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Die Saga vom Eisvolk 02 - Hexenjagd

Die Saga vom Eisvolk 02 - Hexenjagd

Titel: Die Saga vom Eisvolk 02 - Hexenjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margit Sandemo
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Feldscher entschuldigend. »Ihr wißt, Eure Frau hat Probleme mit dem Gebären, und dies hier war ein ungewöhnlich großes Kind.«
    »Es wiegt bestimmt mehr als zehn Pfund«, sagte die Hebamme.
    Tengel biß die Zähne zusammen. Fünftausend Gramm, oder mehr. Das war sehr viel, soviel wußte er. Und das bei der kleinen, zarten Silje!
    »Und dann kam das Kind auch so furchtbar schnell, so daß es Eure Frau direkt zerrissen hat«, sagte der Feldscher. »Ich war kaum zur Tür herein, da hatte ich auch schon alle Hände voll zu tun.«
    Eigentlich halfen sonst nur Frauen bei einer Geburt.
    Aber Siljes Niederkunft schien schwierig zu werden, deshalb hatte Tengel, um sich für den Notfall vorzubereiten, eine Vereinbarung mit diesem Feldscher getroffen, der schon alles mögliche gemacht hatte und dem Tengel großes Vertrauen entgegenbrachte. Jetzt war er froh, daß er so weitsichtig gewesen war.
    »Es ist ein Junge«, sagte Charlotte leise.
    Das hilflose, einsame Wimmern war immer noch zu hören. Niemand hatte Zeit, sich darum zu kümmern. Der Feldscher war mit der Nachsorge beschäftigt, und die Hebamme war dabei, den Raum gegen böse Geister abzusichern. Charlotte wusch sich die Hände.
    Tengel dachte an seine eigene Mutter. Sie war einsam und verlassen gewesen, als sie ihn geboren hatte, und sie war an den Folgen gestorben. Silje war immerhin von Liebe und Fürsorge umgeben.
    Und er selbst? Niemand hatte das gefürchtete, mutterlose Kind haben wollen. Sein Großvater mütterlicherseits hatte sich gezwungenermaßen um ihn gekümmert - aber er hatte es sich nicht nehmen lassen, ihm hunderttausendmal zu sagen, daß er seine Mutter umgebracht hatte. Aus reiner Boshaftigkeit hatte der Großvater ihm den Namen Tengel gegeben - nach dem bösen Urahnen des Eisvolks.
    Jetzt war er wieder der kleine Junge, der verständnislos das Gerede der Leute hörte, der mit niemandem spielen durfte, der immer einsam gewesen war. Der jeden Morgen nach dem Aufstehen sicherheitshalber eine Tracht Prügel bekam.
    Er atmete tief durch und erhob sich. Wappnete sich gegen seine eigenen, verhaßten Züge, die er in dem Kind erblicken würde. Oder noch schlimmer - die Züge von Hanna oder Grimar. Die gelblichen Augen, die das böse Erbe anzeigten, das sich in allen verbarg, die von ihm betroffen waren.
    Das erste, was er sah, war eine rabenschwarze Haartolle, die unter der Decke hervorlugte. Sie verhieß nichts Gutes, Er trat näher heran. Sah hinunter auf das zornrote Gesicht des Säuglings.
    Bei seinem wütenden, verzerrten Gesicht war schwer zu sagen, welche Züge er trug. Vorsichtig zog Tengel die Decke und das Tuch zurück, in das er gewickelt war, und betrachtete seine Schultern. Sie waren breit, aber nicht breiter als normal. Es war zweifellos ein sehr großes Neugeborenes, aber er konnte keine Anzeichen für das entdecken, was er zu sehen gefürchtet hatte. Der Junge hatte Ähnlichkeit mit ihm, so weit er das beurteilen konnte, aber er hatte nichts Groteskes an sich.
    Als das Kind eine menschliche, warme Hand in seiner Nähe spürte, verstummte sein Greinen.
    Wer hatte ihm selbst Trost und Wärme gegeben, als er ein Neugeborener war? Wahrscheinlich niemand.
    Tengel schlug die Decke zurück und nahm seinen Sohn auf den Arm. Und da wurde es ganz still im Raum, nur ein schwaches Schniefen waren zu hören, und das Kind mühte sich, die Augen zu öffnen.
    Er ist trotz allem mein kleiner Sohn, dachte Tengel. Egal, wie du auch aussiehst, mein Junge, und wenn du vielleicht auch ein Ungeheuer bist, so verdienst du doch meine Liebe und Fürsorge. Und, bei Gott, ,die hast du schon!
    Endlich hatte der Säugling es geschafft, die Augen zu öffnen. Zwei himmelblaue, leicht verschleierte Knöpfe suchten krampfhaft nach einem Punkt, an den sie sich heften konnten, zwinkerten ins Licht und schlossen die Lider. Dann begann er wieder zu schreien.
    Aber Tengel hatte genug gesehen. Blaue Augen - und ein hübsches Gesicht, das zwar eine Kopie seines eigenen Gesichts war, aber ohne diesen wilden und dämonischen Ausdruck, der ihn so unheimlich erscheinen ließ. Tengel atmete hörbar erleichtert auf.
    »Sie wird wach«, flüsterte eine Stimme.
    Er nahm das Kind mit und setzte sich neben Silje. Er glaubte seinen eigenen Augen nicht zu trauen, als sie sich jammernd an den Kopf griff.
    »Silje«, sagte er leise. Er dachte an seine eigene unglückliche Mutter und wollte Silje die Sicherheit geben, die seine Mutter damals vermißt hatte.
    »Alles ist gut, Silje. Schau mal,

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