Die Saga vom Eisvolk 01 - Der Zauberbund

Titel: Die Saga vom Eisvolk 01 - Der Zauberbund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margit Sandemo

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wieder zu beruhigen. Er war so hungrig, dass sein Schreien über die ganze Ebene hallte.
    Es ging langsam vorwärts. Bald lagen die Schneeverwehungen so hoch, dass sie Umwege fahren mussten, bald mussten sie sich hindurchkämpfen, mit Tengel und Heming auf beiden Seiten des Schlittens, damit sie mit den Pferden ziehen halfen. Silje spürte, wie erschöpft sie war. Aber jemand musste ja auch bei den Kindern bleiben. Am Ende spannten sie alle vier Pferde vor, und dann ging es leichter.
    Schließlich hatten sie die große Ebene hinter sich gelassen und kamen wieder in die Berge. Silje versuchte, sich zu orientieren, fand sich jedoch nicht zurecht. Nie hätte sie gedacht, dass die Utgardsberge so weitläufig sein könnten.
    Kurz darauf tat sich ein Gletscher vor ihnen auf. Von dort kam ihnen ein rauer und eiskalter Luftzug entgegen, und der Gletscher sah vollkommen unüberwindlich aus.
    Mit sicheren Händen wurden die Pferde hinunter in einen breiten Bach und in ein enges Tal gelenkt, wo der Gletscher sich einem Gewölbe gleich über den Fluss erhob.
    Silje hielt sich auf der unruhigen Fahrt krampfhaft an den Karrenseiten fest. Mit großen Augen schaute sie hinauf zu den Eismassen über ihnen.
    Sie befanden sich auf dem geheimen Weg zum Eisvolk.

    Die Kufen wurden wieder von den Rädern genommen und die beiden zusätzlichen Pferde wieder ausgespannt.
    Im Hohlweg war es ruhig, jedoch kalt und fremd wie in einer unterirdischen Welt. Die Deckenhöhe variierte beträchtlich, manchmal musste Silje den Kopf einziehen, manchmal hallte Dags Schreien in einer riesigen Halle wider. Ganz dunkel war es nicht, das Eis verlieh der Grotte den eigentümlichen Schimmer von grünem Licht. Sie hielten sich dicht am Fluss, der unter dem Gletschereis rieselte und brauste. Silje wunderte sich, dass es nicht noch mehr von der Decke tropfte. Es ist bestimmt zu kalt, dachte sie.
    Sol lugte vorsichtig unter dem Saum der Decke hervor. »Wo sind wir?«, flüsterte sie.
    »Auf dem Weg zu unserem neuen Zuhause«, antwortete Silje in feierlicher Stimmung, in die der Eistunnel sie versetzt hatte.
    Unser neues Zuhause!
Automatisch schnürte es ihr die Kehle zu. Die unterschiedlichsten Gefühle überwältigten sie, aber am meisten waren es wohl Wehmut und Ungewissheit.
    »Kommt Marie nicht auch?«
    »Jetzt nicht. Wir sehen sie später. «
    Ja, tun wir das?, dachte sie bedrückt. Die Zukunft kam ihr mit einem Mal so dunkel und tragisch vor. Und all die lieben Menschen, die sie hatten verlassen müssen!
    Ach, sie war wohl nur hungrig.
    Der Gletscher war nicht so groß, wie sie es erwartet hatte. Bevor sie vollkommen durchgefroren war, begann es, vor ihnen heller zu werden. Bald fegten kleine Schneekristalle durch die Luft.
    Nun ja, heller? Die winterliche Dämmerung lag bereits über der Weite, in die sie gelangt waren, aber immerhin waren sie draußen.
    Silje legte Dag hin und deckte einige der Decken auf, in die sie eingepackt waren. Sie und Sol richteten sich in dem Karren auf und schauten sich um. Tengel hatte das Tempo verlangsamt und ritt nun neben ihr. Er wartete auf eine Reaktion von ihr.
    Dies ist seine Heimat, dachte sie, zu der er bestimmt eine starke Bindung hat und die er sehr liebt, so wie man stets alle heimlichen Plätze der Kindheit liebt, jedes Grasbüschel, jeden kleinen Bach...
    Silje schaute sich mit verwunderten Augen um.
    Sie waren in einem ovalen Tal angelangt, das von allen Seiten von Bergen umgeben war. In seiner Mitte lag ein See, dessen einem Ende sie sich jetzt näherten. Auf der Südseite lagen mehrere Häuser verstreut in einem Birkenwald. Dort, wo sie sich befanden, lag merkwürdigerweise aber nur unbedeutend viel Schnee. Die Sonne musste hier eine enorme Kraft haben.
    »Tengel«, rief sie verblüfft aus. »Das ist ja ein ganzes Dorf!«
    Er lächelte grimmig. »Das Eisvolk umfasst mehr Seelen, als die Leute glauben.«
    »Man zählt nicht in Seelen, wenn man vom Eisvolk spricht«, sagte Heming sanft. »Sie sind Verlorene, gezeugt von Eis, Finsternis und Bosheit.«
    Silje erkannte, dass Heming sich sehr ungern zum Eisvolk rechnete. Das überraschte sie nicht. Dieses abgelegene Dorf taugte kaum für einen Mann von Welt, wie er einer war.
    Aber hier war er sicher. Außerhalb davon war ein Preis auf seinen Kopf ausgesetzt.
    Tengel räusperte sich. »Einige von ihnen, die nun hier leben, sind genau wie du Flüchtlinge vor der Regierung. Sie können nicht zum ursprünglichen Eisvolk gezählt werden. «
    Silje spürte seinen