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Die Saga vom Eisvolk 01 - Der Zauberbund

Die Saga vom Eisvolk 01 - Der Zauberbund

Titel: Die Saga vom Eisvolk 01 - Der Zauberbund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margit Sandemo
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wissen. Für sie schien es auf der Welt nur dieses Tal zu geben.
    Tengel sah sie äußerst selten. Er kam, wenn er musste, half ihr bei den schwersten Arbeiten, die draußen erledigt werden mussten, und sorgte ansonsten dafür, dass es ihnen an nichts mangelte. Aber er wich Siljes Blicken aus. Silje wusste, warum, und fand sich mit seinem Fernbleiben ab.
    Natürlich jedoch kam es mal vor, dass ihre Blicke sich trafen und aneinander festhielten, und dann entstand zwischen ihnen eine eigentümliche, fast singende Stille. Und sie wussten, dass sich nichts geändert hatte. Oder vielleicht doch? Vielleicht hatten ihre Sehnsüchte und Wünsche nach einander zu einer glasklaren Intensität geführt, die nur schlimmer werden würde – bis sie ihren Siedepunkt erreicht hätte. Silje fürchtete diesen Augenblick, und sie wich ihm aus, so gut sie irgend konnte.
    Tengel hingegen hatte ein Gespräch mit dem Häuptling geführt. Sie waren beide zum Angeln draußen auf dem Eis gewesen, um ihren Nahrungsvorrat zu strecken. Sie hatten jeder ein Loch aufgehackt, und sie mussten die ganze Zeit aufpassen, dass es nicht wieder zufror. Der Wind biss ihnen in die Ohren, doch ab und zu wehte ein lauerer Lufthauch wie der Vorbote eines Frühlings, der eine verlockende Zukunft bringen würde.
    Der Häuptling war einer der wenigen, der Tengel nicht vollkommen aus dem Weg ging.
    »Was wirst du mit Silje machen?«, fragte er plötzlich.
    Tengel war verwirrt. »Wieso denn?«
    »Sie sorgt unter den jungen Männern für Unruhe. Sie beobachten euer Haus, sie prügeln sich um sie.«
    »Das wusste ich nicht«, antwortete Tengel mit hochgezogenen Augenbrauen.
    »Nein, sie trauen sich nicht, sich zu zeigen. Aber eines Tages passiert hier noch etwas. Du musst sie verheiraten, und das ganz schnell. Ein junges Mädchen, das ganz allein wohnt... das ist für die jungen Männer eine allzu große Verlockung. «
    Tengel hatte ein ungutes Gefühl im Bauch. »Ich weiß nicht... Ich kann sie doch nicht so ohne weiteres verheiraten, ohne ihr Einverständnis.«
    »Das kannst du sehr wohl. Ist das nicht so üblich?
    Man erwartet nicht, dass die Mädchen da ein Wort mitzureden haben. Aber du kannst ja mit ihr sprechen. Sie ist mit ihren Gedanken bestimmt bei dem einen oder anderen von den jungen Burschen. Sie ist ja eine schöne Frau und auch recht begabt. Ja, ich glaube, sogar Heming ist an ihr interessiert. Ich würde zu einer solchen Schwiegertochter nicht nein sagen.«
    »Sie bringt aber zwei Kinder mit.«
    »Um das Mädchen kannst du dich oder Eldrid kümmern, in ihren Adern fließt ja euer Blut. Der Kleine aber könnte ganz nützlich sein. Die Arbeit eines Mannes zählt auf einem Hof viel. Rede mit ihr, frag sie doch mal, was sie will. Und vergiss nicht, Heming ist nicht die schlechteste Partie!«
    Tengel war die Lust am Angeln vollkommen vergangen. Er packte seine Sachen zusammen und ging gleich darauf nach Hause.
    Aber er konnte sich nicht überwinden, mit Silje zu sprechen. Und das war vielleicht dumm von ihm, denn schon am nächsten Tag bestätigten sich die Befürchtungen des Häuptlings.
    Tengel kam nach einer erfolglosen Schneehuhnjagd in den Bergen nach Hause. Er wusste, dass auch Heming unterwegs auf der Jagd war, und entdeckte ihn, als er sich dem tiefen Fluss in der Nähe von Siljes Haus näherte. Heming stand am Flussufer und schaute hinunter.
    Zögernd ging Tengel etwas näher.
    Heming sah ihn und winkte ihn zu sich heran. Ein freches Grinsen lag dem Häuptlingssohn auf den Lippen.
    »Schau mal!«, sagte er.
    Tengel schaute hinunter zum Fluss.
    Silje war offenbar gerade dabei, im eiskalten Fluss Kleider zu spülen, doch nun spielte sich auf der anderen Seite des Flusses eine etwas unangenehme Szene ab. Die Wäsche lag auf den Klippen, und dahinter schlich einer der Bratteng-Jungen sich an. Es war der gefährlichere von beiden, und es war nicht schwer zu erraten, welche Absichten er verfolgte.
    Tengel rief, doch das Rauschen des Flusses übertönte seine Stimme. Er stand viel zu hoch, um vom Fels hinunterspringen zu können. Und Heming grinste nur.
    Tengel sah sich verzweifelt nach einem Stein um, den er hätte werfen können, um Silje zu warnen, doch in dem Moment nahm ihn Heming am Arm und zeigte auf die andere Seite.
    Tengel hatte nicht gesehen, dass der Bratteng-Junge jetzt handelte, aber ganz offensichtlich musste Silje ihn im rechten Augenblick entdeckt haben. Das Ganze ging so rasch vor sich, dass sie das Geschehen kaum verfolgen

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