Die Saga vom Eisvolk 04 - Sehnsucht
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Aber sie kämpfte diese Regung rasch nieder, atmete tief durch, und war bereit, zu helfen.
»Was sollen wir tun, Tarjei?« murmelte Tengel. »Wo sollen wir anfangen?«
»Wir müssen Ordnung schaffen. Wir können niemandem helfen, solange es hier so dreckig und unaufgeräumt ist.« »Gibt es denn niemanden in diesem Haus, der gesund ist?« rief Tengel.
Der Bauer antwortete: »Doch. Meine Tochter und die Magd. Aber sie trauen sich nicht, hier drin zu sein. Sie sind im Altenhaus.«
Sie fanden die völlig verschreckten Frauen, die beide knapp über zwanzig waren.
Tengel sagte scharf: »Wenn ihr bis jetzt gesund geblieben seid, dann habt ihr kaum etwas zu befürchten. Ihr habt die Krankheit abgewehrt. Jetzt kommt und helft uns!« Seine Autorität war so groß und seine Persönlichkeit so beeindruckend, daß sie gehorchten. Das Altenteil wurde hergerichtet, um die Leute aufzunehmen, und dann begannen sie mit dem Saubermachen. Die beiden Frauen wurden angewiesen, Feuer unter dem Waschbottich auf dem Hof zu machen, und dann wurden die Kranken einer nach dem anderen hin- , eingesetzt. Zuvor zog man ihnen die Kleider aus und verbrannte sie, und dann wurden sie von Kopf bis Fuß geschrubbt und gebadet. Allein dadurch fühlten sie sich schon nicht mehr ganz so elend. Das alte Weib kam ganz zum Schluß an die Reihe - Tengel hatte sie beim Wort genommen und sie unbeachtet gelassen. Da kriegte sie es schließlich mit der Angst zu tun, daß man sie vergessen könnte, und sie schrie laut und gellend.
Im Altenteil hatte man Quellwasser abgekocht, und das mußten sie nun trinken. Sie kriegten auch jeder einen Schluck Branntwein, den hatte Tengel sich aus dem reichhaltigen Vorrat des Pastors genommen. Bottiche wurden an der Tür aufgestellt, und weil das Wasser rasend schnell durch die ausgetrockneten Leiber lief, wurden die Kranken sogleich auf die Bottiche gesetzt. Tengel wollte keinen stinkenden Dreck in den Betten mehr dulden.
Schließlich waren alle im Altenhaus versammelt, außer dem Knecht, der ihnen drinnen auf seinem Lager unter den Händen weggestorben war. Sie wickelten ihn in das Bettlaken ein und begruben ihn am Waldrand. Tengel setzte ein Kreuz auf das Grab und bat Yrja, dafür zu sorgen, daß der Pfarrer kam und es segnete.
Die beiden jungen Frauen wurden angewiesen, sich um die Kranken zu kümmern, sie so oft wie möglich abgekochtes Wasser trinken zu lassen und sie warm und trocken zu halten.
Am liebsten hätte Tengel das ganze Wohnhaus niedergebrannt, aber daran war bei der Armut der Bauern nicht zu denken. Er hatte keine Zeit, dort drinnen sauberzumachen, also verschloß er nur die Tür und verbot allen, das Haus zu betreten, bis sie genauere Anweisungen erhielten. Yrja stand draußen auf dem Hofplatz, schrubbte sich schniefend mit heißem Wasser und wäre am liebsten darin untergetaucht.
Tengel ging zu ihr. »Hast du Angst?« fragte er weich.
Sie blickte erstaunt hoch. »Angst? Nein, überhaupt nicht, jetzt nicht mehr. Mir tun nur diese Menschen so leid. Wieviel Angst sie haben müssen!«
»Ja«, sagte Tengel und begann sich ebenfalls zu waschen. Tarjei gesellte sich zu ihnen. »Wieviele werden es überleben?« fragte Yrja.
»Schwer zu sagen. Ich wäre schon froh, wenn es uns gelänge, auch nur einen von ihnen zu retten. Ach doch, ich glaube, wir haben gute Arbeit geleistet, Kinder. Einige sind zum Tode verurteilt, darunter der kleine Säugling…« »Oh nein!« rief Yrja.
»Das ist die harte Wirklichkeit, mein Kind. Er war schon von Geburt an schwächlich. Nun, seid ihr fertig? Dann laßt uns zu dem anderen Hof aufbrechen.«
Dort waren sie noch nicht so lange krank, und es waren weniger Menschen, deshalb hatten sie es hier etwas einfacher. Außerdem erhielten sie Hilfe durch den jungen, unerschrockenen Bauern. Alle konnten in die große Stube verlegt werden, und die Schlafräume wurden sogleich gesäubert. Aber es dauerte alles seine Zeit. Als sie endlich fertig waren, war es bereits Abend, und die drei konnten erschöpft zu dem kleinen Haus auf dem Pfarrhof zurückkehren, nachdem sie vorher noch nach dem einsamen Diener geschaut hatten. Der Pastor höchstpersönlich kam zu ihnen, während sie ihre eigenen Kleider wuschen und zum Trocknen über der Feuerstelle aufhängten.
»Tja, ich sollte wohl nicht hereinkommen, weil ich Kontakt mit so vielen meiner Gemeindeschäfchen habe…«
»Ihr dürft überhaupt mit niemandem Kontakt haben!« sagte Tengel scharf. »Es sei denn, Ihr wollt uns
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