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Die Saga vom Eisvolk 01 - Der Zauberbund

Die Saga vom Eisvolk 01 - Der Zauberbund

Titel: Die Saga vom Eisvolk 01 - Der Zauberbund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margit Sandemo
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ist«, sagte Hanna schleppend. »Und stolz bist du auch. Nimm dich vor Stolz in Acht, Silje! Das ist ein gefährliches Laster.«
    Und dann brach sie in Gelächter aus. Es war kein gewöhnliches Lachen. »Du wagst es also, meine Hilfe abzulehnen! Aber das liegt wohl daran, dass du neu im Tal bist und unsere Macht nicht kennst. Weißt du, dass ich dich vernichten kann, ohne dich zu berühren?«
    »Das habe ich gehört. Aber ich habe mir Sorgen gemacht, dass es Euch hier nicht gut gehen könnte.«
    Hanna lehnte sich im Bett zurück. »Du
bist
Tengels Frau«, sagte sie vergnügt. »Tu, was du kannst, dann wird es so, wie du es willst. Er kommt schon noch. Hast du ihn übrigens gesehen?«
    »Wen denn?«, fragte Silje nichts ahnend.
    Die Hexe im Bett lachte. »Ich habe ihn gesehen, als er gerade geboren war. Und ich dachte mir mein Teil. Dachte, wenn die Frauen nur wüssten, die würden bei ihm Schlange stehen, wenn er erst einmal erwachsen ist. Aber das ist nichts für eine Jungfrau. «
    Endlich merkte Silje, worauf Hanna hinauswollte. Sie spürte, wie ihr Körper vor Abscheu heiß wurde. Wie gemein!
    »Jaja«, wieherte die Alte. »Jaja!«
    Silje musste sich anstrengen, um ihr Temperament zu beherrschen. Sie musste das Gesprächsthema wechseln.
    »Könnt Ihr... mir nicht sagen, wie meine Zukunft aussieht?«
    Im Zimmer hing eine schwere Stille.
    »Das könnte ich schon. Aber was Tengel angeht, kann ich nicht sehen, ob deine Zukunft bei ihm liegt. Denn er hat die gleiche Kraft wie ich, und er versperrt mir den Blick. Du wirst auf jeden Fall mit Kindern gesegnet werden. Aber mit wem du die Kinder haben wirst – das kann ich nicht sagen. Das liegt an meinem starrköpfigen, unbeeinflussbaren Verwandten. Geh nach Hause und erteil ihm eine Lektion, Silje! Bezaubere ihn mit deiner Jugend und Wärme, damit er erst begreift, dass er seinen Samen in dich gepflanzt hat, wenn es zu spät ist!«
    Röte lief über Siljes Wangen. Sie verneigte sich, nahm die leere Holzschachtel und wurde von dem schweigsamen Grimar hinausbegleitet.
    Als sie in den Wald hinaufgelangt und sicher war, dass niemand sie sehen konnte, schlug sie die Hände vors Gesicht. Ihr Körper zitterte vor Schreck und Scham, und ihr klapperten die Zähne.
    Plötzlich wusste sie es. Solange sie eine Möglichkeit hatte, die Sippe weiterzuführen, hatte sie von der bösen Hanna nichts zu befürchten.
     
    Sie erzählte niemandem von ihrem Besuch bei den beiden Alten, das wagte sie nicht.
    Die schlimmsten Wintermonate vergingen. Der Wind heulte um die Hausecken, und draußen türmte sich der Schnee vor der Tür, sodass es morgens oft unmöglich war hinauszugelangen. Silje wurde kräftiger und konnte sich wieder um die Kinder kümmern, und danach ging ihr im Haus alles leichter von der Hand. Dag war gesund, und Sol zwitscherte fröhlich und vergnügt – solange alles so lief, wie sie es wollte.
    Freilich aber waren sie anstrengend. Den Tag drinnen verbringen zu müssen, ohne wegen der kalten Witterung hinauszukönnen, konnte doch alle um die gute Laune bringen. Die große Stube sah zeitweise aus wie ein Schlachtfeld, doch mit ein bisschen gutem Willen gelang es Silje, die Lage unter Kontrolle zu behalten.
    Sie hatte die Wolle zu Garn gesponnen und mit dem Weben angefangen. Die Stunden am Webstuhl dienten ihr dann auch als Entschuldigung, sich vor der lästigen Hausarbeit zu drücken. Als auch die Nachbarn erfuhren, wie schön sie zu weben verstand, kamen sie zu Besuch, um sich Siljes Arbeiten anzusehen. Silje freute sich wohl darüber, es versetzte sie aber auch in Unruhe: Was sollte sie nur anbieten? Immer waren ihre Kuchen an den Rändern verbrannt, die Käse wurden zu locker oder zu hart, nichts gelang ihr so, wie sie es sich gedacht hatte.
    Die Nachbarsfrauen gaben ihr gute Ratschläge, was das rein Technische des Webens betraf, und als Gegenleistung lernten sie von Silje neue Muster.
    Am meisten staunte Silje darüber, dass ihre Gespräche so beschränkt waren. Die Sprache hier im Tal war sehr einfach und der Wortschatz sehr gering. Das galt auch für die Gesprächsthemen. Das Einzige, worüber gesprochen wurde, waren Wohl und Wehe der Nachbarn – meistens übrigens Letzteres – und die Bewirtschaftung des Hofes. Schluss. Wenn Silje ein anderes Thema aufgreifen wollte, wie Geschichte, Kultur, Religion oder etwas Alltäglicheres, dann wurde es ganz still. Die Frauen hier wussten nichts über das Leben außerhalb des Tales, und darüber wollten sie offenbar auch nichts

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