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Die Saga vom Eisvolk 01 - Der Zauberbund

Die Saga vom Eisvolk 01 - Der Zauberbund

Titel: Die Saga vom Eisvolk 01 - Der Zauberbund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margit Sandemo
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schließlich.
    »Nein.«
    Sie erwachte aus ihren Erinnerungen und suchte in der Dämmerung seine Augen. »Aber ich habe etwas noch viel Wertvolleres bekommen. Wärme und Fürsorge von einem Menschen. Danke, Tengel. Ich weiß nicht, wie ich dir je erzählen soll, was ich über dich denke. So hingebungsvolle Worte gibt es gar nicht.«
    Da machte Tengel sich frei und ritt wieder voraus.

11. Kapitel
    In der ersten Nacht im Tal des Eisvolkes lag Silje lange wach und lauschte auf die Geräusche von draußen. Alles war still. Aber aufgewühlt, wie sie war, empfand sie auch die Stille als bedrohlich. Lag da nicht jemand an der Wand auf der Lauer, jemand Unbeschreibliches, der nur darauf wartete, dass sie einschlief – um dann an die Wand zu klopfen, sodass ihr Herz stehenbleiben würde?
    Und das, obwohl sie das Haus auf alle geheimen Weisen gesegnet hatte. Die Holzlöffel auf der Bank hatte sie über Kreuz gelegt, über der Tür hatte sie ein Kreuz gezeichnet, und an der Feuerstelle hatte sie zwei Holzscheite zu einem Kreuz gelegt – sodass alle Eindringlinge sofort von einem der Kreuze geblendet werden würden.
    Die Kinder schliefen in ihrer Nähe, satt und trocken und vom Feuer gewärmt, das in der großen Stube noch immer auf dem Boden brannte. Sols leichte Atemzüge waren leise zu hören. Dag jedoch schlief immer so erschreckend geräuschlos, dass sie hin und wieder, wie eine richtige Mutter, nachsehen musste, ob er auch noch am Leben war.
    Was wusste Silje über dieses Haus? Wie viele Menschen waren hier gestorben, wie viele konnten hier als Wiedergänger auftauchen? Sie hatte Angst. Geradezu Todesangst vor allem, was sich im Haus und im Tal verbarg. Die unbekannten Menschen – wie würden
sie
sie aufnehmen, einen Eindringling? Und die Kälte von den Bergen, die Zukunft der Kinder... Alles wirbelte in ihrem übermüdeten Kopf herum, sodass sie unmöglich einschlafen konnte.
    Sie wünschte inständig, Tengel wäre jetzt bei ihr. Er hatte gesagt, dass er ihretwegen gehen musste. Was kümmerte es sie, was die Leute sagten? Sie brauchte seine Nähe und Geborgenheit, so wie ein Kind die Arme seines Vaters um sich braucht.
    Silje lächelte verlegen vor sich hin. Es war bestimmt richtig, dass er gegangen war. Sie wusste jetzt, welche Wirkung er auf sie hatte, und sie wusste, dass sie es vor ihm nicht würde verbergen können, denn seine Arme würden in ihr andere Gefühle wecken als die einer Tochter für den Vater.
    Die Einsamkeit jedoch war so erdrückend. Sie sehnte sich zurück nach dem Leben auf Benedikts Hof, bevor Abelone dort aufgetaucht und ehe Benedikt nachts in ihr Zimmer gekommen war.
    Heming war nach Hause verschwunden, vermutlich zu einer ordentlichen Standpauke seines Vaters, des Häuptlings. Sie glaubte, dass Tengel ihn nach Hause gebracht hatte, denn selbst hatte Heming keine Anstalten dazu gemacht. Der Kutscher aber hatte eine Weile bei ihnen gehalten, und er und Tengel hatten so gut es ging alles für sie hergerichtet.
    Silje war mitten im Zimmer stehengeblieben, steif gefroren, unbeholfen, und hatte nur zugeschaut, während die Männer Feuer machten und die Betten her richteten. Doch dann hatten die Kinder angefangen zu quengeln, und schließlich hatte sie mit angepackt.
    Es war ein alter Bauernhof, bei Weitem nicht so groß wie der von Benedikt, aber solide gebaut und warm. Das Haus hatte nur ein Geschoss. An einem Ende lag die Speisekammer, und draußen lagen nebeneinander die Milchkammer und der Viehstall. Auf der anderen Seite waren die beiden kleinen Kammern. In der einen schliefen sie und die Kinder, mit der Tür zur großen Stube geöffnet. Fenster gab es hier natürlich nicht. Silje dachte an ihr bleiverglastes Fenster. Oh nein, dafür war in diesem Haus keine Verwendung.
    Sie hätte gern gewusst, wie es Tengel nun ging. Er musste ja noch ein Haus aufwärmen, das bestimmt noch älter und zugiger war. Und er war gewiss nicht weniger müde als sie. Silje hatte vorschlagen wollen, dass er die erste Nacht ja beim Kutscher übernachten könnte, aber keiner von beiden hatte das auch nur angedeutet, und ihr kam der Gedanke, dass Tengel in dem anderen Haus vielleicht nicht willkommen war. Oh, nun wurde sie wieder von sorgenvollem Mitleid ergriffen!
    Er war eine gute Weile bei ihr geblieben, nachdem der Kutscher nach Hause gegangen war. Er hatte überall nachgesehen, wollte gleichsam nicht aufbrechen. Und Silje hatte fieberhaft geredet, um ihn möglicherweise noch etwas länger bei sich behalten zu

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