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Die Saga vom Eisvolk 02 - Hexenjagd

Die Saga vom Eisvolk 02 - Hexenjagd

Titel: Die Saga vom Eisvolk 02 - Hexenjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margit Sandemo
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hergestellt worden war, und sie betrachtete die schimmernden, eleganten Stoffe auf dem Himmelbett.
    Und Tengel und sie waren so stolz auf ihr kleines Fenster!
    Ein Fenster, für das sie keine Wand hatten. Aber vielleicht bedeutete es mehr für sie als all dieser Überfluß an Pracht für Charlotte?
    Stimmen näherten sich.
    »Bist du von Sinnen, dieses Bettelweib allein in deinem Zimmer zurückzulassen? Die wird doch stehlen, was sie nur kriegen kann!«
    »Die Gefahr besteht nicht, Mutter!«
    »Was ist das für ein Unfug, Charlotte?« sagte die Baronin.
    »Ich habe seit vielen Jahren nicht mehr solch einen Glanz in deinen Augen gesehen. Und du führst dich auf wie eine Geheimniskrämerin!«
    Sie betraten das Zimmer. Silje knickste erneut, sich ihres einfachen, abgetragenen Kleides sehr bewußt, das nicht das geringste mit einem modischen Gewand zu tun hatte.
    »Ich habe angewiesen, daß man uns die Speisen hier oben serviert«, sagte Charlotte hektisch. »Bitte nehmt am Tisch Platz.«
    Sie setzten sich. Charlotte schluckte hörbar. Sie war sehr bleich, nur zwei rote Flecken auf den Wangen brachten Farbe in ihr Gesicht.
    »Mutter, ich muß Euch jetzt etwas sehr Erschütterndes erzählen, und ich bitte Euch, hört mir zu und versucht mich zu verstehen.«
    »Was hast du denn nur so Wichtiges auf dem Herzen?
    Ach, sieh mal, da ist ja der Schal, der so lange verschwunden war!«
    Die Baronin musterte Silje, als wollte sie ergründen, ob sie es war, die den Schal gestohlen hatte und nun ihr Gewissen dadurch erleichtern wollte, daß sie ihn zurückbrachte. Aber das war doch kein Grund, einen solchen Aufstand zu machen! Die Leute aus den unteren Schichten stahlen doch wie die Raben, das wußte schließlich jeder.
    Charlotte war sichtbar nervös. Sie zitterte am ganzen Körper. Aber es war ein Glanz in ihren Augen. Vor Eifer und Entschlossenheit. All die Jahre, in denen sie gedacht hatte, wenn sie nur die Zeit zurückdrehen könnte, dann hätte sie das Kind mit Freuden behalten und die Schande ertragen - all diese Jahre waren nicht umsonst gewesen.
    »Nun, was ist denn nun das Erschütternde, von dem du mir berichten wolltest?«
    »Mutter… Erinnert Ihr Euch daran, daß ich mich vor fünf Jahren recht sonderbar aufgeführt habe?«
    »Ja, diese Hysterie werde ich nie vergessen. Und hinterher bist du niemals wieder fröhlich gewesen.«
    Charlotte nickte. »Bis heute. Jetzt werde ich erzählen, was damals geschehen ist.«
    Die Baronin blickte erneut zu Silje. »Hat es etwas mit dieser Frau zu tun?«
    »Sie war es, die mich gebeten hat, Euch jetzt alles zu erzählen. Sie meinte, daß wir den Rat und Beistand einer reifen Frau brauchen könnten.«
    »Also laß mich hören!«
    Charlotte holte tief Atem. »Ich habe ein Kind geboren, Mutter.«
    Die Mutter starrte sie an. »Unsinn, was redest du für dummes Zeug! Komm zur Sache!«
    »Es ist wahr.«
    »Sei kein Dummkopf. Das hätte ich ja wohl gesehen. Du warst ja die ganze Zeit hier.«
    »Es ist wahr. Keiner hat etwas bemerkt, keiner! Die Kleider haben meinen Zustand verborgen, und ich war ja ungewöhnlich schlank. Außerdem habe ich mich ganz eng geschnürt.«
    »Nein, Charlotte, das nehme ich dir nicht ab. Sollte meine Tochter… Und die Kammerzofe hätte doch …«
    »Die Kammerzofe war eine dumme Gans. Ich habe sie die ganze Zeit an der Nase herumgeführt. Habe mich selbst angekleidet.«
    »Charlotte, du meinst das doch wohl nicht im Ernst!«
    »Doch, Mutter.« Die Augen der Tochter waren jetzt ganz blank und voller Angst, aber sie war fest entschlossen, alles zu erzählen. Es war seltsam, nun, wo sie endlich alles gestand, wurde ihr nicht geglaubt! »Ich habe das Kind auf dem Heuboden im Stall geboren, es in diese Tücher gehüllt und draußen im Wald ausgesetzt. Hinterher habe ich es bitter bereut und einen hysterischen Anfall nach dem anderen bekommen. Ich habe seitdem keine einzige frohe Minute mehr gehabt. Ich wollte ins Kloster gehen, falls Ihr Euch erinnert.«
    Baronin von Meiden sah sie mit offenem Mund an.
    »Ich glaube kein einziges Wort!« sagte sie.
    Charlotte holte eine Bibel von ihrem Nachttisch und legte eine Hand drauf. »Ich schwöre bei Gott und bei meinem Seelenheil, daß jedes Wort davon wahr ist.«
    »Es ist wahr, Euer Gnaden«, sagte Silje leise.
    Alle Farbe wich aus dem Gesicht der Mutter. Charlotte griff rasch zum Riechsalzfläschchen, und die Baronin kam wieder zu sich. Sie brach in Tränen aus.
    »Das kannst du mir nicht antun, das kannst du mir nicht

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