Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Saga vom Eisvolk 01 - Der Zauberbund

Die Saga vom Eisvolk 01 - Der Zauberbund

Titel: Die Saga vom Eisvolk 01 - Der Zauberbund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margit Sandemo
Vom Netzwerk:
einem wunderbaren Haus. An Größe konnte es sich vielleicht nicht mit Benedikts messen, aber es besaß alles, was man an einem so verlassenen Ort nur verlangen konnte, und hatte zudem einen Holzschuppen, der seinesgleichen suchte. Jeder einzelne Türrahmen und Tragbalken war kunstvoll geschnitzt.
    Silje war so beeindruckt, dass sie vergaß, »Guten Tag« zu sagen.
    »Ja«, sagte der hochgewachsene und bärtige Vater Hemings, »das sind schöne Sachen, nicht wahr?«
    Silje fuhr zusammen und riss den Blick von dem Balken los, den sie gerade bewunderte. »Einfach unglaublich schön! Wer hat das gemacht?«
    »Oh, das ist alt. Ein paar hundert Jahre, glaube ich. Einer meiner Vorfahren. Und du bist also Silje, habe ich Recht? Heming hat von dir erzählt. Dass du mitgeholfen hast, eine Kirche auszumalen. Dann kennst du dich also mit solchen Dingen aus.« Ein herablassendes Lachen. Eine Frau versteht doch wohl kaum etwas von Kunst.
    Silje erinnerte sich schließlich, was die Höflichkeit gebot, und machte einen tiefen Knicks. Heming stand etwas abseits und lächelte sein neckendes Lächeln, er sagte aber kein Wort.
    »Ich habe es außerdem so verstanden, dass du meinem unmöglichen Sohn das Leben gerettet hast«, fuhr der Häuptling fort. »Dafür sollst du meinen aufrichtigen Dank haben. «
    »So viel habe ich gar nicht dazu beigetragen«, sagte Silje schüchtern. »Tengel hat das meiste dazu getan.«
    Der Häuptling warf ihr einen strengen Blick zu. Wie sie Tengels Namen aussprach – andächtig, ohne Luft zu holen -, verblüffte ihn.
    Dann wurden sie in den Saal geführt, in dem das Eisvolk versammelt war. Mit Ausnahme derer, die sich mit Recht Nachkommen des bösen Tengel nennen konnten, die mit seinem Fluch belegt waren.
    Silje war ziemlich unwohl zumute unter all den Blicken, die auf sie gerichtet waren. Zu beiden Seiten des Langtisches waren Bänke aufgestellt, und es gab eine Männer- und eine Frauenseite, doch beide Seiten schienen dem Neuankömmling kritisch gegenüberzustehen. Eldrid hatte sie darauf vorbereitet. Sie wohnte bei den Gefürchteten – was war sie doch für ein komischer Vogel, dass sie das wagte?
    Niemand sagte etwas. Das Einzige, was Silje tun konnte, war, an der Tür einen tiefen Knicks zu machen und dann abzuwarten. Dann sah sie, was Eldrid mit Inzucht gemeint hatte. Dort saßen zwei Schwachsinnige mit weit geöffneten Mündern, einer, der offensichtlich geisteskrank war, und einige, die lebensgefährlich sein mussten.
    Doch sie wurden akzeptiert, und darüber war Silje gerührt. Sie konnte nur nicht verstehen, warum ein so wunderbarer Mensch wie Tengel ausgeschlossen wurde.
    Ihr wurde ein Platz auf der Frauenbank zugewiesen, und die Andacht konnte beginnen. Aber Silje fiel es schwer, sich darauf zu konzentrieren, sosehr sie es auch versuchte. Gerade jetzt bedurfte sie der Worte Gottes, das wusste sie wohl. Doch die ganze Zeit wurden ihr schräge Blicke zugeworfen, die sich schnell entzogen, wenn sie in ihre Richtung schaute.
    Natürlich waren die meisten Menschen im Saal normal. Sie jedoch schienen nicht minder gestraft – eher im Gegenteil.
    Am schlimmsten waren zwei Jungen, die Silje während der ganzen Zeit pausenlos anglotzten. Der eine war nicht ganz wie alle die anderen, auch, wenn ihm das nicht anzusehen war. Es lag nur etwas in seinem Blick, an dem sie es erkannte und das ihr verriet, dass sie auf der Hut sein musste.
    Als die Andacht zu Ende war, erhoben sich alle. Zu ihrem Schrecken entdeckte Silje, dass einige von den Geisteskranken schwere Ketten hinter sich herschleppten. So passte man also auf sie auf! Siljes Herz tat vor Mitleid weh. Aber vielleicht gab es keine andere Möglichkeit?
    Auf dem Heimweg fühlte sie sich alles andere als von Gottes Worten gestärkt. Sie empfand ein tiefes Mitgefühl für alle, die hier im Tal lebten.
    Und sie erinnerte sich, dass Eldrid einmal gesagt hatte, dass die frommen Mienen in vielen Fällen reine Heuchelei waren. Hinter verschlossenen Türen wurde anderen Göttern gehuldigt – den unsichtbaren Mächten der Natur, übernatürlichen Wesen, denen man noch nicht einmal Namen zu geben gewagt hatte. Es war durchaus nicht Tengels Familie, die sich mit solcherlei befasste, obwohl sie als Einzige geheimnisvolle Kräfte besaßen. Nicht ohne Grund wurde das
gesamte
Eisvolk außerhalb des Tales von allen gefürchtet, verflucht und verfolgt.
    Sie ging zusammen mit Eldrid, die recht still war, nach Hause.
    »Als wir herkamen, hat Tengel zwei Verwandte in

Weitere Kostenlose Bücher