütze. Das dichte schwarze Haar auf die Schultern fallend. Die kolossale Gestalt, obendrein so überproportioniert, mit den Schultern so breit und hoch, dass er einem männlichen Tier glich, einem Elch oder Bären mit üppiger Mähne. Der Wolfspelz tat noch ein Übriges dazu. Tengel hatte lange Beine und schmale Hüften, und ein flüchtiger Blick, den sie einmal auf seinen Brustkasten geworfen hatte, verriet, dass er ganz behaart

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